Tourismusbranche: Neue Trends bei rumänischen Urlaubern
Wohlhabendere rumänische Touristen leisten sich zunehmend einen Urlaub in Ländern außerhalb Europas. Außerdem sind thematische Feriencamps mit kreativen Workshops für Kinder und Jugendliche immer beliebter.
Roxana Vasile, 04.10.2023, 17:30
Für rund ein Viertel der Rumänen ist Urlaub ein Vergnügen, das sie sich kaum leisten können. Andere wiederum genießen im Laufe eines Jahres eine Kombination aus mindestens einem Urlaub mit mehr als vier Übernachtungen und einem Mini-Urlaub – das geht aus regelmäßig veröffentlichten Marktstudien hervor. Die Hauptgründe, warum Menschen in den Urlaub fahren, sind das Bedürfnis nach Erholung, Abschalten, Spaß, aber auch, um sich für die harte Arbeit des Jahres zu belohnen.
Cristina Popa ist seit Jahren als Unternehmerin in der Branche der Reiseveranstalter tätig — seit Abschluss ihres Studiums an der Hochschule für Tourismus im Jahr 1996 organisiert sie Reisen, City Breaks, Safaris und exotische Aufenthalte. Viele Gruppen begleitet sie selbst, folglich konnte Cristina Popa eine Entwicklung im Profil des rumänischen Touristen beobachten.
Die Urlaubsziele der rumänischen Touristen haben sich ein wenig geändert. Wohlhabendere rumänische Urlauber haben begonnen, mehr und weiter entfernte Ziele zu bereisen, die Preise sind nicht sehr hoch im Vergleich zu dem, was Europa bietet, und die Ausgaben sind dort oft viel niedriger als in Europa. Wenn die Leute in den vergangenen Jahren viel nach Frankreich und Spanien geschaut haben — und diese Länder sind immer noch sehr beliebt –, reisen inzwischen viele nach Kenia oder Mauritius oder auf die Malediven. Jetzt ist Sansibar seit einigen Jahren in Mode. Es gibt Angebote mit günstigen Flugtickets und auch im Zielland ist vieles oft preiswert.“
Doch wie anspruchsvoll sind rumänische Touristen generell? Die Reiseveranstalterin Cristina Popa sagt, man müsse sich auch an die Gepflogenheiten des Urlaubslandes anpassen und nicht so einfordernd wie zu Hause sein:
Manche Leute sind wirklich wählerisch. Ich habe unlängst eine Touristengruppe in Sansibar betreut, und diese Leute wollten alles in der zweiten Sekunde nach der Bestellung bekommen, so wie sie es von zu Hause gewohnt sind, ohne zu berücksichtigen, dass sie sich auf einem anderen Kontinent befinden, wo die Menschen ein anderes Tempo haben. Dort sagt man »polé-polé«, was soviel wie »sachte-sachte« bedeutet. Wenn man ein Bier bestellt, dauert es eine halbe Stunde, bis man’s bekommt, aufs Essen kann man bis zu 3 Stunden warten. Die Menschen dort führen ein gemächlicheres Leben, das Tempo ist behutsamer. Wenn Sie sich als Tourist darauf einstellen können, dass Sie sich an einem anderen Ort, auf einem anderen Kontinent mit unterschiedlichen Gepflogenheiten befinden, wo die Dinge anders sind als in Rumänien oder in Europa, dann haben Sie schon vieles aus der neuen Situation gewonnen. Wenn Sie stattdessen einfordernd und anmaßend reagieren, bringen Sie sich in Schwierigkeiten und vermasseln sich den Urlaub selbst .“
Die Covid-19-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die galoppierende Inflation hat der Tourismusbranche wie der gesamten Gesellschaft schwer zugesetzt, viele Menschen sind jetzt weniger bereit, Geld für ferne reisen auszugeben. Wir wollten von der Reiseveranstalterin Cristina Popa wissen, ob die negativen Entwicklungen die Urlaubsentscheidungen der rumänischen Touristen beeinflusst hat.
Mein Kundenstamm war weniger davon betroffen. Sicherlich hat Covid-19 alle ein bisschen eingeschränkt, weil es während der Pandemie andere Reisebedingungen gab. Wenn man sich impfte oder den Test machen ließ, gab es keine unangenehmen Situationen. Unsere Kunden konnten weiter reisen, und die Bereitschaft, Geld für Urlaube auszugeben, blieb fast unvermindert. Dabei richten sich unsere Angebote an alle Taschen. Die Preise beginnen bei 500–600 Euro pro Person und Aufenthalt in Bulgarien oder Griechenland und erreichen 900 bis 2 000 Euro pro Person für entferntere Reiseziele. Wir hatten gerade eine Gruppe auf den Malediven, die rund 2 000 Euro pro Person gezahlt hat; das zeigt, dass rumänische Touristen durchaus bereit sind, für exotischere Ziele tiefer in die Tasche zu greifen. Mir ist generell aufgefallen, dass viele wirklich Gegenden bereisen wollen, in denen sie noch nie zuvor waren. Und das ist bemerkenswert, denn letztendlich bleiben einem nach so einer Reise Erinnerungen fürs Leben zurück.“
Abgesehen von klassischen Urlaubsangeboten ihres Reisebüros organisiert Cristina Popa auch thematische Ferienlager für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 14 Jahren, bei denen sie ihre Fähigkeiten entdecken und weiterentwickeln können.
Vor drei Jahren habe ich angefangen, diese Art von Tourismus für Kinder und Jugendliche zu organisieren, diese Camps zur persönlichen Entwicklung anzubieten. Wir bieten Unterkunft in Jugendherbergen, die für solche Camps zugelassen sind, doch wir wollen nicht das Gefühl der schulischen Ferienlager vermitteln, denn unser Ansatz ist ein anderer. Wir wollen, dass die Kinder selbst entdecken und herausfinden, welche Fähigkeiten sie haben und was ihnen Spaß macht. Dieses Jahr haben wir zum Beispiel einen Intuitions-Workshop gemacht, und wir bieten regelmäßig Kreativitätsworkshops, Arbeitsgruppen für Malerei und Zeichnen, Workshops für persönliche Entwicklung, damit Kinder und Jugendliche ihr Selbstbewusstsein stärken können.“
Der Sommer ist zwar vorbei, doch Urlaube kann man das ganze Jahr über bei Cristina Popa buchen, zum Schluss fragten wir sie, welche ihre persönlichen Urlaubsziele demnächst sind.
Im Oktober fahre ich mit einer Gruppe auf die griechische Insel Ägina, im November fliege ich nach Kuba, für Februar organisiere ich eine Reise nach Sri Lanka für Familien mit Kindern. Urlaub und Ferien sind also nicht mehr an eine bestimme Jahresperiode gebunden. In der Tourismusbranche gibt es mittlerweile einen kontinuierlichen Fluss, natürlich nur solange die Weltlage und die sozialen Gegebenheiten es zulassen.“