Das sogenannte Straßenpaket unter der Bezeichnung „Europe on the move / Europa in Bewegung“ sorgt für Unzufriedenheit bei den kleinen und mittleren Spediteuren ín den mittelosteuropäischen EU-Ländern.
Heute erfreuen sich die osteuropäischen Spediteure der Dienstleistungsmobilität innerhalb der EU und üben ihre Tätigkeit ohne beträchtliche Handelseinschränkungen zwischen den Karpaten und dem Atlantischen Ozean aus. Die Fahrer dieser Unternehmen werden aber viel schlechter bezahlt als ihre Kollegen, die im Westen ansässig sind, und ihr Sozialschutz ist auch minderwertiger als im Westen Europas. Unter dem Druck der Arbeitgebervertreter und der Gewerkschaften dieser Branche haben die westlichen Länder die Verabschiedung neuer europäischer Regelungen befürwortet, damit die Kosten in diesem Bereich ausgeglichen werden und auch die Voraussetzungen für einen möglichst gesunden Wettbewerb geschaffen werden. Folglich schlug die Europäische Kommission letztes Jahr das sogenannte Straßenpaket unter der Bezeichnung „Europe on the move / Europa in Bewegung“ vor. Ein Teil dieses Pakets bezieht sich auf die Fahrer, die Straßentransporte im Ausland durchführen. Eine der Regelungen, die am meisten angefochten werden, verpflichtet die osteuropäischen Spediteure, ihren Fahrern die Mindestlöhne aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, den Niederlanden oder Luxemburg für den Zeitraum zu zahlen, in dem sie internationale Straßentransporte im Inneren dieser Staaten betreiben. Die sozialdemokratische Europaabgeordnete Claudia Ţapardel, Mitglied des Transport- und Tourismusausschusses des Europäischen Parlaments, äußert ihre Meinung dazu:
„Derzeit bevorteilt uns die Stellung der Europäischen Kommission nicht und auch die Spediteure aus der Mittel- und Osteuropa überhaupt nicht. Ich wünsche mir natürlich, dass die Fahrer, die in diesem Bereich arbeiten, gut bezahlt werden, dass sie Sozialleistungen beziehen, aber wir können nicht den Entlohnungsstand erzielen, der uns von den Leuten aus dem Westen aufgezwungen wird. Darüber hinaus zwingen sie uns einen Mindestlohn aus ihrem Land auf. Das ist ein sehr heikles Thema. Es ist wieder ein Thema, worüber wir uns mit Bulgarien und den mittel- und osteuropäischen Ländern Polen, Tschechien, einig sind, Länder, die auch sehr involviert sind. Zu diesem Thema ist eine Spaltung zwischen Ost und West entstanden, und ich denke, dass die Billigung des neuen Mobilitätpakets besonders aus diesem Gesichtspunkt sehr schwer erfolgen wird.“
Renate Weber ist Mitglied des Europäischen Parlaments und gehört zur Gruppe der Allianz der Europäischen Liberalen und Demokraten (ALDE). Gleichzeitig ist sie Vizevorsitzende des Ausschusses für Beschäftigung der Arbeitskraft und Sozialfragen (EMPL). Die Europaabgeordnete sieht in den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Vorschriften eine Gefahr für kleine und mittlere Spediteure aus dem Osten:
„Es werden Bedingungen gestellt, die die kleinen Spediteure vom Markt vertreiben werden. Wir sagen die ganze Zeit in der Europäischen Union, dass wir die kleinen und mittelständischen Unternehmen brauchen, dass sie rund 80% der Arbeitgeber darstellen und in der Europäischen Union wertschöpfen. Und was tun wir stattdessen? Ich stelle fest, dass wir jetzt eine Gesetzgebung erarbeiten, die gerade diese Kleinunternehmer trifft.“
Die Unterlagen betreffend das Straßenpaket stehen in diesen Tagen unter der Debatte des Transport- und Tourismusausschusses des Europäischen Parlaments. Nachdem die Europaabgeordneten ihre Stellung festlegen werden, sollen die Unterlagen in die Phase der trilateralen Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission, dem Parlament und dem Rat eintreten. Allerdings befindet sich der Rat derzeit unter dem Vorsitz Bulgariens. Dann folgt Österreich ab dem 1. Juli 2018 und dann Rumänien, ab Januar 2019. Marian-Jean Marinescu ist der Vizevorsitzende der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament und Mitglied des Transport- und Tourismusausschusses. Der Europaabgeordnete glaubt, dass die Tatsache, dass die beiden südosteuropäischen Staaten Bulgarien und Rumähien die Präsidentschaft der Union in der kommenden Zeit innehaben werden, ausgenutzt werden muss, um die Umsetzung der Vorschriften, die die Spediteure aus dem Osten beeinträchtigen, zu verhindern. Marian-Jean Marinescu:
„Das Straßenpaket enthält beträchtliche Probleme und kann einen besonders gefährlichen Präzedenzfall darstellen. Ich habe in Bulgarien vorgeschlagen, als ich dort war, dass wir die Verfahren im Rat so stark wie möglich verzögern – wenn wir nicht das angestrebte Ergebnis erzielen. Also dass die Bulgaren dieses bis zu einer Fassung weiterführen, die die Österreicher nicht fertigstellen können. Danach werden wir das zwei weitere Jahre auf die lange Bank schieben. Denn die Kommission hat meiner Meinung nach Vorschläge eingereicht, die vollkommen ungerecht sind. Wissen Sie, dass einer der Vorschläge lautet, dass der Fahrer seinen Lohnzettel für die letzten zwei Monate dabeihat? In einem europäischen Gesetz! So etwas ist unfassbar. Es ist gegen die Freizügigkeit der Dienstleistungen, der Arbeitskräfte und es ist sehr gefährlich.“
Die Verhandlungen über die Zukunft des Straßentransports innerhalb der Europäischen Union zeichnen sich als kompliziert und langwierig ab. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Kräftegleichgewicht entwickelt, das die Endfassung des Straßenpakets beschließen wird.
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