Über 100.000 Menschen bleiben ohne Wasser
Die Krise am Paltinu-Staudamm hat über 100.000 Menschen in Südrumänien ohne Trinkwasser zurückgelassen und zur teilweisen Abschaltung eines der wichtigsten Kraftwerke des Landes geführt.
Roxana Vasile und Florin Lungu, 05.12.2025, 18:02
Südrumänien steht vor einer ebenso unerwarteten wie gravierenden Krise! Über 100.000 Menschen in der Region haben seit Tagen kein fließendes Wasser, nachdem der Paltinu-Staudamm für Reparaturarbeiten entleert wurde. Ende November führten zudem heftige Regenfälle zu Überschwemmungen, die den ohnehin schon verschlammten Dammboden weiter verstopften. Die von der Wasserknappheit betroffenen Menschen sind daher auf Wasser aus dem Supermarkt angewiesen – sofern die Vorräte nicht erschöpft sind – oder auf Wasser aus den nationalen Reserven, das per LKW oder Tankwagen in die Region gebracht wird. Endlose Schlangen, um ein paar Wasserflaschen für den Trink- oder Haushaltszwecke zu füllen, gehören mittlerweile zum Alltag der Betroffenen. Die Schulen in den betroffenen Gebieten sind geschlossen, der Unterricht findet online statt. Die Krankenhäuser in der Region nehmen keine Patienten mehr auf; schwere Fälle werden in andere Städte, darunter Bukarest, verlegt.
Die Behörden gehen davon aus, dass die Wasserversorgung Anfang nächster Woche wiederhergestellt werden kann, allerdings nur mit Brauchwasser, nicht mit Trinkwasser. Die Krise betrifft auch das Energiesystem. Aufgrund des Wassermangels hat OMV Petrom die Produktion im Kraftwerk Brazi, das 10 % der nationalen Stromerzeugung deckt, eingestellt. Premierminister Ilie Bolojan forderte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Umweltministerin Diana Buzoianu wurde ebenfalls zum Rücktritt aufgefordert – die rumänische Wasserbehörde, die ihrem Ministerium untersteht, macht den Betreiber des regionalen Wassersystems für die entstandenen Probleme verantwortlich. Frau Buzoianu selbst wird zum Rücktritt aufgefordert, da sie angeblich vor den Risiken der Entleerung des Paltinu-Staudamms gewarnt wurde, aber keine Maßnahmen ergriffen hat. „Wie viele Hände sind an der Entleerung eines Staudamms beteiligt? Welche Institutionen sind involviert? Wo ist die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen versagt und warum übernimmt niemand die Verantwortung für das Versagen? Wie wurden Staudammentleerungen bisher durchgeführt?“, fragt Ziarul Financiar in einem Artikel.
Und die Publikation Adevărul schreibt, die aktuelle Krise in Paltinu sei „die unausweichliche Folge einer über Jahre tolerierten Kette technischer Nachlässigkeit, einer vorbehaltlosen und ohne alternative Strategien durchgeführten Entleerung, verschärft durch mangelnde Koordination zwischen den Institutionen und das Ignorieren hydrologischer Warnungen. So wurde aus einem vorhersehbaren Eingriff ein regionaler Zusammenbruch der Wasserversorgung und eine gravierende Energiekrise.“
Die aktuelle Krise ist kein unvermeidbarer Unfall, sondern die Folge einer langen Reihe menschlicher Fehler, verzögerter Entscheidungen und mangelnder institutioneller Koordination – so zeigt auch eine Analyse des Verbandes für Intelligente Energie, die vom Fernsehsender Digi24 zitiert wird. Dumitru Chisăliță, der Präsident des Verbandes, erklärt, die Situation sei „zu 100 % auf menschliches Versagen zurückzuführen“ und ein bezeichnendes Beispiel für die systemischen Dysfunktionen rumänischer Institutionen. „Wir haben einen Staat, der uns leider nicht in Wasser oder Schwemmland ertränkt, sondern in seinen eigenen, sich gegenseitig behindernden Institutionen. Ohne echte Reformen werden wir in einem Monat, zwei oder einem Jahr einen neuen Paltinu haben …“, so Chisăliță.