Der rumänische Arzneimittelmarkt steht vor großen Herausforderungen – hohe Abgaben, Exporteinschränkungen, Preiskontrollen.
Der Konkurrenzkampf in der rumänischen Pharmaindustrie ist extrem hart: Unternehmen wie Hoffmann La Roche, Sanofi, Zentiva, Novartis, Servier, Pfizer, GlaxoSmithKline, Merck & Co, AstraZeneca und Krka, aber auch Johnson&Johnson, AbbVie, Teva, Menarini, Bayer, Bristol Myers Squibb, Alvogen, Actavis und Eli Lilly machen sich kleinste Marktanteile streitig. Der indische Konzern Ranbaxy lässt direkt in der Terapia-Fabrik in Cluj produzieren, auch der staatliche rumänische Hersteller Antibiotice Iasi spielt mit.
In einem sind sich Hersteller, Importeure, Patienten und Behörden immerhin einig – die Zustände auf dem rumänischen Arzneimittelmarkt sind fast unhaltbar: Medikamente sind knapp und teuer. Doch der Teufel steckt wie immer im Detail – jeder sieht die Schuld beim anderen. Der Verband der Hersteller von Generika in Rumänien befürchtet, dass mehrere Produkte vom Markt verschwinden und einige Pharmaunternehmen in die Insolvenz schlittern könnten. Nach Angaben des Geschäftsführers dieses Verbandes, Laurenţiu Mihai, ist die Situation auf die Abgabenpolitik zurückzuführen. Seit 2010 gilt die so genannte Clawback-Steuer: eine umsatzabhängige Abgabe, die die Hersteller von rezeptpflichtigen Medikamenten quartalsmäßig an den Staat abführen müssen. Laurenţiu Mihai: „Ich bin darauf gefasst, dass sich diese absolut katastrophale Maßnahme zur Umsetzung des Clawbacks in den nächsten sechs Monaten auswirkt – noch mehr verschwundene Medikamente, mehr Entlassungen aus Pharmaunternehmen – schon letztes Jahr wurde 200 Menschen gekündigt und eine Firma meldete Insolvenz an,” klagt Mihai.
Der Chef der Nationalen Krankenkasse Rumäniens, Vasile Ciurchea, sagt hingegen, dass die Clawback-Abgabe im letzten Quartal des letzten Jahres schon deshalb steigen musste, weil saisonbedingt auch mehr Erkrankungen gemeldet wurden und der Arzneimittelverbrauch anstieg: „ Die Abgaben sind besonders deshalb gestiegen, weil für die Saisonkrankheiten teure Medikamente verschrieben wurden. Es gab sehr viele Rezepte für Grippe oder Lungenentzündungen. Natürlich ist es das gute Recht der Hersteller, sich zu beschweren. Wir haben aber alle Daten, die Berechnungsformel ist klar, da kann man nichts addieren oder subtrahieren,” so Kassenchef Ciurchea.
Die Clawback-Abgabe hat Anfang Februar 25% des Umsatzes der Pharmaunternehmen überschritten, vier Prozentpunkte mehr als bislang. Über diese Tatsache ist der Geschäftsführer des Verbands internationaler Arzneimittelhersteller, Dan Zaharescu, verärgert: „Die Clawback-Abgabe hat zu diesem Zeitpunkt ein gefährliches Niveau erreicht – sie ist wirtschaftlich unhaltbar geworden. Der Anstieg von 21 auf 25 Prozent ist nicht durch ein Wachstum des Marktes oder eine Zunahme des Verbrauchs zu rechtfertigen. Dass die Abgabe praktisch um ein Fünftel gestiegen ist, hat keine vernünftige Erklärung – die Rechtfertigung des Kassenchefs ist grundlos. Letztes Jahr ist die Abgabe genauso spektakulär gestiegen, die Erklärung der Behörden war die gleiche. In 2013, im vierten Quartal, stieg die Clawback-Abgabe von 15% auf 20%. Man hat uns gesagt, dass sei saisonbedingt, aber dass zog sich dann über das ganze Jahr hin – und im vierten Quartal von 2014 war wieder alles saisonbedingt. Die Abgabe ist heute unhaltbar,” echauffieren sich die internationalen Hersteller. Die höhere Belastung ist nicht über die Preise abzufangen – denn bei den rezeptpflichtigen Mitteln unterliegen die Preise einer staatlichen Kontrolle. Deshalb, so Verbandschef Dan Zaharescu, werden Produkte vom Markt verschwinden und ein Parallelexport in Länder der EU könnte einsetzen.
Das Problem ist aber, dass die Arzneipreise in Rumänien schon jetzt um 20% höher sind als in den Nachbarländern, sagt seinerseits Gesundheitsminister Nicolae Bănicioiu – die Arzneimarktpolitik muss revidiert werden, die Preise müssen einmal im Jahr aktualisiert werden, so der Minister: „Die Preise sind höher als sie eigentlich sein müssten, was den Etat des Gesundheitssystems – und damit der Patienten - stark belastet. Wir gehen von Einsparungen von über 200 Millionen Euro aus. Alle Akteure müssen verstehen, dass wir Maßnahmen zur Einschränkung des Parallelexports treffen, damit die Arzneien auch in Rumänien bleiben. Aber es geht uns eben auch um das Grundrecht der Patienten, nicht mehr zu bezahlen als in anderen Ländern, Außerdem bleibt das Geld im System und wird in die Abrechnung von innovativen Behandlungsmethoden investiert, die seit Jahren erwartet werden.”
Der Gesundheitsminister forderte alle Unternehmen, die eine Marktzulassung besitzen, alle Preise auf den neusten Stand zu bringen – dies könnte einzelne Arzneimittel um bis zu 20% verbilligen.
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