Ein spanischer Journalist entdeckt Rumänien
Bei den frostigen Temperaturen in diesem Winter träumen alle vom sonnigen Süden – aber es geht auch umgekehrt. Den Spanier Raúl Sánchez Costa zog es aus dem Südosten Spaniens, wo es im Januar auch 24 Grad im Schatten gibt, nach Rumänien.
Roxana Vasile, 02.01.2015, 16:15
Raúl Sánchez Costa gehört zu den Menschen, die kein — oder vielleicht nur wenig — Sitzfleisch haben. In den letzten 11 Jahren ist er viel unterwegs gewesen, doch insgesamt ist er schon vier Jahre in Rumänien gewesen. Der Südländer hat einen Superjob, er ist Rumänien-Korrespondent der Presseagentur EFE, die Publikationen in Spanien und Lateinamerika bedient. Am Anfang war es für ihn gar nicht so leicht:
Ich war zum ersten Mal in 2003 für ein Masterstudium in Europapolitik in Iaşi, wo ich 18 Monate blieb. Ich musste unbedingt Rumänisch lernen, also habe ich in den ersten drei Monaten nur das gepaukt. Dann habe ich Gefallen an der Sprache bekommen. Ich habe mich bei Zeitungen in Spanien beworben und eine davon hat mir Gelegenheit gegeben, als Rumänien-Korrespondent in freier Mitarbeit einzusteigen. Langsam, langsam habe ich dann den Beruf eines Journalisten erlernt. Ich habe Rumänien intensiv bereist, weil ich Interviews in Bukarest aufnehmen musste. Außer Politik war die Zeitung auch an touristischen und kulturellen Themen aus dem ganzen Land interessiert…“
Raúl Sánchez Costa packte die Reiselust — aber nach Aufenthalten in Tschechien, China oder Frankreich zog es ihn wieder nach Bukarest, wo er seit Anfang 2013 lebt. Wie sieht ein mittlerweile erfahrener Journalist, der auch den rumänischen Premierminister Victor Ponta interviewen durfte, Rumänien?
Es ist ein sehr interessantes Land, das besonders viele Themen bietet. Spanien ist an Rumänien interessiert, auch weil dort etwa eine Million Rumänen leben. Hier in Rumänien gibt es viele Minderheiten, die Rumänien sehr gut gesellschaftlich integrieren konnte — die Präsidentschaftswahlen sind ja von einem Angehörigen der deutschen Minderheit gewonnen worden. Die Themenfülle und Vielfalt ist enorm, ich finde fast jeden Tag etwas bemerkenswertes, worüber ich berichten kann: Entweder kündigt ein Minister oder eine ganze Partei tritt aus der Koalition aus, so wie zuletzt die Ungarnpartei UDMR. Oder die Korruptionsbekämpfung, an der die Europäische Union sehr interessiert ist. Aber auch Alltagsgeschichten sind interessant — dass zum Beispiel ein Blindgänger aus dem zweiten Weltkrieg neben dem Parlament gefunden wird.“
Sanchez Costa ist nicht nur Korrespondent für EFE, sondern auch Ansprechpartner für die Medien in Rumänien und betreibt einen Nachrichtendienst im Internet, der sich als Brückenschlag zwischen den beiden Ländern versteht. Zunehmend werden, sagte er, Hintergrundberichte nachgefragt über die Lebensweise in Rumänien und über Reisziele. Denn Rumänien ist ein schönes Land, und zugleich billig und deshalb leicht zu bereisen. Der Journalist findet aber auch die Menschen hier einfach faszinierend:
Fakt ist — Rumänien ist unglaublich schön, mit atemberaubenden Landschaften. Und dann trifft man auf Menschen, die in anderen Ländern als bitterarm gelten würden. Aber hier scheinen sie nicht ganz so arm zu sein, denn sie sind offenbar glücklich. Und da kommt man leichter auf den Sinn des Lebens…. Deshalb sind auch viele nicht ausgewandert. Und noch etwas — je weniger sie haben, desto großzügiger gehen sie damit um. Es ist interessant zu sehen, wie die Menschen hier ihr Leben sehr aufmerksam planen müssen. In Spanien geht es den Kindern gut, wenn es den Eltern gut geht. Hier müssen sich alle anstrengen. Das ist gut, denn dann finden sie überall Anerkennung. Es ist allerdings schade, dass so viele intelligente Menschen ausgewandert sind. Das Land braucht sie. Aber es ist eben auch so, dass einige der Dagebliebenen nicht wirklich etwas anstoßen wollen. Sie wollen nur, dass es ihnen selbst gut geht. Ehrliche Menschen müssen sich aber wirklich ins Zeug legen, um es im Leben zu etwas zu bringen.“
Raúl Sánchez Costa hat als Journalist sehr viel in Rumänien sehen können. Am meisten hat ihn das Salzbergwerk in Turda fasziniert. In der Nähe von Cluj in Siebenbürgen ist im Bergwerk ein Museum eingerichtet worden, das — so Sanchez Costa — einzigartig ist.
Dieses Museum ist phantastisch. Es ist so, als ob man eine Welt betritt, die 800 Jahre weiter ist als wir mit unserer. Ich war in diesem Sommer dort für eine Reportage und war baff: Es sieht so aus, als wäre das ein Schiff, auf dem die Menschen unterirdisch wohnen und nicht nach draußen müssen.“
Ob es Raúl Sánchez Costa wieder weiter ziehen wird, weiß er noch nicht. Er grübelt nicht viel über die Zukunft nach — sie ist immer offen. Wichtig für ihn ist, dass er hier und jetzt in Rumänien ist und sich hier wohl fühlt.