Rumänien galt lange Zeit als Kornkammer Europas. Doch das Land der üppigen Ernten importiert mehr Lebensmittel, als es exportiert.
Nach Daten des rumänischen Landwirtschaftsministeriums hat Rumänien letztes Jahr über 15 Millionen Tonnen Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse im Wert von über 5,7 Milliarden Euro exportiert – mengenmäßig 4,6% mehr und in Geld ausgedrückt sogar 6% mehr als 2014. Doch mit 8,5 Millionen Tonnen oder 5,82 Milliarden Euro lagen die Importe nach zwei Jahren Überschuss wieder höher als die Exporte und sorgten so für ein Minus in der Bilanz des Handels mit Agrar- und Lebensmittelprodukten. Genauer berechnet, lag das Defizit bei fast 90 Millionen Euro. Exportschlager war Mais mit rund 960 Millionen Euro für 5,1 Millionen Tonnen, aber auch Tabakprodukte brachten 917,5 Millionen Euro ein. Weizen belegte Platz drei mit 692,5 Millionen Euro aus über dreieinhalb Millionen Tonnen; aus dem Verkauf von Sonnenblumen- und Rapssamen kassierte Rumänien im letzten Jahr ferner über 450 Millionen Euro bzw. 300 Millionen Euro.
Auf der anderen Seite importiert Rumänien weiterhin massiv Schweinefrischfleisch – aus der EU und Drittstaaten wurden rund 189 Tausend Tonnen für fast 300 Millionen Euro eingeführt. Die EU war auch letztes Jahr größter Handelspartner - 65 Prozent der Ausfuhren waren für den Binnenmarkt bestimmt, mehr als 80 Prozent der Importe kamen aus Ländern der EU. Pro Agro, der Dachverband der Berufsorganisationen aus Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie, weiß sehr gut Bescheid über die Positionierung Rumäniens in der Branche. Verbandschef Emil Dumitru:
„Die rumänische Agrar- und Lebensmittelindustrie hat signifikante Anstrengungen unternommen, um die neuste Technik zu kaufen, damit die bei uns verarbeiteten Produkte den höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards entsprechen. Zudem wird alles kontrolliert. Wenn Informationen über unlautere Konkurrenz oder zu schwache Produktqualität erscheinen, müssten die zuständigen Behörden Kontrollen einleiten – damit wir wissen, wer die schlechten Produkte importiert, denn es wäre schade, alle Hersteller und Importeure und Produkte über einen einzigen Kamm zu scheren und die Konsumenten zu verunsichern. Rumänien liefert gute Qualität, die Produkte der Molkerei- und Fleischindustrie sind nahtlos nachverfolgbar. Aber in einer Krise gibt es natürlich immer Opportunisten, die nichtkonforme Produkte auf den Markt bringen wollen. Diese muss man vom Markt nehmen.“
Was nicht immer nachvollziehbar ist, so der Pro Agro Verbandschef, sei die Preiskalkulation bestimmter Anbieter.
„Wir verstehen einfach nicht, wie es zu dem jeweiligen Preis kommt. Wir exportieren die Tonne Hühnerfleisch zu bestimmten Kosten und Preisen und was vom Binnenmarkt kommt, liegt bei gerade der Hälfte. Natürlich geben sich für uns da gewisse Fragzeichen hinsichtlich der Qualität dieser Produkte auf. Antworten müssen aber die staatlichen Stellen liefern, dort liegt die Kontroll- und Regulierungskompetenz.“
Und nicht nur mit Konkurrenten haben die rumänischen Hersteller Probleme, sondern auch mit den Supermarktketten, so Emil Dumitru:
„Die großen Supermärkte haben eine dominante Position auf dem Markt und können so den rumänischen Erzeugern verschiedene Gebühren und Provisionen aufzwingen. Rund 50% der Produktion werden über diese modernen Verkaufswege abgesetzt, deshalb ist klar, dass wir gerechte Regeln brauchen – im Moment sind sie eher unfair. Sie haben zu viel Verhandlungsmacht im Verhältnis zum rumänischen Hersteller. Ideal wäre es, wenn man nach dem Grundsatz der gerechten Verteilung des Gewinns vorgeht – der Erzeuger, der Verarbeiter und der Händler müssten alle gleich verdienen. Es ist nicht logisch, dass der Händler sich den ganzen Gewinn unter den Nagel reißt, während die anderen fast Verlust machen.“
Ein Weg, um die Produkte besser zu verkaufen, ist der Markenschutz. Im März ist der „Ibăneşti-Käse“ in das europäische Qualitätsregister aufgenommen worden. Es geht um eine Käsespezialität aus der Milch von Kühen aus dem Gurghiu-Tal; wobei die Salzlauge, in der der Käse lagert, aus Salzwasserbrunnen aus dem Gebiet Orşova stammt. Dieser Köse darf nur im der Region um die Orte Gurghiu, Hodac und Ibăneşti im Landkreis Mureş nach einer Methode hergestellt werden, die seit Generationen überliefert wird. Bis jetzt war es Rumänien gelungen, durch das EU-Qualitätsregister zwei andere Produkte zu schützen: die Hermannstädter Salami und den Pflaumenmus aus Topoloveni.
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