Von traditioneller Webkunst zur Haute Couture
Sie lebt seit 30 Jahren in Frankreich und ist ein anerkannter Name im Bereich der künstlerischen Stickerei und der Haute Couture-Stickerei. Ihre Wurzeln liegen jedoch im Kreis Sălaj, wo sie das Weben und Stricken von ihrer Mutter lernte – so wie viele Kinder, die auf dem Land aufwuchsen. Die Rede ist von Victoria Darolți. Sie hat Unikate für große Modehäuser wie Chanel, Dior, Armani und Valentino gefertigt. Inzwischen führt sie ihr eigenes Atelier, baut ihre persönliche Kollektion aus und hat vor, ein kleines Museum zu eröffnen.

Ana-Maria Cononovici und Adina Olaru, 17.10.2025, 09:17
Victoria Darolți verließ Rumänien mit 27 Jahren, fünf Jahre nach der Revolution. Ihr beruflicher Weg war nicht einfach, doch 2019 erhielt sie die Auszeichnung „Le Meilleur Ouvrier de France“ – der höchste Preis für Handwerker in Frankreich, der bereits seit einem Jahrhundert vergeben wird. Es handelt sich um den „Ritter des Nationalen Verdienstordens“, den General Charles de Gaulle 1963 ins Leben rief.
Die Designerin selbst erzählt uns dazu:
„Ich bin wirklich sehr stolz auf diese Auszeichnung. Sie kommt von der französischen Regierung, vom Präsidenten. Ich weiß nicht genau, wie ich sie bekommen habe. Um diese Ehrung zu erhalten, muss mich jemand im Stillen, im Hintergrund, lange beobachtet haben. Die Person hat geprüft, was ich mache, wie ich meine Arbeit präsentiere, wie ich es schaffe, am Markt zu bestehen. Diese Person hat dann ein Dossier über mich erstellt und es bei der Regierung eingereicht. Und dort wurde entschieden: Ich habe diese Auszeichnung verdient.“
Die Anfänge in Siebenbürgen
Ihre Geschichte beginnt in der Kindheit. Victoria Darolți nimmt uns mit in ihre Erinnerungen:
„Ich bin stolz, in meine Kindheit zurückzublicken! Ich bin in Ineu im Kreis Sălaj aufgewachsen. Als Kind habe ich sehr viel von meiner Mutter gelernt: das Sticken, Weben, Stricken und das Anfertigen von Spitze. Meine Schwester ist 16 Jahre älter als ich. Ihr Mann war ein bekannter Schneider in Sighetu Marmației, und sie war immer sehr elegant. Ich war so eifersüchtig! Wenn sie zu meiner Mutter kam, habe ich ihre Kleider zerschnitten, damit ich mir daraus Kleider machen konnte. Meine Mutter wollte, dass ich spiele, aber ich war lieber bei ihr, bei ihren Freundinnen, bei meiner Großmutter, um Handarbeit zu lernen. Ich liebte Handarbeit. Ich erinnere mich, dass ich mit etwa zwölf Jahren im Dorf noch die letzte Kultur von Flachs und Hanf miterlebt habe. Ich weiß noch, wie wir den Hanf vom Feld geholt, ihn zum Fluss Someș gebracht und ins Wasser gelegt haben. Alle zwei Tage musste ich ihn wenden, damit er weicher wurde. Wir haben ihn dann nach Hause gebracht und verarbeitet, bis zum fertigen Produkt. Meine Mutter hat daraus Bettwäsche und Tischdecken gewebt, und all das habe ich mit ihr zusammen gelernt.“
Der Weg in die Modehauptstadt
Victoria Darolți wollte immer in die Modehauptstadt, nach Paris. Doch dort musste sie eine Schule finden, um ihre Fähigkeiten anerkennen zu lassen.
„Als ich auf der Stickereischule war, fragten mich meine Lehrerinnen: Victoria, was machst du hier in der Schule? Du kannst doch schon alles. Ich brauchte einfach ein Diplom, um in den Ateliers arbeiten zu dürfen, die für die Modehäuser tätig waren. Es half mir nichts, dass ich das Handwerk konnte, wenn mir das offizielle Papier fehlte. Nach dem Schulabschluss fand ich schon zwei Wochen später einen Job in einem Atelier. Was sich sehr unterschied zu dem, was ich in Rumänien gelernt hatte – die normale Nadelstickerei –, war eine Technik, die man in Frankreich kennt: die Lunéville-Häkelstickerei (Broderie au crochet de Lunéville). Dabei arbeitet man mit einer Häkelnadel, die der Klöppelspitze sehr ähnlich ist. Mit dieser Häkelnadel können wir Perlen und Pailletten befestigen. Nur so erreicht man diese Perfektion, diese Qualität. Man kann Perlen auch mit der normalen Nadel aufsticken, aber diese Qualität bekommen Sie so niemals hin.“
Der eigene Stil und das Museum
2008 eröffnete Victoria Darolți ihr eigenes Atelier. 2011 gründete sie ihre eigene Stickereischule, um das Handwerk weiterzugeben. Das Atelier Darolți am Stadtrand von Paris ist spezialisiert auf bestickte Accessoires (Handschuhe, Schuhe, Taschen), Abendkleider, Theaterkostüme sowie Innendekorationen für Luxushotels, Yachten und Privatjets.
Victoria Darolți mit mehr Einzelheiten dazu:
„Als ich entworfen habe, war immer auch ein Teil meines Dorfes dabei. Ich habe kombiniert, was ich von meiner Mutter und was ich in Frankreich gelernt hatte. Das machte mich einzigartig im Vergleich zu den anderen. Ich habe gefärbte Schafwolle in meine Kreationen integriert, dazu Perlen und Schmuck. Bestimmte Fäden, die ich in Frankreich fand, ähnelten den Fäden aus Rumänien. Die Farben, die ich kombiniert habe, kamen sehr gut an. Auch die Spitze, das Makramee – das habe ich sehr oft verwendet. Ich habe für die Schweiz, für Afrika, für Italien gearbeitet, mit berühmten, reichen Leuten. Ich habe zum Beispiel die Rückenlehne in ihrem Privatjet personalisiert.“
Neben Auftragsarbeiten entwirft Victoria Darolți auch Stücke für ihre persönliche Kollektion. Sie plant, damit ein kleines Museum zu eröffnen. Eines ihrer Lieblingsstücke ist ein Kleid namens „Păpușa de pământ“ (Die Erdenpuppe): Es hat einen Rock aus Makramee und ein Oberteil, das mit bunten, in der Natur gesammelten Steinen bestickt ist. Dafür nutzte sie die Lunéville-Technik, die sie an der Pariser Schule gelernt hat.