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Rumänien und Tito

Vor 1989 blickten viele Rumäninnen und Rumänen mit Neid auf die Jugoslawen und schätzten ihren Anführer Iosip Broz Tito.

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, 14.04.2025, 21:10

Das Gefühl der Freundschaft zwischen Nationen, insbesondere zwischen sozialistischen, wurde von der kommunistischen Propaganda eifrig gepflegt – und viele Menschen glauben noch immer daran. Doch die Lehren der Geschichte zeigen das Gegenteil: Immer dann, wenn eine Nation die Hilfe einer vermeintlich befreundeten Nation brauchte, erhielt sie diese in der Regel nicht.

 Im Vergleich zu den meisten Führern im sozialistischen Europa wirkte Tito liberal: Er erlaubte seinen Bürgerinnen und Bürgern ungehindertes Reisen nach Westeuropa, die Versorgungslage im Nachbarland jenseits der Donau war nicht katastrophal, und kleine private Geschäfte waren für jugoslawische Staatsbürger durchaus möglich. Aus Jugoslawien gelangten lebenswichtige Waren nach Rumänien, wo sie auf einem von Mangel geprägten Markt sofort aufgesogen wurden. Und auch die Programme des jugoslawischen Fernsehens wurden leidenschaftlich von den Rumäninnen und Rumänen, die sie empfangen konntenm, verfolgt. Umso größer war für viele die Überraschung, als nach 1989 in Jugoslawien Krieg ausbrach.

Rumänien und Jugoslawien standen sich bereits vor 1945 und der Einführung des Kommunismus nahe. Beide Länder gehörten regionalen Sicherheitsbündnissen an: der Kleinen Entente, die 1921 unterzeichnet wurde, sowie dem Balkanpakt von 1934. Zudem war die Königin Maria von Jugoslawien, die Ehefrau von König Alexander I., eine Tochter des rumänischen Königs Ferdinand I. und der Königin Maria. Doch diese engen Beziehungen sollten 1948, als es zum Bruch zwischen Stalin und Tito kam, enden. Alle Satellitenstaaten der Sowjetunion stellten sich auf Stalins Seite, bezeichneten Tito als Verräter der sozialistischen Sache und als Agenten des westlichen Imperialismus. Auch Rumänien machte da keine Ausnahme – an der Grenze zwischen beiden Ländern kam es zu Provokationen, die heute beinahe lächerlich erscheinen. Der Diplomat Eduard Mezincescu, der 1994 vom Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks interviewt wurde, war 1949 in einen solchen Vorfall verwickelt.

 „Wir waren entschlossen, die Jugoslawen zu vernichten – natürlich. Und eine der Waffen, die sehr geschickt eingesetzt wurden, war ich selbst. Alexandru Drăghici, der Innenminister, rief mich zu sich. Er hatte die Verwaltungs-Politische Abteilung des Zentralkommitees der Rumänischen kommunistischen Partei geerbt – offiziell zuständig für logistische Angelegenheiten. In Wirklichkeit war sie eine Abteilung für Gegenspionage. Drăghici sagte zu mir: ‚Du wirst das jetzt machen, so wurde es beschlossen.‘ Worum ging es? Ich fuhr nach Orșova, dort, wo die Donau zwischen uns und den Serben verläuft, an der Grenze der Hoheitsgewässer. Dort war ein Schleppkahn verankert, auf dem Lautsprecher montiert waren, deren Trichter zum jugoslawischen Ufer zeigten. Ich stand am gegenüberliegenden Ufer, vor einem Mikrofon, und hielt eine giftige Rede gegen Tito. Sie haben nicht reagiert, sie hielten auch dieser Aggression stand.“

Nach Stalins Tod im Jahr 1953 normalisierten sich die rumänisch-jugoslawischen Beziehungen. 1968, im Zuge des Einmarschs der Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei zur Niederschlagung der Reformbewegung, weigerte sich der rumänische Staatschef Nicolae Ceaușescu, die Intervention zu unterstützen. In Bukarest herrschte große Angst, dass auch Rumänien das nächste Ziel einer sowjetischen Invasion sein könnte. Rumänien suchte daher nach Verbündeten – und Tito erschien als einer von ihnen. Der Diplomat Ion Datcu, damals Sondergesandter der rumänischen Regierung in Australien, berichtete 1994 von einer Begegnung mit Tito.

„Bei einem Treffen mit der Presse wurde ich gefragt, wie lange wir dem sowjetischen Druck noch standhalten könnten. Ich sagte: So wie wir Hunderte von Jahren überstanden haben, werden wir auch das überstehen. Ich wusste nicht genau, was wirklich passierte – ich dachte, das Schlimmste sei vorbei und eine zweite Invasion durch die Sowjets sei undenkbar. Ich erinnere mich an eine Bemerkung von Tito mit einem Lächeln. Er sagte bei einem Gespräch, an dem ich teilnahm: ‚Wenn wir euch für etwas danken müssten, dann nur dafür, dass die sowjetischen Panzer zwischen Pruth und Bega mehrere Dutzend Stunden brauchen würden.‘ Wir waren also ein Pufferstaat für Jugoslawien. Und ich kann Ihnen versichern: Auch die Jugoslawen machten sich damals große Sorgen.“

Paul Niculescu-Mizil, ein enger Vertrauter Ceaușescus, erinnerte sich 1997 daran, dass Rumänien 1968 allein der sowjetischen Bedrohung gegenüberstand.

„Unsere chinesischen Freunde – Zhou Enlai kam persönlich zur rumänischen Botschaft und sagte: ‚Wir werden dies tun, wir werden jenes tun.‘ Doch gleichzeitig machte Mao Zedong eine historische Aussage: ‚Feuer löscht man nicht aus der Ferne!‘ Und wir haben sehr gut verstanden, dass die Chinesen nicht ihre Haut für das arme Rumänien riskieren würden, ganz gleich, wie freundschaftlich wir verbunden waren. Ich war persönlich mehrmals bei Tito, Ceaușescu hatte mich geschickt, um Informationen zu sammeln. Und wissen Sie, was Tito sagte, als ich ihn fragte: ‚Was, wenn es ernst wird, wenn wir zu den Waffen greifen müssen und in eine komplizierte Lage geraten?‘ Wissen Sie, wie Jugoslawiens Position war? Sie würden die rumänische Führung aufnehmen, ihr Asyl gewähren – aber keine Waffen, nicht einmal Stichwaffen, also nicht mal ein Taschenmesser in der Hosentasche! Also will ich nichts mehr hören von vermeintlichen Helden wie diesen.“

Die Beziehungen zwischen Rumänien und Titos Jugoslawien spiegeln ihre Zeit wider. Und die neue Zeit zeigt: Realismus in der Freundschaft zwischen Nationen ist eine wertvolle Lehre.

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