Rumäniens Wirtschaft steht vor Herausforderungen an vielen Fronten
Dass Rumäniens Wirtschaftslage derzeit alles andere als bequem ist, überrascht niemanden mehr. Die Menschen kämpfen weiter mit signifikaten Teuerungsraten – den höchsten in der EU –, Unternehmer verweisen auf diesen Inflationsdruck und warnen, dass die wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheit das Vertrauen in die Zukunft bremst und Investitionen dämpft. Auch die Regierung steht unter Zugzwang und muss Lösungen in einer Lage mit vielen Unbekannten finden. Am Ende ist die Ursache einfach darzustellen: Der Konsum, das wichtigste Zugpferd der Wirtschaft, ist eingebrochen – gedrückt von Inflation sowie höheren Steuern und Abgaben. Und das alles vor dem Hintergrund eines seit Jahren hohen Haushaltsdefizits.
Corina Cristea, 12.12.2025, 12:02
Die Daten zeigen: Rumäniens Inflation lag im Oktober mehr als dreimal über dem EU-Schnitt. Die Nationalbank erwartet steigende Teuerungen zum Jahresende, vor allem wegen der Freigabe der Energiepreise und des höheren Mehrwertsteuersatzes, betont Cristian Păun, Professor an der Akademie für Wirtschaftsstudien Bukarest: „Mit Sicherheit bleibt die jährliche, kumulierte Inflation in den ersten Monaten von 2026 hoch, auch wegen des Basiseffekts ab August. Bis Juli oder August werden wir davon nicht loskommen. Wenn zu Jahresbeginn wieder Steuern steigen, sehen wir weitere Preiswirkungen. Rumänien bleibt vorerst ein Land mit hoher Inflation. Achtung: Diese Teuerungen addieren sich auf die der vergangenen Jahre – Steuern auf Steuern sozusagen. Vor allem Menschen mit sehr niedrigen Einkommen trifft das und das Niveau des Lebensstandards wird deutlich sinken.“
Die Herbstprognose der EU-Kommission kündigt für Rumänien zwei Jahre wirtschaftlicher Abkühlung an – ausgelöst durch Sparmaßnahmen, die das höchste Defizit der Union eindämmen sollen. Brüssel betont aber, diese Schritte seien notwendig und würden ab 2027 zu einem soliden Wachstum führen. Zunächst trifft die Sparpolitik jedoch Bevölkerung und Firmen: Für 2025 rechnet die Kommission nur mit einem Wachstum von rund einem Prozent. Auch Finanzanalysten in Bukarest stellen sich maximal auf diesen Wert ein – und einige schließen sogar eine Rezession nicht aus. In einer Erhebung des Verbands CFA România heißt es zum Beispiel, die Inflation könne im nächsten Jahr nachlassen und Ende 2026 auf etwa 6 % sinken, nach 9,8 % im Oktober. Das Defizit könnte 2025 auf über 8,5 % des BIP kommen und sich im Jahr darauf, im realistischsten Szenario, nur auf rund 7 % verringern.
Zentralbankchef Mugur Isărescu zeigte sich zuletzt optimistisch, dass Rumänien nach dem negativen dritten Quartal nicht zwei Quartale hintereinander schrumpft. Cristian Păun ist skeptisch: „Zwei negative Quartale in Folge bedeuten per Definition Rezession. Wir haben bereits das dritte Quartal im Minus. Für das vierte hofft man stark auf den Weihnachtskonsum. Aber: Landwirtschaft bringt im Winter kaum Wertschöpfung, ebenso wenig das Baugewerbe. Aus diesen beiden Bereichen kommt also weniger Leistung für das vierte Quartal und entsprechend auch für das erste. Selbst wenn es keine technische Rezession gibt, wird das Wachstum mager bleiben – etwa 1 %, vielleicht etwas darüber. Das ist nur ein Drittel dessen, was wir beim Haushaltsentwurf eingeplant hatten. Das ist Stagflation: Stagnation plus Inflation. Viele Branchen sehen keine steigenden Aufträge – im Gegenteil, die Verkäufe gehen zurück. Unternehmer können die Löhne nicht im Tempo der Inflation anheben.“
Für die Gesamtwirtschaft sind das keine guten Nachrichten. Besonders für die Privatwirtschaft und ihre Beschäftigten ist das schlimm – und ie Kaufkraft wird in den kommenden Monaten spürbar weiter sinken.