E-Scooter in Rumänien: Verkehrsmittel oder Gefahr?
Sie sind günstig, schnell und überall in der Stadt unterwegs: E-Scooter. Auch in Rumänien gehören sie inzwischen zum Alltag. Doch der Boom hat eine Schattenseite: Die Zahl der Unfälle steigt rasant – und immer öfter enden sie tragisch.
Roxana Vasile und Sorin Georgescu, 01.10.2025, 17:30
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2025 wurden über 1 500 Unfälle mit E-Scootern registriert – mehr als im gesamten Vorjahr. Sieben Menschen verloren dabei ihr Leben, über 1 600 wurden verletzt. Ein Trend, der Experten große Sorgen bereitet. Cătălin Codescu ist Präsident der Vereinigung der Straßenverkehrsopfer und versucht die Ursachen der Unfälle mit E-Scootern zu erläutern.
„Das Problem ist der fehlende Schutz. Das Problem ist die Missachtung der Verkehrsregeln, die Tatsache, dass die E-Scooter-Fahrer einfach überall und chaotisch fahren – und das ist sehr gefährlich. Denn die Roller sind extrem wendig und werden sowohl im Fußgängerbereich als auch auf der Fahrbahn eingesetzt. Damit geraten sie in Konflikt – mit Fußgängern und mit Autos. Deshalb ist das Risiko groß, sowohl für die Fußgänger als auch für schwere Unfälle mit Fahrzeugen.“
Ein weiteres Problem: In Rumänien fehlt es grundsätzlich an Verkehrssicherheit, sagt der ehemalige Rallyefahrer und heutige Experte für defensives Fahren, Titi Aur. Der E-Scooter sei – ähnlich wie das Smartphone – zwar eine technische Errungenschaft, aber zugleich eine Gefahr: Smartphones lenken ab, E-Scooter sind fast unreguliert. Und auch Cătălin Codescu vom Verein der Verkehrsunfallopfer sieht zwei gravierende Schwachstellen:
„Zum einen wird von den Roller-Fahrern nicht verlangt, dass sie wenigstens einen Kurs in Straßenverkehrsrecht absolvieren. Viele haben keinen Führerschein oder sind sogar minderjährig – also zwischen 14 und 18 Jahre alt – und kennen die Regeln nicht. Und dann nützt es wenig, wenn wir versuchen, den gesetzlichen Rahmen zu verbessern, wenn sie die Regeln gar nicht kennen. Jeder, der ein solches Fahrzeug nutzt, sollte Grundkenntnisse der Straßenverkehrsordnung haben! Das zweite große Problem ist die Versicherung. Es müsste mindestens eine Haftpflichtversicherung geben, die Geschädigte im Falle eines Unfalls schützt. Ideal wäre eine Kombination – eine Unfallversicherung für die Fahrer selbst und eine Haftpflichtversicherung für Dritte.“
Zwar gibt es in Rumänien Regeln: Mindestalter 14 Jahre, Helmpflicht bis 16, maximal 25 km/h, kein Fahren auf Gehwegen. Doch in der Praxis werden viele Vorschriften missachtet. Kaum jemand trägt Helm, oft fahren die Scooter deutlich schneller, abrupt oder chaotisch – auf der Straße wie auch unter Fußgängern. Wie gehen Städte damit um? Ein Beispiel liefert Buzău im Südosten des Landes. Constantin Toma, Bürgermeister von Buzău:
„Nach mehreren Unfällen – vor zwei Jahren hatten wir sogar einen tödlichen Unfall in einem unserer Parks – haben wir entschieden, E-Scooter zunächst an Wochenenden in den Parks zu verbieten. Jetzt arbeiten wir an einem Ratsbeschluss, der bald öffentlich debattiert wird und ab Oktober gelten soll: ein Verbot von Scootern an allen Tagen, in allen Parks sowie in der zentralen Fußgängerzone. Es ist gut, wenn Menschen den Scooter nutzen, um zur Arbeit zu fahren, viele Menschen in unserer Stadt tun das. Aber wir dürfen nicht in einen gefährlichen Leichtsinn abrutschen, wo schon Kinder unter 14 unbedingt einen Scooter haben müssen und 18-Jährige nur noch mit dem Auto zur Schule fahren. Kein Scooter mit 14, kein Auto mit 18 – und schon bist du ein Außenseiter! Ganz zu schweigen von diesen Modellen G3 oder G4 – ich kenne sie nicht genau –, die bis zu 80 km/h erreichen. Die sind eine echte Gefahr für die Öffentlichkeit!“
Einige Großstädte haben bereits Konsequenzen gezogen. In Kronstadt, Temeswar, Constanza und zuletzt in Piatra Neamț wurden Leih-Scooter ganz verboten. Doch darüber hinaus gibt es bislang kaum Maßnahmen.
E-Scooter – modernes Verkehrsmittel oder Gefahr auf zwei Rädern? Rumäniens Unfallzahlen zeigen: Es braucht dringend mehr Aufklärung, klare Regeln und Kontrollen. Sonst bleibt die schnelle Fahrt mit dem Roller für viele ein riskantes Spiel.