NATO: Gefährden Investitionskürzungen die Schlagfertigkeit der Allianz?

nato: gefährden investitionskürzungen die schlagfertigkeit der allianz? Die NATO am Scheideweg? Investitionseinsparungen in den Bereichen Forschung und Entwicklung könnten das Militärbündnis in eine unbequeme Lage versetzen. Das geht aus einem Bericht hervor, der kürzlich in Bukarest zur Debatte stand.

Die Parlamentarische Versammlung der NATO hat bei einer Sitzung in Bukarest unlängst einen interessanten Bericht vorgelegt. Berichterstatter war der US-Amerikaner Thomas Marino. In dem Dokument werden die östlichen Großmächte Russland und China mit den NATO-Mitgliedsstaaten verglichen. Dabei wird vor dem gerade dahinschwindenden technologischen Fortschritt des Militärbündnisses gewarnt. In den Bereichen Wissenschaft und Technologie würden große Veränderungen eintreten und aktuelle Tendenzen könnten das strategische Gleichgewicht beeinträchtigen: kurzfristig in Sachen Produktion und langfristig in Sachen künstliche Intelligenz. Laut Marino sei die NATO momentan nicht für die genannten Herausforderungen gewappnet.

 

Ein Hauptgrund dafür seien die von so manchem Allianzmitglied gekürzten Investitionen in Bereichen wie der Forschung und Entwicklung in der Verteidigung. Im Gegenzug würden bei Russland und China die Zahlen Bände sprechen. Moskau hat die Forschungsausgaben des Militärs im Zeitraum 2012-2015 nahezu verdoppelt, während Peking bis 2022 mehr als Washington ausgeben wird. Die USA decken derzeit zwei Drittel der Gesamtausgaben der NATO.

 

Doch warum sind diese Koordinaten wichtig? Eine mögliche Antwort könnte der Bericht des Politik-Ausschusses der Parlamentarischen Versammlung der NATO liefern. Darin wird erwähnt, dass Russland seine Militärkapazitäten an der Ostgrenze des Bündnisses stärkt und dabei Druck auf den gesamten euroatlantischen Raum ausübt. Rumäniens Delegationschef bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO, Vergil Chitac, sprach im Interview mit Radio Rumänien über ein geostrategisches Gesamtbild der Region.

 

„Es ist wohl klar, dass nach der Krim-Annexion durch Russland 2014 unser geostrategischer Urlaub der letzten 25 Jahre nach dem Kalten Krieg bis heute ein Ende genommen hat. Russland ist heute ein Akteur, der – sagen wir mal – unzufrieden ist über seinen Stellenwert im Gefüge der Weltpolitik. Russland glaubt laut eigener These, dass Großmächte in ihrem hegemonischen Einflussbereich ein Wort zu sagen haben müssen. Nach der Krim-Annexion hat es mehrere provokative Operationen gegen das Nordatlantische Bündnis gegeben – die Militarisierung der Krim ist eine Tatsache. Nach der Kaukasus-Übung 2016 sagte der russische Generalstabchef, General Gerassimow, und ich zitiere ungefähr aus meinem Gedächtnis, Folgendes: ‚Russland herrscht alleine über das gesamte Schwarzmeer-Becken und kann bei einer Mobilmachung im Starthafen jegliches Ziel in der Region zerstören.‘ Die Militarisierung der Krim hatte das folgende strategische Ziel: Der Militärkomplex und die Militärmacht der Krim sind eine Projektion der russischen Militärmacht östlich des Mittelmeers. Russland ist derzeit im Konfliktgebiet Syrien-Irak sehr aktiv und präsent. Doch über die Militarisierung der Krim hinaus, oder die Destabilisierung  der Ukraine, die Provokationen durch Militärübungen – ist Russland auch auf dem Westbalkan aktiv. Moskau setzt alles daran, dass diese Länder nicht der EU beitreten. Es werden Darlehen geboten, Energieprojekte, antiwestliche Gefühle angefacht, vor allem in Serbien. Man darf diesen asymmetrischen Krieg nicht vergessen, die Propaganda, die Verbreitung von Falschnachrichten. Russland will hier nur die NATO untergraben und Europa teilen oder gar destrukturieren.“

 

 

Die Sicherheit am Schwarzen Meer und die russische Bedrohung gehörten zu den am häufigsten erwähnten Themen in den Ansprachen der NATO-Sitzung in Bukarest. Generalsekretär Jens Stoltenberg dankte Rumänien für den Beitrag zur kollektiven Abwehr und erklärte dabei, dass die NATO ihre Versprechen einhält und sich den neuen Herausforderungen und Sicherheitslücken stellen möchte. Auf den russischen EDV-Krieg angesprochen, verwies Stoltenberg auf die Pressefreiheit, zu einem Zeitpunkt (wir zitieren) „wo wir Ziel einiger Einmischungs- oder Desinformationsversuche von außen sind“.

 

Man sei besorgt angesichts der gestärkten russischen Präsenz in den Grenzgebieten und der fehlenden Transparenz der Militärübungen in diesem Jahr, so der NATO-Generalsekretär. Das Militärbündnis wolle Russland aber nicht isolieren und strebe auch keinen neuen Kalten Krieg an, hieß es noch. Auch Rumäniens Präsident Klaus Iohannis bezog sich auf die russische Bedrohung – er plädierte erneut zugunsten einer Festigung der Ostflanke der NATO. Gefestigt werden müsste auch die Nordatlantische Partnerschaft, aber auch jene der NATO mit der EU, vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Sicherheitsumfeldes, so der rumänische Staatschef. Iohannis versicherte abschließend, dass Rumänien nach wie vor ein vertrauenswürdiger Alliierter sein werde.


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Publicat: 2017-10-20 17:45:00
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