Gherasim Luca – bedeutender Surrealist, späte Anerkennung

gherasim luca – bedeutender surrealist, späte anerkennung Gherasim Luca – ein Autor aus der Generation von Ionesco, Cioran und Gellu Naum, der als späte Entdeckung gilt. Nachdem Gherasim Luca lange vergeblich versucht hatte, außer Landes zu gehen, verließ er Anfang der 1950er Jahre Rumänien.

Gherasim Luca – ein Autor aus der Generation von Ionesco, Cioran und Gellu Naum, der als späte Entdeckung gilt. Nachdem Gherasim Luca lange vergeblich versucht hatte, außer Landes zu gehen, verließ er Anfang der 1950er Jahre Rumänien. Erst in den letzten Jahren seines Lebens gelang ihm der Durchbruch. Heute gilt Luca in Frankreich als bedeutender europäischer Dichter des 20. Jahrhunderts. 

 

Geboren am 23. Juli 1913 in Bukarest, war Gherasim Luca (mit bürgerlichem Namen Salman Locker) einer der Gründer des rumänischen Surrealismus und ein Theoretiker dieser literarischen Strömung. Zwar entfaltete sich der Surrealismus relativ spät in Rumänien, vor allem im Vergleich zu den literarischen Entwicklungen in Frankreich, dennoch brachte sie einige für diese Strömung repräsentative literarische Werke hervor. Darunter auch die vom Lyriker Gherasim Luca stammenden Werke, die er in den 1930‑40er Jahren veröffentlichte. Damals schrieb er sowohl Gedichte als auch Prosa- und publizistische Texte, abwechselnd auf Rumänisch und Französisch.

 

1945 schrieb er gemeinsam mit einem weiteren Avantgardisten, Dolfi Trost, das Manifest des rumänischen Surrealismus: „Die Dialektik der Dialektik“. Ebenfalls in den 1940er Jahren erscheinen in Rumänien seine Gedichtbände „Der passive Vampir“ und „Der Erfinder der Liebe“. Wie die Mehrheit der Avantgardisten stand auch er den linksorientierten politischen Gruppierungen nahe. Dennoch hatte er Schwierigkeiten, sich an die „neue soziale und kulturelle  Wirklichkeit“ anzupassen, die mit dem Kommunismus einherging. Demzufolge reist Gherasim Luca 1952 nach Paris aus. In der französischen Hauptstadt setzt er sein lyrisches Schaffen fort und schreibt im gleichen Stil wie in Rumänien. Mehr Einzelheiten dazu bringt der Literaturhistoriker Ion Pop:

 

„Er versuchte einige poetische Experimente in Rumänien, manche sogar in französischer Sprache. Diese gestalten den Übergang zu den Werken, die er später in Frankreich schaffen wird. Wodurch kennzeichnet sich die rumänische Vorbereitungsetappe, die sich dann endgültig in Frankreich bewähren wird? Er schafft eine Poesie, die im Großen und Ganzen die schriftstellerische Form des automatischen Schreibens anwendet, diese aber auf eine Ebene phonetischer Metamorphosen reduziert. Es handelt sich viel mehr um das gemimte ‚Stottern‘ von Gherasim Luca, eine gewisse Unschlüssigkeit gegenüber dem poetischen Diskurs, der mühsam, schwer aussprechbar, gelegentlich zusammenhanglos wird. Das Gedicht »Passionément« (»Leidenschaftlich«), verfasst auf Französisch, als er noch in Rumänien lebte, ist repräsentativ in dieser Hinsicht.“

 

 

Im Ausland erlangte Gherasim Luca nicht nur als Dichter Ruhm, sondern auch als besonders origineller Künstler. Er war der Erfinder der „Cubomanie“, einer surrealistischen Methode zur Erstellung von Bildcollagen. Alleine oder zusammen mit Jean Arp, Paul Celan oder Max Ernst schafft er in Paris zahlreiche Collagen, Zeichnungen, Gegenstände oder Text‑Installationen. Mit der Zeit erlangte er immer mehr Ansehen bei der europäischen intellektuellen Elite. Im Laufe der Zeit wurde er häufig in verschiedene europäische Großstädte eingeladen, um aus seinem Werk zu lesen. Sein Vortragsstil war auch sehr beliebt. Umso mehr überraschte seine Geste, sich im Alter von 80 Jahren das Leben zu nehmen, indem er von der Mirabeau-Brücke in die Seine sprang. Der Literaturhistoriker Ion Pop versucht den Tod des Dichters durch seine poetische Kunst zu erläutern:

 

„Gherasim Luca gab sich der Poesie vollkommen hin. Er übte und entwickelte sogar eine imaginäre Welt des Selbstmords. In »Erfinder der Liebe« und in »Toter Tod« thematisiert der Dichter mehrere Selbstmordszenarien. Demnach stand die Literatur, die Poesie in direkter Verbindung mit dem Erlebnis, der realen Existenz. Das Künstliche begegnete dem Natürlichen. Das Selbstmordszenario verwandelte sich bei Gherasim Luca in brutale Wirklichkeit des eigenen Todes. Vielleicht ging es einigermaßen auch um eine gewisse Solidarisierung mit dem eigenen imaginären Universum. Und sein Tod kam vermutlich nach einer Enttäuschung, nach einer Niederlage... Er war schon 80, die in den letzten Jahren seines Lebens erlangte Anerkennung war womöglich zu spät gekommen. Und aus dieser Enttäuschung heraus hat er vielleicht beschlossen, sich das Leben zu nehmen.“

 

 

Nach seinem Tod nimmt das Interesse der Übersetzer und der Verleger für das Werk von Gherasim Luca zu. Er findet auch international eine breitere Leserschaft.


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Publicat: 2015-08-04 18:30:00
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