Rückblick auf die Ereignisse der Woche 24.10.–28.10.2022
Verteidigungsminister tritt zurück +++ Ostflanke der Nato weiter ausgebaut +++ Premierminister Ciucă auf Stippvisite in Brüssel +++ Umstrittene Justizentscheidung zur Verjährung +++ Tennislegende Simona Halep positiv auf Doping getestet
Newsroom, 29.10.2022, 13:22
Nach umstrittenen Äußerungen: Verteidigungsminister Vasile Dîncu tritt zurück
Wirbel wurde in der rumänischen Politik schon Anfang der Woche verzeichnet: Am Montag ist der amtierende Verteidigungsminister, der Sozialdemokrat Vasile Dîncu, zurückgetreten. Er hatte seinen Schritt mit Umständen begründet, die ihm eine Zusammenarbeit mit dem Staatspräsidenten, der zugleich Oberbefehlshaber der Armee ist, unmöglich machen würden. Nach einer Reihe auffälliger Äußerungen, die mit der offiziellen Position Bukarests, seiner Verbündeten und Partner kollidierten, die allesamt auf der Seite der Ukraine stehen, war die Position des Verteidigungsministers unhaltbar geworden. Vasile Dîncu hatte gegenüber einem privaten Fernsehsender erklärt, dass die einzige Chance auf ein Ende des Kriegs in der Ukraine darin bestehe, mit Russland zu verhandeln.
Staatspräsident Klaus Johannis sah das allerdings empfindlich anders — in seiner Stellungnahme erteilte er dem zurückgetretenen Minister eine ordentliche Schelte und empfahl ihm hämisch, häufiger die Presseschau zu lesen, um sich über die offizielle Position Rumäniens und der EU zum Krieg in der Ukraine zu informieren. Wir alle müssen akzeptieren, dass allein die Ukraine entscheidet, wann, wie und worüber sie verhandelt“, hieß es dazu in der offiziellen Verlautbarung des Staatschefs.
Die Geschäfte des zurückgetreten Verteidigungsministers hat nun kommissarisch Premierminister Nicolae Ciucă übernommen.
Ostflanke der Nato weiter ausgebaut
Am vergangenen Sonntagabend sind zwei Konvois mit französischem Militärmaterial in Rumänien eingetroffen. Die Lieferung bestand aus leichten bis schweren Infanteriepanzern und sie kommt der NATO-Kampfgruppe zugute, die in der siebenbürgischen Ortschaft Cincu (dt. Großschenk) im Zentrum des Landes stationiert ist und 750 französische Soldaten umfasst.
Die NATO-Kampfgruppe in Rumänien wurde im Mai aus den im Land stationierten multinationalen Streitkräften der NATO gebildet. Nachdem Frankreich dabei die Rolle der Rahmennation übernahm, gilt das in Rumänien stationierte französische Bataillon als Speerspitze der NATO-Truppe. Auch Truppen aus Belgien und den Niederlanden werden nach dem Rotationsprinzip in die Einsatztruppe integriert.
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine will die NATO ihre Ostflanke auch mit einem Beitrag aus Spanien stärken. Madrid hat die Entsendung von Kampfjets der Typen F-18 und Eurofighter nach Rumänien und Bulgarien angekündigt. Sie sollen am 1. Dezember auf dem Militärstützpunkt im südostrumänischen Fetești eintreffen und bis zum 31. März nächsten Jahres dort bleiben. Ihre Hauptaufgabe wird die Überwachung des Luftraums in der Dobrudscha sein.
Schengen-Beitritt: Premierminister Ciucă auf Stippvisite in Brüssel
Der liberale Premierminister Nicolae Ciucă hatte in letzter Zeit wahrlich keinen leichten Job. Zu Hause ist er mit Protesten gegen die Armut konfrontiert und seine Partei liefert sich zugleich mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner ein ungesundes Feilschen über den richtigen Prozentsatz einer Rentenerhöhung. In Brüssel erhielt Ciucă hingegen eine Nachricht, die ihn vermutlich erleichtert aufatmen ließ: Es sei möglich, die im Nationalen Konjunkturprogramm vorgesehene Haushaltsgrenze von 9,4 % des BIP für Renten durch einen anderen Indikator für Finanzdisziplin zu ersetzen. Dies habe ihm EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen im Rahmen einer Grundsatzdiskussion zugesichert, wobei die technischen Details auf Expertenebene ausgearbeitet werden sollen. In Bukarest wollen die Koalitionsparteien die Renten an die Inflation anpassen, die bei über 15 % liegt.
Die Stippvisite des Premierministers am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel galt auch dem lange herbeigesehnten Schegen-Beitritt Rumäniens. In Begleitung des Innenministers und des Justizministers war der rumänische Premierminister in Brüssel auf Überzeugungsarbeit angewiesen; dort sei ihm von allen europäischen Beamten, mit denen der Premierminister binnen zwei Tagen in der EU-Hauptstadt diskutierte, die volle Unterstützung für den Schengen-Beitritt Rumäniens zugesichert worden. Rumänien habe schon vor dem Krieg in der Ukraine bewiesen, dass es in der Lage sei, die Außengrenzen der EU zu schützen, sagte der rumänische Premierminister in diesem Zusammenhang.
Die Frage der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengenraum könnte auf der Tagesordnung des Rates für Justiz und Inneres am 8. und 9. Dezember stehen. Die endgültige Entscheidung über die Erweiterung muss von den Staaten der EU-Freizügigkeitszone allerdings einstimmig getroffen werden; nur die Niederlande, die sich stets gegen eine Mitgliedschaft Rumäniens und Bulgariens ausgesprochen haben, sind derzeit noch zurückhaltend.
Umstrittene Justizentscheidung: Neue Verjährungsregelung könnte zur Einstellung von laufenden Strafverfahren führen
Mit einer umstrittenen Grundsatzentscheidung zur Auslegung von Urteilen des Verfassungsgerichts in strafrechtlichen Verjährungsfragen hat der Oberste Gerichtshof (ICCJ) am Dienstag massiv für Schlagzeilen gesorgt. Die höchste ordentliche Instanz hatte festgestellt, dass zwischen zwei Urteilen von 2018 bzw. 2022 zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften zur Unterbrechung der Verjährungsfristen ein Rechtsvakuum geherrscht habe; folglich sei dies als günstigeres materielles Strafrecht im Sinne der Angeklagten auszulegen. Als Folge der verbindlichen Grundsatzentscheidung wären Gerichte und Staatsanwaltschaften nun gezwungen, eine große Anzahl von Verfahren einzustellen, da die Straftaten inzwischen verjährt sind.
Von der neuen Regelung könnten auch mehrere Prominente profitieren. So würden beispielsweise laufende Korruptionsverfahren gegen die frühere Tourismusministerin Elena Udrea eingestellt werden, die bereits eine sechsjährige Freiheitsstrafe nach einer rechtskräftigen Verurteilung absitzen muss. Gegen Udrea, die als politische Ziehtochter und Schützling des ehemaligen Präsidenten Traian Băsescu gilt, laufen gegenwärtig zwei weitere Verfahren. In einem Verfahren geht es um die Finanzierung des Wahlkampfs Băsescus von 2009, und Udrea war in erster Instanz wegen Anstiftung zur Bestechung und Geldwäsche zu acht Jahren Haft verurteilt worden — dagegen legten Udreas Anwälte Einspruch ein und die Sache wird nun beim Obersten Gerichtshof als Berufungsinstanz weiterverhandelt. In derselben Strafsache war auch Ioana Băsescu, die älteste Tochter des ehemaligen Präsidenten, zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Fans unter Schock: Rumänische Tennislegende Simona Halep positiv auf Doping getestet
Die erfolgreichste Tennisspielerin Rumäniens, Simona Halep, wurde vorläufig suspendiert, nachdem sie bei den US Open positiv auf Doping getestet wurde und in der ersten Runde ausschied. Die ehemalige Weltranglistenerste und zweifache Grand-Slam-Siegerin von Roland Garros und Wimbledon beginnt, wie sie selbst sagt, das schwierigste Match meines Lebens: einen Kampf um die Wahrheit“. Halep, die von Tennis-Insidern als Musterbeispiel für sportliche Integrität bezeichnet wird, zeigt sich kampfbereit, um zu beweisen, dass sie die verbotene Substanz nicht wissentlich eingenommen habe. Fällt sie durch, droht ihr eine vierjährige Suspendierung.
Die Chancen, entlastet zu werden und ohne Sanktionen davonzukommen, sind gering. Andernfalls könnte eine Suspendierung, wie milde sie auch ausfallen mag, für die 31-Jährige das Ende ihrer Karriere bedeuten. Es ist der aufsehenerregendste Dopingfall im Tennis seit der Russin Maria Scharapowa, die vor sechs Jahren positiv getestet wurde. Weitere berüchtigte Dopingfälle im rumänischen Sport waren die Turnerin Andreea Răducan und der Fußballer Adrian Mutu.