Rumänien als Abenteur erlebt: der Deutsche Matthias Thesing
Der studierte Mathematiker, Physiker und Musiker ist seit Jahren in Rumänien unterwegs.
Roxana Vasile, 01.03.2015, 01:35
Zum ersten Mal kam ich 1986 nach Rumänien, das war anlässlich eines Schachturniers. Später hielt ich den Kontakt zu den Spielern hier. Ein Professor an der Philologie in Iaşi fragte mich dann im Frühling 2008, ob ich nicht interessiert wäre, das Leben an einer rumänischen Uni zu probieren — ich habe zugesagt und unterrichtete Deutsch als Wahlfach an der Agronomie-Fakultät. Zwei Jahre lang habe ich auch an der Philologie unterrichtet — bis 2010 die Gehälter im gesamten öffentlichen Dienst gekürzt und die Stellen für ausländische Gastlektoren plötzlich in Frage gestellt wurden“, erinnert sich Matthias Thesing, internationaler Schachmeister.
Er entschloss sich, nach Bukarest zu ziehen. Seine Freunde scherzten, dass er in die Hauptstadt befördert wurde. Hier arbeitete er zwei Jahre lang an einer privaten deutschen Schule — heute ist Thesing, wie er selbst erzählt, Freiberufler und gibt Deutschunterricht für Organisationen und Privatkunden. Seine Leidenschaft ist aber nach wie vor der Schachsport. In den Wettbewerben tritt er für einen Arbeiterschachklub aus Reschitza im Banater Bergland an. Die Schachlandschaft hat sich — wie vieles in Rumänien — stark verändert, berichtet Thesing:
Um ganz ehrlich zu sein war ich vor 20 Jahren neidisch. In Rumänien war Schachspielen damals auch ein Beruf, kein reines Hobby. Das ist jetzt anders — auch als internationaler Meister kann man davon nicht leben. Einige sind Trainer geworden und verdienen so noch etwas dazu. Die Löhne hier sind aber generell zu niedrig. Man muss sehen, wie man überlebt — ich bin nicht wie die anderen Ausländer hier, die auch aus ihren Herkunfstländern Geld bekommen und muss mein Geld hier verdienen. Und daraus kann man oft nur die Miete und die Verpflegung bezahlen. Aber es kommt darauf an, was man vom Leben will. Klar, in Deutschland verdient man besser, aber auch das Leben dort ist teurer. Ich mag es auf jeden Fall hier, ich fühle mich der rumänischen Kultur verbunden.“
Stichwort Kultur — am meisten zieht Matthias Thesing die rumänische Musik an. Er liebt die Beats des Balkanpops, auf denen sich gut tanzen lässt, die Zigeunermusik der Romica Puceanu oder die Volksmusik der Petreuş-Brüder. Aber er betet die Ikone Maria Tănase geradezu an.
Ich sage immer — Maria Tănase war meine erste Liebe in Rumänien. Ich habe Musik studiert, spreche Rumänisch und darf deshalb als Experte über die rumänische Musik referieren — zum Beispiel auf Konferenzen in Wien oder Chişinău, wo ich Vorträge über die Musik der Maria Tănase gehalten habe.“
Matthias Thesing versteht aber auch viel von der neueren rumänischen Musik etwas: Er kennt die Folksängerin Ada Milea, die moldauischen Rocker Zdob şi Zdub, die Jazzsängerin Teodora Enache, die international berühmte Popstarsängerin Ina und nicht zuletzt die in Rumänien legendäre Rock-Gruppe Phoenix. Der Deutsche will noch lange Zeit in Rumänien bleiben und hier auch seinen Lebensabend verbringen, auch wenn er nicht wie ein Krösus lebt. Aber auch das berufliche Glück scheint sich immerhin wieder zu seinen Gunsten zu wenden.
Ich stehe in Verhandlungen mit einem Gymnasium aus Timişoara, um dort eine Lehrerstelle anzutreten. Das würde mir mit dem Mietkosten helfen. Mein Traum ist, eine aus Deutschland subventionierte feste Lehrerstelle hier zu bekommen.“