Siebenbürgen ist wegen seiner mittelalterlichen Kirchen und Kirchenburgen bekannt. Um die Kirchenburgen zu pflegen, startete die Evangelische Kirche in Rumänien das Projekt „Entdecke die Seele Siebenbürgens“.
Unsere heutige Reise führt nach Siebenbürgen, einer märchenhaften Region Rumäniens, wo Geschichte und Legenden ineinander übergehen, als wäre die Zeit stehengeblieben. Die siebenbürgische Landschaft hat schon immer viele Touristen angelockt, egal ob sie aus Rumänien oder aus dem Ausland kamen. Die kleinen Dörfer, die auf Hügeln und in Tälern verstreut liegen, die einfachen, freundlichen Menschen, die uralten Bräuche, die köstlichen traditionellen Gerichte haben Siebenbürgen zu einem beliebten Reiseziel gemacht. Eine besondere touristische Attraktion in Siebenbürgen sind die beeindruckenden Kirchenburgen, die im 12. Jahrhundert errichtet wurden.
Die Siedlungsgebiete der deutschsprachigen Kolonisten, die im 12. Jahrhundert hauptsächlich aus Luxemburg, dem Elsass und Flandern nach Siebenbürgen kamen, haben etwas Besonderes in ihrer Entstehungsgeschichte. Sie waren damals Grenzgebiete des von der ungarischen Krone regierten Landes, das es gegen die häufigen Einfälle der Türken und Tataren zu schützen galt. Folglich wurden die Dorfkirchen zu richtigen Burgen umgebaut, die der Bevölkerung Schutz und Rückhalt boten. Die Errichtung der Wehranlagen und die Festigung der Mauern folgten keinem einheitlichen Vorbild, so dass man von keinem bestimmten Stil sprechen kann. Vielmehr entwickelte jede Gemeinde ihre eigene Art und Weise der Baukunst. Der Reiz dieser multifunktionalen Einrichtungen kommt auch nicht aus der Einzigartigkeit – in ganz Europa gab es Wehrkirchen und Burgen dieser Art. Vielmehr ist die Eigentümlichkeit interessant, dass in Siebenbürgen überdurchschnittlich viele erhalten sind und dass sich die Siebenbürger Sachsen mit diesen Bauten als eine Art Nationalarchitektur identifizieren. Und mit Recht auch sehr Stolz darauf sind. Von über 100 ursprünglich überwiegend von Siebenbürger Sachsen bevölkerten Ortschaften hat die UNESCO 7 in ihre Schutzliste aufgenommen: Biertan/Birthälm, Câlnic/Kelling, Dârjiu/Dersch, Prejmer/Tartlau, Saschiz/Keisd, Valea Viilor/Wurmloch und Viscri/Weißkirch – alle im südlichen Siebenbürgen.
Am 5. April wurde die neue Saison zum Besichtigen der siebenbürgischen Kirchenburgen eröffnet, und bis zum 31. Oktober werden mehr als 400.000 Besucher erwartet, meldete die Evangelische Kirche in Rumänien. Dieses Jahr werden die Touristen die Resultate eines Sonderprojektes genießen. Koordinator des Projekts „Descoperă sufletul Transilvaniei“/ „Entdecke die Seele Siebenbürgens“ ist der evangelische Pfarrer Dr. Ştefan Coşoroabă:
„Das Projekt »Entdecke die Seele Siebenbürgens« ist aus einer Notwendigkeit entstanden. Nach 1990 waren fast alle Siebenbürger Sachsen, Mitglieder der Evangelischen Kirche in Rumänien, ausgewandert. Mit ihnen emigrierten auch die Bauhandwerker und Meister und die Fachleute, die sich um die Pflege der Kirchenburgen kümmerten. Dadurch wurden die mehr als 150 mittelalterlichen Kirchenburgen im Süden Siebenbürgens sozusagen zu Waisenkindern. Es handelt sich um eine in Europa einmalige Gruppierung von historischen Denkmälern, und deshalb beschloss die Evangelische Kirche in Rumänien auf Anregung des Bistums, ein Projekt zu starten, um die Dienstleistungen der Gemeinden, die 800 Jahre lang die Kirchenburgen gepflegt hatten, zu ersetzen. Die jetzigen Gemeinden beteiligen sich leider zu wenig an der Pflege der historischen Denkmäler, ungeachtet ob sie auf der Liste der von der UNESCO geschützten Denkmäler stehen oder in die Kategorien A oder B fallen. Deshalb ist der Kulturtourismus eine Ersatzlösung anstelle der Gemeinden, die nicht mehr existieren – das ist unsere einzige Möglichkeit, die Kirchenburgen für die Zukunft aufzubewahren. So ist das Projekt »Entdecke die Seele Siebenbürgens« entstanden.“
Die diesjährige Saison für die Besichtigung der siebenbürgischen Kirchenburgen läuft vom 5. April bis zum 31. Oktober 2015. Während dieser Zeit werden etwa 200 Kulturveranstaltungen stattfinden, und die Touristen können etwa 65 Kirchenburgen und andere mittelalterliche Kirchen besuchen. Mit der Besucherkarte „Transilvania Card 2015“ kann man 41 dieser historischen Denkmäler besichtigen. Mehr über diese neue touristische Karte, die erste Ferienkarte in Rumänien, erfahren Sie vom Pfarrer Dr. Ştefan Coşoroabă:
„Transilvania Card ist ein Versuch, die Kirchenburgen nicht nur individuell, sondern auch kollektiv zu fördern. Mit dieser Karte haben die Besucher freien Eintritt für die wichtigsten Kirchenburgen in Siebenbürgen. Neben dem freien Eintritt bietet die Besucherkarte auch Preisermäßigungen für touristische Dienstleistungen, die von unseren Partnern in der Umgebung der Monumente angeboten werden. Somit haben wir einen integrierten Tourismus – wir fördern nicht nur die Kirchenburgen, sondern die gesamte Gegend, mit den Leuten, die dort leben und in der Tourismusbranche tätig sind. Mit der Karte genießt man Ermäßigungen bei etwa 70 Restaurants, Pensionen und Veranstaltungen. Um mehr darüber zu erfahren, schauen Sie auf unsere Internetseite www.transilvania-card.ro Dort gibt es Informationen auf Rumänisch, Deutsch und Englisch über Kirchenbürgen, Dienstleistungen und das Projekt »Entdecke die Seele Siebenbürgens«. Die Ferienkarte Transilvania Card kann man in 8 Ortschaften im Süden Siebenbürgens für 50 Lei oder 11 Euro kaufen, und auch per E-Mail bestellen. Das Geld wird ausschließlich für die Pflege der historischen Denkmäler verwendet.“
In den letzten 5 Jahren ist die Zahl der rumänischen Touristen in Siebenbürgen gestiegen. Vor 5 Jahren kamen etwa 65% bis 70% der Besucher der Kirchenburgen aus dem Ausland. Seit einigen Jahren entdecken immer mehr rumänische Touristen die Sehenswürdigkeiten in ihrer Heimat – das Verhältnis zwischen Touristen aus dem Inland und dem Ausland ist jetzt 50%-50%. Pfarrer Dr. Ştefan Coşoroabă dazu:
„Es ist schon verständlich, dass wir viele Touristen aus dem deutschsprachigen Raum bei uns begrüßen können. Besucher aus Österreich, Deutschland und der Schweiz interessieren sich ganz besonders für die Kirchenburgen. In den letzten Jahren hatten wir aber auch Touristen aus Frankreich, Spanien, Polen, Großbritannien, Japan und China. Die meisten Touristen kommen als erstes nach Biertan/Birthälm – das ist die wichtigste UNESCO-geschützte Kirchenburg – aber sie besichtigen auch die Kirchen in Prejmer/Tartlau, Saschiz/Keisd und Viscri/Weißkirch. Viscri ist in den letzten Jahren wieder ins Visier der Touristen geraten, nachdem der britische Kronprinz Charles sich für die Burg interessierte und auch Geldmittel für die Restaurierung auftreiben konnte. Das Besondere an Weißkirch ist die Mischung aus Wehrkirche und Bauernburg, mit Türmen, Basteien und Schießscharten, ganz im mittelalterlichen Stil.“
Pfarrer Dr. Ştefan Coşoroabă empfiehlt auch die Kirchenburg in Cisnădioara/Michelsberg:
„Die Kirche in Michelsberg ist die älteste Kirchenburg in Siebenbürgen, sie wurde im 11. Jh. von wallonischen Kolonisten aus Westeuropa errichtet. Lange Zeit war Michelsberg eine Pilgerstätte. Die Kirche steht auf dem Hügel Sankt Michel; von dort aus kann man das Cibin (Zibin)-Gebirge und das Făgăraş (Fogarasch)-Gebirge sehen. Man kann sich schon vorstellen, wie die Pilger im Dunkeln durch den Wald hinaufstiegen, um ganz oben ans Licht zu gelangen, wo sie körperliche und seelische Ruhe finden konnten. Heute noch ist der Aufstieg anstrengend, aber wenn die Touristen auf den Hügel gelangen, werden sie mit einem wunderschönen Landschaftspanorama und mit einem außergewöhnlichen historischen Denkmal belohnt.“
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