Neues Steuerrecht: Ist Reduzierung der Mehrwertsteuer haltbar?

neues steuerrecht: ist reduzierung der mehrwertsteuer haltbar? Die Entwürfe zum neuen Steuerrecht und zum neuen Steuerverfahrensrecht sind unlängst von der rumänischen Regierung gebilligt worden. Die öffentliche Debatte dazu war nach einem Monat zu Ende gegangen.

Die Entwürfe zum neuen Steuerrecht und zum neuen Steuerverfahrensrecht sind unlängst von der rumänischen Regierung gebilligt worden. Die öffentliche Debatte dazu war nach einem Monat zu Ende gegangen. Das Dokument, das erhebliche Steuererleichterungen ab kommendes Jahr vorsieht, liegt jetzt dem Parlament in Bukarest vor.

 

Nach Vorstellung der Regierung soll ab 2016 der Standard-Mehrwertsteuersatz von gegenwärtig  24% auf 20% fallen, um dann ab 2018 um weitere zwei Prozentpunkte reduziert zu werden. Ab 2016 soll auch der Mehrwertsteuersatz für Grundnahrungsmittel – Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse – von 24% auf 9% gedrückt werden. Der ermäßigte Satz von 9% soll auch beim Ticketverkauf für Sportveranstaltungen gelten – Sport besitzt als wichtiges soziales und wirtschaftliches Phänomen einen besonderen Stellenwert bei der Bevölkerung, lautete das Argument des Regierungschefs.  Obwohl die reduzierten Steuersätze ab Anfang kommenden Jahres gelten sollen, stellte Ministerpräsident Victor Ponta ihre Einführung sogar vor dem 1. Januar 2016 in Aussicht.

Laut seinen Angaben werde das neue Steuerrecht zudem weder Renten noch die Gehälter in Rumänien beeinflussen. Gleichzeitig soll ein flexibler und moderner Rahmen für die lokalen Abgaben und Steuern geschaffen werden. Gemäß den am Mittwoch von der Exekutive gebilligten Dokumenten sollten die Verbrauchssteuern auf Energieerzeugnisse ebenfalls herabgesetzt werden. Ferner sollen die Sozialbeiträge der Arbeitgeber ab 2018 um drei Prozent und die der Arbeitnehmer um zwei Prozent gesenkt werden. Die pauschale Einkommenssteuer würde ab 2019 von 16% auf 14% herabgesetzt. Schließlich sollen laut dem Terminkalender bis 2020 noch weitere Maßnahmen in Kraft treten: die Aufhebung der Steuer auf Dividende, der Besteuerung von Sonderbauten und weiteren Verbrauchssteuern, wie Ministerpräsident Ponta erklärte.

 

Auch sollen die Steuerlast für sogenannte Mikrobetriebe und die Kommunalabgaben verändert werden. Die Gebäudesteuer wird in Zukunft von der Nutzungsart und nicht mehr davon abhängen, ob der Eigentümer eine natürliche oder eine juristische Person ist. Wirtschaftsexperte Florin Cîţu spricht von einem Vorteil, der mit dem neuen Gesetz einhergeht.

 

„Das Gute daran ist, dass die Steuererleichterungen in der ersten Phase des Zeitplans zum neuen Steuergesetz, also im Zeitraum 2016-2017, in Kraft treten.

 

 

Die Vertreter des IWF raten allerdings zu vorsichtigen Steuererleichterungen und zu einem vorsichtig gewählten Zeitpunkt für deren Umsetzung. Die IWF-Missionsleiterin für Rumänien, Andrea Schächter, sprach von einer „Gefahr für die steuerlichen Konsolidierungserfolge der vergangenen Jahre, die mit den von der Regierung vorgeschlagenen Steuersenkungen einhergeht. Das, wenn die Erleichterung nicht von Ausgleichsmaßnahmen begleitet werden sollte.“ Es sei sehr wichtig, dass diese Erfolge gefestigt werden, weil sie Rumänien weitergebracht und das Vertrauen in die Wirtschaft gestärkt haben. Somit müssten jegliche Steuererleichterungen von besseren Ergebnissen bei der Steuererhebung oder von Ausgleichsmaßnahmen begleitet werden, so Andrea Schächter vom IWF.

 

Wirtschaftsexperte Florin Cîțu weiß, wie die Position des IWF zu interpretieren ist:

 

Ja gut, das ist die Rolle des IWF, der Warnsignale sendet und versucht, uns zu einem verantwortungsvollen Handeln zu bewegen. Aber wenn wir uns an das Jahr 2005 zurückerinnern (als die pauschale Einkommenssteuer von 16% eingeführt wurde – Anm. d. Red.), hatte der IWF dieselbe Botschaft zu überbringen, zum Zeitpunkt einer reellen Steuerentlastung in Rumänien. Sie verlangten damals eine Analyse, sie waren sogar besorgt und dennoch hatte die Maßnahme positive Auswirkungen. Es floss mehr Geld in die Staatskassen, mehrere Arbeitsverträge aus der sogenannten Schattenwirtschaft wurden offiziell angemeldet. Wir haben also einen positiven Effekt wahrgenommen, und jene Befürchtung, dass dem Staat das Geld ausgehen wird, wurde von der Wirklichkeit nicht bestätigt.“

 

 

Florin Cîţu glaubt ferner, dass die Steuererleichterungen zu einem günstigen Zeitpunkt beschlossen wurden.

 

„Sie sind anwendbar und das vor allem, wenn man den Zusammenhang betrachtet. Es geht hier nicht mehr um eine Wirtschaft, die kriselt, auch wenn die Maßnahmen auch zu jenem Zeitpunkt hilfreich gewesen wären. Es liegt aber eine Wirtschaft vor, die sich noch nicht erholt hat, die jedoch jetzt ins Rollen kommt. Der europäische Kontext hat sich verändert, auch in diesem Bereich gibt es allerlei Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft, zumindest kurzfristig, also ist es ein günstiger Zeitpunkt für die Entspannung der Steuerpolitik. Wir haben bereits 2014 beobachtet, wie die Lohnerhöhungen zu einer Steigerung des Konsums geführt haben. Darüber hinaus ist die Kreditvergabe noch nicht ins Rollen gekommen. Eine Herabsetzung der Mehrwertsteuer oder der Sozialbeiträge für den Arbeitnehmer, die am Ende mehr Geld im Geldbeutel bedeutet, wird den Konsumbereich weiter stimulieren. Vielleicht werden die Preise nicht sofort fallen usw., aber eine reduzierte Mehrwertsteuer wird den Konsum ohnehin stimulieren und auch den Investitionsbereich nach meiner Ansicht verbessern. Denn dort hat Rumänien seit 2009 mit Problemen zu kämpfen. Die Kapitalinvestitionen haben dramatisch abgenommen, aber der Konsum hat sich erholt. Die Kapitalinvestitionen, die wir langfristig benötigen, sind noch nicht im grünen Bereich und das bereitet der Wirtschaft große Probleme.“

 

 

Die Reduzierung der Mehrwertsteuer könnte sogar früher, in den kommenden Monaten, in Kraft treten, sagte Cristian Socol, Wirtschaftsberater des Ministerpräsidenten, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Agerpres. Die ersten drei Monate der Haushaltsperiode 2015 hätten nicht nur gezeigt, dass sich das Defizit nicht vertieft habe. Es liege sogar ein Überschuss in Höhe von 1,5 Milliarden Lei (ca. 340 Millionen Euro) vor. Die Verantwortlichen hatten mit einem Defizit in Höhe von etwa 1,2 Milliarden Euro zum 31. März gerechnet. 

 

Laut Angaben von Socol braucht die rumänische Wirtschaft die Mehrwertsteuerreduzierung in den kommenden Monaten, um den Konsum und die Investitionen weiter anzukurbeln. Dadurch könnte das Wachstumspotential der rumänischen Wirtschaft von 3% auf 4% angehoben werden. Zudem werde die Herabsetzung der Mehrwertsteuer neue Arbeitsplätze schaffen, die Steuererhebung verbessern und die Steuerhinterziehung eindämmen, verspricht der Wirtschaftsberater des Ministerpräsidenten noch.

 

Der unabhängige Steuerrat hat indes die vorgeschlagenen Neuerungen  abgelehnt. Die Behörde, die laut Gesetz mit der Gewährleistung einer mittel- und langfristigen Haushaltsdisziplin beauftragt ist, hat eine Verfehlung der Haushaltsziele in den kommenden vier Jahren ausgerechnet, sollten die Steuererleichterungen in Kraft treten. Demnach könnte sich das Haushaltsdefizit 2019 auf dem Krisenniveau von 2010 einpendeln.


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Publicat: 2015-04-07 19:49:00
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