Felipe Scagliusi aus Brasilien: „Rumänien hat lebendige Traditionen und eine starke Geistigkeit“
Felipe Scagliusi stammt aus São Paulo, Brasilien, und gehört zu den aktivsten brasilianischen Pianisten seiner Generation. Entlang seiner Karriere trat er in der Carnegie Hall in New York auf und konzertierte in Ost- und Westeuropa, in Brasilien, Israel, den USA und natürlich in Lateinamerika. Nach dem Abschluss am Konservatorium in São Paulo setzte er seine Ausbildung an der Manhattan School of Music in New York mit einem Masterstudium fort. Er lebte zeitweise in New York und Paris. Eine CD mit Werken von Robert Schumann brachte ihm die Aufnahme in die BBC Special Classic Charts ein. Seit 2018 lebt Scagliusi mit seiner Frau Sara in Bukarest.
Hildegard Ignătescu und Sorin Georgescu, 11.12.2025, 17:30
Felipe Scagliusi stammt aus São Paulo, Brasilien, und gehört zu den aktivsten brasilianischen Pianisten seiner Generation. Entlang seiner Karriere trat er in der Carnegie Hall in New York auf und konzertierte in Ost- und Westeuropa, in Brasilien, Israel, den USA und natürlich in Lateinamerika. Nach dem Abschluss am Konservatorium in São Paulo setzte er seine Ausbildung an der Manhattan School of Music in New York mit einem Masterstudium fort. Er lebte zeitweise in New York und Paris. Eine CD mit Werken von Robert Schumann brachte ihm die Aufnahme in die BBC Special Classic Charts ein.
2015 gründete er das Online-Bildungsprojekt Aprendendo Piano, einen Klavierkurs mit inzwischen mehr als 15 000 Followern aus portugiesischsprachigen Ländern. Zusätzlich betreibt er einen YouTube-Kanal mit über 240 000 Abonnenten. Seit 2018 lebt er gemeinsam mit seiner Frau Sara in Bukarest. Ein bemerkenswerter biografischer Aspekt: Obwohl Brasilien überwiegend katholisch geprägt ist, konvertierte das Paar zur Orthodoxie.
Als erstes baten wir Felipe Scagliusi, zu erzählen, wie er Rumänien und der orthodoxen Spiritualität nähergekommen ist.
„Der Gedanke, nach Rumänien zu kommen, begann mit der Orthodoxie. Ich wurde in Brasilien geboren, lebte dann in den USA, später in Frankreich – fünf Jahre in New York, fünf Jahre in Paris – und kehrte schließlich nach Brasilien zurück. Meine Frau erhielt eine berufliche Chance in Italien, und wir verbrachten dort drei Jahre. Nach intensiven Studien zu Geschichte, Philosophie und Christentum hatten wir schon in Brasilien unseren Weg zur Orthodoxie gefunden. In Italien war es die rumänische Gemeinde – insbesondere die orthodoxe Kirche in Verona –, die uns am nächsten stand. 2017 reisten wir nach Rumänien, besuchten die Moldau, die Bukowina, Bukarest und Hermannstadt. Und ich dachte: Wenn wir die Orthodoxie wirklich vertieft erleben wollen, müssen wir in einem orthodoxen Land leben. Mein Beichtvater riet mir: ‚Eine gute Idee! Macht einen Test von sechs Monaten.‘ Aus diesen sechs Monaten sind inzwischen sieben Jahre geworden.“
Sieben Jahre, in denen Felipe Scagliusi Rumänisch gelernt und sich an den Alltag in Bukarest gewöhnt hat. Bleibt Rumänien weiterhin ein „Test“?
„Ich weiß es nicht. Immer wenn wir denken, dass es vielleicht Zeit wäre, nach Brasilien zurückzukehren – unsere Eltern werden älter, wir sprechen dort unsere Sprache, vieles ist einfacher –, passiert etwas, das uns hier hält. Und wir bleiben gerne. In der Gemeinde der Stavropoleos-Kirche um Pater Iustin Marchiș haben wir eine Art Familie gefunden. Wir sind hier wirklich sehr glücklich.“
Ist Rumänien also für ihn inzwischen ein Zuhause?
„Jawohl. Ich habe lange im Ausland gelebt und dort oft eine gewisse Distanz gespürt – in den USA, in Frankreich, in Italien –, als stünde eine unsichtbare Mauer zwischen mir und den Einheimischen. Der erste Rumäne, den ich traf, war ein echter, lebendiger, unkomplizierter Mensch. Die Natur der Rumänen gab uns das Gefühl, zugehörig zu sein, wir fühlten uns sofort zuhause. Deshalb geht es uns hier so gut. Ob und wann wir wieder fortgehen – das liegt in Gottes Hand.“
Gibt es etwas, das ihn in Bukarest stört oder das er verändern würde?
„Nicht wirklich. Jedes Land hat gute und schlechte Seiten. Aber in Rumänien habe ich eine Großzügigkeit erlebt, die ich anderswo nicht gefunden habe – und das überwiegt alles. Bukarest könnte sauberer sein, ja. Doch abgesehen davon empfinde ich vieles hier als sehr wertvoll: lebendige Traditionen, Bräuche und das religiöse Leben, das es im Westen kaum mehr gibt. Vor allem das geistliche Leben – es ist hier viel stärker.“
Hat Felipe Scagliusi in Rumänien bereits konzertiert?
„Nur einmal, bei einem Rezital im Palais Mogoșoaia. Es war eine großartige Gelegenheit. Mir fehlt die persönliche Begegnung mit dem Publikum, die Vorbereitung, das Konzert-Adrenalin – das liebe ich und vermisse ich.“
Und was vermisst er aus Brasilien?
„Wir sind dort an vieles gewöhnt. Es gibt keinen Winter, es ist immer warm – oft zu warm. Hier wird es in dieser Jahreszeit sehr früh dunkel, das ist etwas bedrückend. Das Essen hier ist ausgezeichnet, aber manche Gerichte aus Brasilien fehlen mir, besonders Rindfleisch. Auch tropische Früchte – und natürlich die Familie. Doch es geht uns gut hier. Wir besuchen Brasilien einmal im Jahr. Diese Routine tut uns sehr gut.“
Zum Schluss wollten wir von Felipe Scagliusi wissen, was er auf Reisen in die alte Heimat Brasilien als Geschenk aus Rumänien mitnimmt:
„Rumänische Obstschnäpse wie Palinka, Horinca – und Ikonen. Einmal habe ich einem Freund eine traditionelle rumänische Volkstracht mitgebracht. Jedes Mal nehmen wir etwas anderes mit.“