In Hermannstadt befinden sich zwei der interessantesten Museen Rumäniens – das ASTRA-Museum und das Brukenthal-Museum. Beide Sammlungen sind in Folge der Coronavirus-Pandemie zurzeit geschlossen., können aber über virtuelle Rundgänge erkundet werden.
Prof. Dr. Alexandru Sonoc ist Leiter der Kunstabteilung des Brukenthal-Museums. Er gibt Auskunft über Samuel Freiherr von Brukenthal, der als Gouverneur des damals zu Habsburg gehörenden Siebenbürgens Ende des 18. Jahrhunderts einen großen Einfluss auf Hermannstadt hatte:
„Die Königin von Ungarn, Maria Theresia, schätzte ihn aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten als Anwalt und Diplomat. Er bekleidete verschiedene Ämter in der Zentralverwaltung in Wien. Im Jahre 1777 wurde er Gouverneur von Siebenbürgen und entschied, seine verschiedenen Kunstsammlungen nach Hermannstadt zu bringen. Bereits 1784 wurden diese der Öffentlichkeit zugänglich. Samuel von Brukenthal soll beabsichtigt haben, eine protestantische Universität zu eröffnen, was angesichts der gegenreformatorischen Politik der Habsburger Dynastie nicht mehr möglich war. Dennoch gelang es ihm, das Evangelische Gymnasium in Sibiu mit seinen Sammlungen auszustatten. Das Museum wurde 1817 als eine Art Schulmuseum eröffnet.“
Das Bruknethal-Museum ist im Grunde genommen eine Gruppe von über die ganze Stadt verteilte Museen. Prof. Dr. Alexandru Sonoc spricht über dessen Geschichte:
„Lange Zeit war es ein Museum der Siebenbürger Sachsen. Im Jahr 1948 wurde es verstaatlicht. Im Jahr 1950 wurde diesem das Astra-Museum angeschlossen. Dann wurde es erweitert, weitere Sammlungen kamen hinzu, wie zum Beispiel die Apothekensammlung und die Jagdsammlung. Der Vorstand des Museums besteht heute zur Hälfte aus Beamten und zur anderen Hälfte aus Vertretern der evangelischen Gemeinschaft in Hermannstadt. Das ist eine für Rumänien einzigartige Verwaltung. Die Sammlungen, die im Besitz der Evangelischen Kirche waren, sollen zurückerstattet werden. Sie werden als Leihgaben verbleiben, vom Museum verwaltet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, so wie es der Freiherr im Testament festgelegt hatte. Während der Aufklärung erkannte der Freiherr den Wert seiner Sammlungen zur Förderung der Wissenschaft, Kultur und Kunst in Siebenbürgen und beschloss, diese an bestimmten Wochentagen für Besucher zu öffnen. Dafür setzte er auch eine Stiftung ein, mit der er die Kirche und seine Erben beauftragte, sie der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“
Der Palast in Hermannstadt wurde zwischen 1778 und 1788 im Barockstil erbaut. Er war die offizielle Residenz des Freiherrn Samuel von Brukenthal. Dieser war der einzige Vertreter der sächsischen Gemeinschaft Siebenbürgens, der bemerkenswerte öffentliche Ämter im österreichischen Staat bekleidete. Während seiner Wiener Jahre hat er seine Gemäldesammlung aufgebaut. Die Sammlung wird 1773 im „Almanach de Vienne“ als eine der wertvollsten Privatsammlungen erwähnt, die es im damaligen Wien zu bewundern gab. Prof. Dr. Alexandru Sonoc:
„Derzeit wird das Brukenthal-Museum modernisiert und umorganisiert. Im Brukenthal-Palast ist die Umgestaltung der Dauerausstellungen weit fortgeschritten. Solche Ausstellungen haben wir schon seit einigen Jahren, genauer gesagt seit 2015. Wir arbeiten gegenwärtig an einer Ausstellung über die Zeit, in der der Palast erbaut wurde. Im Laufe der Jahre 2006 und 2008 wurden Gegenstände der modernen Kunst aus dem Palast entfernt und in einer getrennten Sammlung, in einem frei stehenden Gebäude untergebracht. Die rumänischen Kunstgegenstände wurden im Blauen Haus, dem Nachbargebäude des Brukenthal-Palastes, ausgestellt. Im ersten Stock gibt es einige Themensäle, in denen die Wohnbereiche aus dem 18. Jahrhundert neu zusammengestellt wurden. Im zweiten Stockwerk haben wir auch Themensäle. Der Bereich der Meisterwerke wurde umorganisiert. Abgesehen davon haben wir im Erdgeschoss einige kleine, permanente Ausstellungen untergebracht, wie das Lapidarium oder die Gipsstatuen-Sammlung.“
Das Hermannstädter Brukenthal-Museum ist schon immer internationale Kooperationen in Europa und weltweit eingegangen. Es erhält auch laufend Einladungen, um an verschiedenen internationalen Ausstellungen teilzunehmen. Es organisierte im Ausland, aber auch in verschiedenen Museen in Rumänien, Ausstellungen mit eigenen Exponaten. Obwohl die Türen des Museums in diesen Tagen geschlossen sind, können Sie einen virtuellen Rundgang durch das Museum mithilfe des Projektes Google Arts and Culture unternehmen.
Zwei Museen, ein virtueller Rundgang. Nun folgt die Einladung zu einem weiteren Besuch, den Sie bequem von zu Hause aus machen können, diesmal im ASTRA-Museum der siebenbürgischen Zivilisation. Das ASTRA-Museum ist vordergründig ein Ort der Erfahrungen, erklärt die Kulturmarketing-Managerin des Museums, Mirela Iancu.
„Was wir anbieten, ist kein gewöhnlicher Besuch der ländlichen Regionen Rumäniens, sondern wir geben dem Besucher die Möglichkeit, in eine längst vergangene Welt einzutauchen. Das Freilichtmuseum in Dumbrava Sibiului (Jungen Wald) erstreckt sich auf 132 Hektar und verfügt über mehr als 400 Exponate – nicht nur Mühlen und anderen Anlagen, sondern auch zahlreiche Werkstätten, die eine Lebens- und Arbeitsweise wiedergeben, die sich teils in einigen Dörfern Rumäniens noch immer erhalten hat.“
Mirela Iancu fasst die Geschichte des Astra-Freilichtmuseums zusammen:
„Das Freilichtmuseum wurde in den 1960er Jahren gegründet. Es war das Ergebnis einer mehr als zehnjährigen Forschung. Die Initiative geht auf den renommierten Ethnografen und Musikwissenschaftler Cornel Irimie zurück, den bekanntesten Schüler Dimitrie Gustis. Ursprünglich war es ein Museum für volkstümliches Handwerk, mit der Absicht, den Einfallsreichtum des ländlichen Raums zu veranschaulichen und das vorindustrielle Erbe Rumäniens zu retten. Landesweit wurden in den 1950er Jahren mehr als 5.000 Werkstätten erfasst. Eine nationale Kommission aus Ethnografen wählte dann Mühlen, Sägewerke, alle Arten von Werkstätten aus und übergab diese, beginnend mit dem Jahre 1961, dem Museum.“
Die zahlreichen Fotogalerien auf der Website des Astra-Museums vermitteln ein umfassendes Bild von dem Museum der siebenbürgischen Zivilisation.
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