Arbeitsmigranten in Rumänien: Vermittlungsagenturen bewegen sich oft in Grauzonen
In Rumänien boomt der Markt für Arbeitskräfte aus dem Ausland. Mehr als 7 000 Agenturen sind offiziell registriert, um Menschen aus Asien, Afrika oder Südamerika zu vermitteln. Doch hinter dieser Zahl verbirgt sich ein undurchsichtiges System – mit dubiosen Praktiken, rechtlichen Grauzonen und menschlichen Schicksalen. Wer kontrolliert eigentlich diese Agenturen? Und wer schützt die Arbeitskräfte, die nach Rumänien kommen, um ein besseres Leben zu finden?
Iulia Hau und Sorin Georgescu, 08.10.2025, 17:30
Die Tätigkeit der Rekrutierungs- und Vermittlungsagenturen für ausländische Arbeitskräfte in Rumänien basiert auf der Regierungsverordnung Nummer 25 aus dem Jahr 2014 – einem Gesetz, das folglich längst überholt ist. Es lässt viele Fragen offen: Wer darf rekrutieren? Wer kontrolliert die Vermittlung? Und wer haftet, wenn etwas schiefläuft?
Laut dem Nationalen Handelsregister waren im August 2025 mehr als 7 000 Agenturen mit der entsprechenden Genehmigung tätig – um fast 2 000 mehr als noch im Jahr 2020. Doch Recherchen zeigen: Viele weitere Unternehmen arbeiten ohne eine offizielle Zulassung. Doch in der Praxis kann jede Person – ganz ohne eine entsprechende Ausbildung oder berufliche Qualifikation – Arbeitsvisa für Ausländer beantragen.
Das Gesetz sieht enge Fristen vor: 15 Tage für Neuankömmlinge, 90 Tage bei einem Arbeitgeberwechsel. Unter diesem Zeitdruck unterschreiben viele Arbeiter Verträge, die sie kaum verstehen – oft zu ihren Ungunsten. Die Lücken im Gesetz schaffen ein Klima, in dem Missbrauch, Korruption und Betrug gedeihen, weiß Silvia Tăbușcă, Expertin in der Bekämpfung des Menschenhandels:
„Zunächst einmal dürfen Rekrutierungsagenturen nach internationalen Normen kein Geld vom Arbeitnehmer verlangen. Nur der Arbeitgeber darf eine Agentur bezahlen, nicht die rekrutierte Person. Doch in der Praxis arbeiten die rumänischen Agenturen mit Vermittlungspartnern im Herkunftsland zusammen und teilen sich die Einnahmen. Dort werden dann hohe Summen verlangt – oft auch Bestechungsgeld, um einen Arbeitsplatz in der EU zu bekommen.“
Silvia Tăbușcă beobachtet die Entwicklungen seit Jahren. Für sie sind die Agenturen hauptverantwortlich für illegale Aufenthalte und Ausbeutung.
„Ich sehe, dass auf politischer Ebene und von sogenannten ‚cleveren Leuten‘ seit Jahren viel Geld auf Kosten der Ärmsten verdient wird. Menschen verlieren ihr Zuhause, ihre Gesundheit – wegen Versprechen, die nie eingehalten werden. Die Hauptverantwortung tragen die Rekrutierungsagenturen. An zweiter Stelle kommen die Arbeitgeber, die von diesen Agenturen oft beraten werden, wie sie Arbeiter sogar absichtlich in die Illegalität treiben können, um sie schlechter zu bezahlen.“
Wenn Migranten ihren legalen Status verlieren, ist das für viele Agenturen kein Problem – sondern sogar ein Vorteil. Denn das jährliche Kontingent an Arbeitsvisa wird dadurch wieder frei. So können neue Arbeiter angeworben werden – gegen neue Gebühren, die die Vermittler kassieren.
„Ich fordere mehr Transparenz im gesamten System. Die Ausländer sollten nachvollziehen können, ob ihre Unterlagen eingereicht wurden oder nicht. Wenn der Arbeitgeber sein Versprechen nicht einhält, muss der Betroffene die Möglichkeit haben, das zu sehen und zu reagieren. Es braucht eine ständige Kommunikation.“
Während die Behörden auf eine strenge Migrationspolitik pochen, geraten viele ausländische Arbeiter in prekäre Situationen: 12- bis 13-Stunden-Schichten, unbezahlte Nachtschichten, Schwarzarbeit – und oft wissen sie gar nicht, dass sie illegal geworden sind. Manche glauben, ihr Vertrag sei weiter gültig, obwohl er längst abgelaufen ist. Fachleute fordern klare Standards für die Rekrutierungsbranche – und regelmäßige Kontrollen. Denn die Betroffenen stoßen auf Sprachbarrieren, Unkenntnis der Gesetze und auf ein System, das selten auf ihrer Seite steht.
Das Generalinspektorat für Einwanderung, kurz IGI, verweist auf die Eigenverantwortung der Ausländer: Sie müssten das Land verlassen, sobald ihre Aufenthaltserlaubnis abläuft. Laut Gesetz ist der Arbeitgeber für den Antrag auf Arbeitserlaubnis zuständig – nicht der Arbeitnehmer.
IGI distanziert sich von illegalen Praktiken und meldete zwischen 2022 und 2024 sechs Verdachtsfälle von Korruption oder Menschenschmuggel an die Staatsanwaltschaft. Zudem wurden regelmäßig Schulungen zur Korruptionsprävention in allen Dienststellen durchgeführt, so die Behörde.
Solange die Rekrutierung und Vermittlung ausländischer Arbeitskräfte in Rumänien auf einem schwachen rechtlichen Fundament steht, werden Ausbeutung und Korruption weiter Raum haben. Doch Transparenz, Kontrolle und Verantwortung könnten den ersten Schritt zu einem System bedeuten, das Menschen schützt – und nicht nur Märkte bedient.