Rumäniens Wirtschaft im EU-Länderbericht: Wachstumskonjunktur unsicher, Sozialschutz unzulänglich

rumäniens wirtschaft im eu-länderbericht: wachstumskonjunktur unsicher, sozialschutz unzulänglich Die Europäische Kommission hat den letzten Länderbericht zu Rumänien veröffentlicht. Mit Bezug zum sogenannten „Europäischen Semester“ konzentriert sich das Dokument hauptsächlich auf die Bewertung der Fortschritte bei Strukturreformen.

In dem jüngsten Länderbericht wird zunächst darauf hingewiesen, dass das von Rumänien registrierte dynamische Wirtschaftswachstum angesichts fehlender Strukturreformen und einer Haushaltskonsolidierung die Gefahr einer sogenannten „Notlandung“ birgt. Die derzeitige wirtschaftliche Erholung wurde hauptsächlich durch den Konsum getrieben, und die Investitionen blieben moderat.

 

Die konjunkturelle Erholung der Wirtschaft hielt 2017 an, doch wird für 2018 ein Rückgang erwartet, wie der Bericht zeigt. Das reale Wachstum des BIP beschleunigte sich im Jahr 2017 und erreichte den höchsten Wert nach der Krise zeitgleich mit einem boomenden privaten Konsum, begünstigt durch Lohnerhöhungen im öffentlichen und privaten Sektor und durch indirekte Steuersenkungen.

 

Aufgrund von Steuersenkungen sowie Lohn- und Rentenerhöhungen im öffentlichen Sektor weist das öffentliche Defizit einen Aufwärtstrend auf, behauptet die Kommission noch. Die indirekten Steuern wurden im Jahr 2017 reduziert, und der Einkommenssteuersatz für Einzelpersonen wurde ab Januar 2018 gesenkt. Was die Ausgaben betrifft, so sind die Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor 2017 deutlich gestiegen und werden voraussichtlich auch im Jahr 2018 weiter steigen. Entsprechend sind die nominalen und strukturellen Haushaltsdefizite im Steigen begriffen. 

 

Die Situation sei nicht gerade ungefährlich, betonte Angela Cristea, die Leiterin der Kommissionsvertretung in Bukarest, bei der Vorstellung des Berichts.

 

„Das Haushaltsdefizit kommt der 3-Prozent-Schwelle gefährlich nahe, während das strukturelle Defizit weiterhin deutlich vom 1-Prozent-Ziel abweicht. Bereits 2016 lag es bei 2,2%, im Jahr 2017 bei 3,3%, und es besteht das Risiko eines Defizits um die 4% im Jahr 2018. Deshalb auch dieses Verfahren, das im Falle Rumäniens aufgerollt wurde, nämlich das Verfahren der signifikanten Abweichung von diesem mittelfristigen Ziel betreffend das strukturelle Defizit.“

 

 

Der rumänische Finanzminister Eugen Teodorovici nahm ebenfalls an der von der Vertretung der Europäischen Kommission organisierten Veranstaltung teil. Auf die Gefahr angesprochen, dass die Defizitschwelle von 3% überschritten wird, sagte der rumänische Amtsträger:

 

„Ich muss auf alle Zahlen, auf alle makroökonomischen Elemente achten. Gefährlich nahe an der Schwelle war es ab dem Moment, als wir es für 2018 auf 2,97% festgelegt hatten. Es ist eine Frage des gesunden Menschenverstandes und der Verantwortung, darauf zu achten, dass wir nicht von unserem Plan für 2018 abweichen. Und ich bin unter diesem Gesichtspunkt überzeugt, dass zumindest die Ziele, die festgelegt wurden oder auf deren Grundlage der Haushalt für 2018 erstellt wurde, zumindest auf dieser Ebene respektiert werden. Also selbst wenn die Dinge sehr klar sind, wird man das Niveau von 2,97% nicht überschreiten, ich bin auf jeden Fall als Finanzminister verpflichtet, alles Mögliche daran zu setzen, dass Ausgaben und Defizite sinken. Das ist eine alltägliche Aufgabe eines jeden Finanzministers, einer jedwelchen Regierung.“

 

 

Im Jahr 2017 war indes die Steigerung der Beschäftigungsquote positiv und betrug 0,7%. Davon berichtete Angela Cristea, Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Rumänien.

 

„Wir hören auch gute Nachrichten zur Arbeitslosigkeit. Rumänien verzeichnet hier einen Rekord – die niedrigste Arbeitslosenquote in den letzten 20 Jahren, viel niedriger als der Durchschnitt in der Europäischen Union. Gleichzeitig entstehen Probleme der Verfügbarkeit von Arbeitskräften aufgrund der Alterung der Bevölkerung und der kombinierten Wirkung von verringerter interner Mobilität und hoher externer Mobilität.“

 

 

Rumänien hat bei der Umsetzung der Empfehlungen der Kommission für 2017 begrenzte Fortschritte erzielt, heißt es in dem Länderbericht noch. Bei der Umsetzung des nationalen steuerpolitischen Haushaltsrahmens wurden beispielsweise keine Fortschritte erzielt, und bei der Stärkung der Steuerkonformität und der Verbesserung der Steuererhebung wurden nur begrenzte Fortschritte erzielt. Auf eine Frage zur Reform des finanzpolitischen Rahmens antwortete der rumänische Finanzminister Eugen Teodorovici wie folgt:

 

„Die Finanzpolitik scheint ein wenig inkonsequent in Sachen Steuergesetzgebung und Steuerverfahren. Es gab viele Änderungen im letzten Jahr. Und wir hatten auch in diesem Jahr einige Änderungen eingebracht, aber diese Änderungen waren gerechtfertigt, um bestimmte Dinge nach der Vorstellung der Wirtschaft zu verändern. Und ich sagte bereits, dass es besser sein würde, diese Änderungen zu stoppen, bis zum Ende des ersten Semesters abzuwarten, um eine Analyse des Steuergesetzbuches und der Steuerprozessordnung mit dem Finanzministerium und mit allen Beteiligten in der Wirtschaft zu machen. Wir würden jeden Artikel untersuchen, Punkt für Punkt, und notwendige Änderungen vorschlagen, so dass wir einen Rahmen erreichen, der mindestens so gut ist wie in anderen europäischen Ländern. Geben wir uns also Zeit für die öffentliche Debatte über den Vorschlag im Juli, August, September, Oktober, und Ende des Jahres sollten wir eine endgültige Änderung des Steuergesetzbuches und der Steuerprozessordnung haben. Am 1. Januar 2019 können wir dann das Gesetz beiseitelegen, so dass die Menschen es verstehen und auch anwenden. So würden wir diese fehlende Kohärenz endlich beseitigen.“

 

 

Der Länderbericht über Rumänien enthält eine Reihe von Bemerkungen zum hohen Armutsniveau und zum Fehlen eines ausgereiften sozialen Dialogs und weist darauf hin, dass die Herausforderungen im Bereich des Sozialschutzes und der Inklusion bestehen bleiben. Die Chancenungleichheit bleibt vor allem in ländlichen Gebieten eine Herausforderung. Die Einkommensungleichheit ist hoch und der Umverteilungseffekt des Steuer- und Sozialleistungssystems liegt unter dem Durchschnitt der Europäischen Union. Das Dokument zeigt auch auf, dass bei der öffentlichen Auftragsvergabe, der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit und der Bekämpfung informeller Zahlungen im Gesundheitssystem einige Fortschritte erzielt wurden.


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Publicat: 2018-04-24 17:30:00
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