Radiotour: Via Transilvanica – ein Weg durch die Seele Rumäniens
1 600 Kilometer, zehn Kreise, unzählige Geschichten: Die Via Transilvanica ist mehr als nur ein Wanderweg – sie ist eine Reise durch die Geschichte, Kultur und die Gegenwart Rumäniens. Von den Bergen der Bukowina im Norden bis zur Donau im Südwesten führt die Route durch Dörfer, Städte, Wälder und Schluchten.
Daniel Onea und Sorin Georgescu, 05.10.2025, 17:30
Entstanden ist die Idee vor sieben Jahren, erinnert sich der Initiator Alin Ușeriu, Präsident der Wohlfahrtsorganisation „Tășuleasa Social“:
„Am 12. Juni waren es sieben Jahre, seit wir die Via Transilvanica gestartet haben. Es war eine Art Erwachsenwerden für unsere Organisation, und wir wollten unbedingt ein Projekt, das nicht – wie so oft – Angst vor der Zukunft als Antrieb nutzt, sondern unsere Werte. Es war das Hundertjährige Jubiläum der Großen Vereinigung von 1918, und wir stellten uns die Frage: Sind wir wirklich vereint? Können wir etwas Großes, etwas Relevantes schaffen? Heute ist die Via Transilvanica sieben Jahre alt, und ich finde, das Projekt ist uns sehr, sehr gut gelungen.“
Entlang des gesamten Weges markieren Meilensteine aus Andesit den Verlauf – jeder einzelne von Freiwilligen gestaltet. So ist jeder Kilometer auch ein kleines Kunstwerk. Doch das Besondere sind nicht nur die Landschaften und die Steine, sondern die Begegnungen: Gastfreundschaft in Bauernhöfen, regionale Küche, Geschichten, die man nur vor Ort hört.Tibi Ușeriu ist der Bruder von Alin, Extremläufer und Botschafter des Projekts. Wie sieht er das Projekt?
„Es ist sehr unterschiedlich. Man muss nicht erklären, wie Stadt und Land aussehen – aber auf der Via Transilvanica entdeckt man das echte rumänische Dorf, die Menschen, die dort leben. Und ich glaube, um sein Land wirklich kennenzulernen, muss man zu Fuß gehen, die Leute treffen, ihre Geschichten hören, von ihrem Essen probieren. Da merkt man, dass es Dutzende Arten von Suppen gibt. Auch die rumänischen Krautwickel Sarmàle werden auf unzählige verschiedene Weisen gemacht. Nur so erlebt man das Authentische, das wahre Rumänien – etwas ganz anderes, als wenn man eine Stadt besucht.“
Die Vielfalt ist überwältigend: die abgeschiedenen Dörfer im Cerna-Gebirge, die fast unwirkliche Landschaft von Fundătura Ponorului oder die sanften Hügel der Bukowina. Jeder findet seine eigene Lieblingsetappe. Auch Tibi Ușeriu, der wie sein Bruder aus Siebenbürgen stammt, hat seine Lieblingsorte:
„Als ich in die Bukowina kam, war ich überrascht, weil es doch anders war als bei uns. Aber am meisten gefällt mir die Gegend um Ineleț im Cerna-Tal. Dort hatte ich ein wunderbares Gefühl – unglaublich gastfreundliche Menschen und Landschaften, die einem den Atem rauben. Man glaubt kaum, dass es so etwas in Rumänien gibt. Fundătura Ponorului, das Cerna-Tal – das sind für mich echte Herzensorte.“
Doch die Via Transilvanica ist nicht nur ein kulturelles Projekt, sondern auch eine Chance für die Zukunft. Sie bringt Besucher in Regionen, die von Entvölkerung und Aussterben bedroht sind – und schafft neue Perspektiven. Alin Ușeriu über das Konzept:
„Die Via Transilvanica ist kein Tourismus-Brand. Sie wird zwar so wahrgenommen, und das freut mich – aber in erster Linie ist die Route ein soziales Netzwerk, ein lebendiger Kreislauf. Sie bringt etwas zurück, das im ländlichen Raum lange gefehlt hat: Anerkennung. Die Dörfer sind fast vom Verschwinden bedroht, die Abwanderung hat sie entvölkert. Aber genau dort lag immer das Fundament unserer Gesellschaft – der bäuerliche Hof, das Leben in den Bergen. Diese Strukturen wiederzubeleben, das ist entscheidend.“
Warum sollte man also, sei es nur für ein paar Tage, aufbrechen? Weil es mehr ist als Wandern – es ist ein Auftrag, findet Alin Ușeriu:
„Die Via Transilvanica sollte man eher wie einen Auftrag sehen. Am weitesten kommt man zu sich selbst, wenn man zu Fuß geht. Ich habe schon drei lange Wege gemacht – in Spanien, Frankreich und Portugal, einen in Japan, und ich habe auch die Via Transilvanica schon einmal komplett durchwandert. Jetzt bin ich beim zweiten Mal. Das ist die größte Investition, die ich je in mich selbst gemacht habe. Man muss den Weg mit offenem Herzen gehen, ihn entdecken. Das ist auch mein Rat an alle, die uns hören: Geht auf die Via Transilvanica. Ihr werdet nicht nur das Land kennenlernen, sondern auch euch selbst – und das ist wohl das Kostbarste in unserer Zeit.“
Eine Reise auf der Via Transilvanica misst man nicht in Kilometern, sondern in Begegnungen, Erlebnissen und Geschichten. Wer neugierig geworden ist: Unter viatransilvanica.com finden sich alle Informationen – und vielleicht beginnt dort schon die eigene Entdeckungsreise.