Ein Ministerbeschluss sorgte im Sommer für Aufruhr auf dem rumänischen Arzneimittelmarkt. Demnach wurde der Arzneimittelpreis um 20% gesenkt.
Rumänien hat die Arzneimittelpreise im Sommer um 20% gesenkt. Die Rumänen zahlen demnach seit dem 1. Juli 2015 EU-weit am wenigsten für die benötigten Medikamente. Um die Arzneimittelpreise zu reduzieren, führte das rumänische Gesundheitsministerium langwierige Gespräche mit Vertretern der Europäischen Kommission, des Internationalen Währungsfonds sowie der Arzneimittelhersteller und des Arzneimittelvertriebs, so der Gesundheitsminister Nicolae Bănicioiu. „Die Preise hierzulande sind fast auf gleichem Niveau wie die Preise in Ländern mit einem viel stärkeren Bruttoinlandsprodukt. Das konnte so nicht weiter bleiben“, verdeutlichte der Minister.
Selbst nachdem das Kriterium des geringsten Preises Anwendung findet, werden sämtliche Arzneimittel für alle Therapiebereiche zugänglich sein, versicherte der Gesundheitsminister. Die Parallelausfuhr soll demnach durch strenge Sanktionen bekämpft werden, die so weit gehen können, dass die Hersteller ihre Lizenz verlieren. Das Ministerium habe sich vergewissert, es bestünden therapeutische Alternativen zu den zurückgezogenen Generika. Darüber hinaus müsse der Patient nicht mehr Geld als Eigenanteil für die Medikamente beisteuern, so Minister Nicolae Bănicioiu. Wir verfügen über keine Angaben im Hinblick auf das Verkaufsergebnis auf dem Arzneimittelmarkt im dritten Quartal, um festzustellen, inwiefern die Preissenkung den Markt beeinflusst hat. Allerdings sind die Verkäufe im zweiten Quartal dieses Jahres um 4,1% im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres zurückgegangen. Im Allgemeinen sind weniger Arzneimittel auf Rezept in den Apotheken verkauft worden. Im Gegenzug wurden mehr Medikamente ohne Rezept oder Arzneimittel, die in den Krankenhäusern verschrieben wurden, verkauft. Dazu der Exekutivleiter des Rumänischen Verbandes Internationaler Arzneimittelhersteller, Dan Zaharescu:
„Zwei wesentliche Faktoren haben zu dieser Situation beigetragen. Zum einen eine gewisse Feindseligkeit gegenüber der Pharmaindustrie, die sich in den letzten Jahren in Rumänien entwickelte und das Interesse ausländischer Investoren für den rumänischen Arzneimittelmarkt negativ beeinflusste. Zum anderen kündigten die zuständigen Behörden schon im Voraus wiederholt die Reduzierung der Arzneimittelpreise an. Das Gesundheitsministerium reguliert die Arzneimittelpreise in Rumänien. Sobald ein Preis über einen Beschluss des Ministeriums gesenkt wird, müssen die Apotheken die Preise dementsprechend anpassen. Auch für die bestehenden Vorräte. Die Verluste, verursacht durch die Preisanpassung des Warenbestands, werden von den Apotheken getragen. Daher haben die Apotheken kleinere Mengen an Arzneimitteln bestellt, wo sie befürchteten, die Preise könnten nochmals aktualisiert werden.“
In den letzten Monaten des laufenden Jahres erwartet Dan Zaharescu eine Stabilisierung des Arzneimittelmarktes:
„Wir erwarten ein Umsatzergebnis im dritten Quartal, das auf eine Stabilisierung des Arzneimittelmarktes hinweist. Doch erst im vierten Quartal werden wir feststellen können, wie sich die Preissenkung in Wirklichkeit auf dieses Jahr ausgewirkt hat. Im vierten Quartal wird sich zum ersten Mal wieder der Arzneimittelmarkt stabilisieren. Das Jahr 2015 hat viele Änderungen auf dem Arzneimittelmarkt bewirkt. Diese Änderungen kommen allerdings nicht unbedingt den Patienten entgegen. Eine radikale Senkung der Arzneimittelpreise entwickelt sich nicht immer zu Gunsten der Patienten. Denn Arzneimittel sind eine Ware, die freizügig innerhalb der Europäischen Union vermarktet wird. Jedes Land hat seine eigenen Regeln in Bezug auf die Beschaffung und Vergabe von Arzneimitteln. Deshalb kann es passieren, dass die Arzneimittelvermittler oder der Arzneimittelvertrieb die Medikamente in Rumänien zu geringen Preisen kaufen und diese dann in anderen EU-Länder wiederverkaufen, wo die Preise viel höher sind.“
Mehr als 1.000 Arzneimittel laufen Gefahr, vom rumänischen Markt zu verschwinden. Der am stärksten betroffene Bereich sei die Kardiologie, so die Vertreter der Arzneiherstellerverbände in Rumänien. Der Verkaufspreis in den Apotheken sei unter dem Produktionspreis gesunken. Manche Arzneimittel sind demnach unwirtschaftlich für die Hersteller geworden. Der Vorsitzende des Verbandes der Generikahersteller in Rumänien verdeutlichte die Auswirkungen der Preissenkung auf den Arzneimittelmarkt:
„Die Behörden brüsteten sich damit, dass die Arzneimittelpreise nach Umsetzung des Ministererlasses um 20% zurückgehen würden. Wir haben eine durchschnittliche Preisreduzierung um 10% ausgerechnet. Die billigen Arzneimittel, die Generika, sind in der Tat um knapp 50% günstiger geworden. Das ist eine perverse Reaktion, die billigen Medikamente waren schon billig. Die Regel ist einheitlich umgesetzt worden, und das war falsch. Der Preis für günstige Arzneimittel ist noch mehr zurückgegangen. Eins steht fest: Die Arzneimittel unter 50 Lei (umgerechnet günstiger als 12 Euro) sind unrentabel für die Hersteller. Die Hersteller überprüfen derzeit alle Arzneimittelbestände. Manche werden sie zurückziehen. Es gibt auch Alternativen, das stimmt. Aber die Alternativen sind halt aufwendiger. Da wird sich der Patient schon fragen, wo die Preissenkung ist. Denn in der Tat wird er mehr Geld aus der Tasche rausholen. Für manche günstige Medikamente wird es ein alternatives Arzneimittel geben, für andere wiederum nicht. Dafür wird aber ein neues Arzneimittel mit der gleichen Wirkung verschrieben, doch dieses ist wiederum teurer. Laut den Fachleuten werden die Arzneimittel 2016 in Wirklichkeit um 10% teurer sein.“
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