Sozialreport: Zensus 2022
Mann für Mann, Frau für Frau, Haus für Haus – am 1. Februar begann in Rumänien der Zensus.
Roxana Vasile, 16.02.2022, 00:56
Die Volkszählung, die alle zehn Jahre stattfindet, ist nicht die einzige in der Europäischen Union. Alle Mitgliedstaaten führen in diesem Jahr ähnliche Erhebungen durch. Die daraus resultierenden Informationen, sollen ein möglichst genaues Bild nicht nur für jedes einzelne Land, sondern auch für die EU insgesamt ergeben. Aufgrund der Coronapandemie wurde der Zensus von 2021 in das Jahr 2022 verschoben.
In Rumänien ist die erste Etappe, vom 1. Februar bis zum 13. März, logistischer Natur. Die Meldedaten aus den Registern der öffentlichen Verwaltung werden dafür genutzt und die für die eigentliche Volkszählung benötigte Datenbank erstellt. Zwischen dem 14. März und dem 15. Mai findet die zweite Etappe — die sogenannte Selbsterhebung — statt, und zwischen dem 16. Mai und dem 17. Juli läuft die dritte Etappe — die Datenerhebung durch rund 25 000 Zählerinnen und Zähler im ganzen Land mittels persönlicher Befragung.
Cătălin Raiu ist Kommunikationsdirektor des nationalen Statistikamtes und spricht über ein Novum bei dieser Erhebung: Zum ersten Mal stehen wir in Rumänien, wie auch in anderen Ländern der Europäischen Union, vor einem ehrgeizigen Vorhaben, wenn ich es so nennen darf: Die Volkszählung wird digitalisiert, das heißt, zum ersten Mal wird in Rumänien kein Papier mehr verwendet. Wir haben zwei digitale Verfahren, die das berühmte Papierformular ersetzen, das die Menschen oder der Volkszähler im Gespräch mit den Menschen ausfüllen mussten. So haben wir die Etappe der Selbsterhebung, in der die Teilnehmer einen Link zum Fragebogen erhalten, den sie selbst ausfüllen können. Es folgt die zweite Etappe — die eines persönlichen Gespräches, dessen Ergebnisse ebenfalls digital registriert werden, in diesem Fall auf Tablet. Mit anderen Worten: Der Zähler besucht die Menschen zu Hause und gibt ihre Antworten direkt auf dem Tablet ein. Die Daten, die bereits durch Selbsterhebung oder durch die Zähler eingegeben wurden, gehen direkt in die Datenbank ein und werden von dort aus weiterverwendet.“
Rumäninnen und Rumänen, die sich für die Selbsterhebung entscheiden, können das Formular von Smartphone, Tablet, Laptop oder Computer aus ausfüllen. Der Fragebogen steht in Rumänisch und den Sprachen der nationalen Minderheiten sowie in Englisch zur Verfügung. Diejenigen, die nicht über ausreichende digitale Kenntnisse verfügen, können Hilfe in den Rathäusern einholen. Arbeitnehmer, die an der Selbsterhebung teilnehmen, haben Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaubstag. Außerdem können Personen, die sich weigern, an der Zählung teilzunehmen, mit einer Geldstrafe belegt werden. Die Behörden setzen jedoch nicht auf Zwang, sondern, im Gegenteil, auf positive Anreize für das bürgerliche Engagement. Sie gehen davon aus, dass der Prozentsatz derjenigen, die sich für eine Selbstauskunft entscheiden, bei etwa 35 % liegen wird.
Cătălin Raiu, erklärt, was bei dieser Volkszählung genau gezählt wird: Die Volkszählung erhebt definitionsgemäß, nicht nur in unserem Land, sondern auch anderswo, die wohnende Bevölkerung, d. h. die Bevölkerung, die sich auf dem Gebiet eines Staates aufhält und bestrebt ist, für einen Zeitraum von 12 Monaten innerhalb der Grenzen dieses Gebiets zu bleiben. Es ist die Eurostat-Methodik, die Methodik der Europäischen Union, und diese kann nicht geändert werden. Nach dieser Volkszählung werden wir also erfahren, wie viele Menschen in Rumänien leben, unabhängig von der Nationalität, unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit. Derzeit schätzt das nationale Statistikamt, dass 3,3 bis 3,4 Millionen Landsleute im Ausland leben. Auf Grundlage der Erhebung, die, wie zuvor erwähnt, fast zeitgleich und auf einer identischen Methodik basierend in der Europäischen Union durchgeführt wird, entnehmen wir aus den in den einzelnen Ländern durchgeführten Zählungen, wie viele Rumänen in den EU-Mitgliedstaaten leben. Mit anderen Worten, wir werden genau wissen, wie viele Rumänen sich außerhalb der Landesgrenzen aufhalten, da wir mit den statistischen Ämtern dieser Länder zusammenarbeiten und Informationen von ihnen erhalten.“
Rumäninnen und Rumänen, die sich weniger als 12 Monate im Ausland aufhalten, können das rumänische Formular ausfüllen, während diejenigen, die sich länger als 12 Monate im Ausland aufhalten, das Formular des Landes ausfüllen können, in dem sie leben.
Europaweit wird die Volkszählung dazu beitragen, die Länder nach ihrer Einwohnerzahl zu klassifizieren. Rumänien liegt derzeit auf Platz 6 in der EU, könnte aber, aufgrund der negativen demografischen Entwicklung in den letzten zehn Jahren, auf den Platz 7 abrutschen. Von der in Rumänien wohnenden und arbeitenden Bevölkerung werden Daten zur Bildung, Religion, ethnischen Zugehörigkeit oder zur Wohnsituation, zum Beruf und Einkommen hoben. Aufgrund dieser wird ein detailliertes Profil der Bevölkerung erstellt. Ziel des Zensus ist es, wesentliche Informationen für die öffentliche, soziale oder wirtschaftliche Politik, für die nachhaltige Entwicklung der Gemeinschaften, für die Wissenschaft oder sogar für Unternehmen bereitzustellen. Der Kommunikationsleiter des nationalen Statistikamtes spricht über den Zweck des Zensus: Die Volkszählung erfasst das soziodemografische Profil der Bevölkerung. Darum geht es — zu wissen, wie die Bevölkerung eines Landes zusammengestellt ist, und zwar anhand von Indikatoren, die von der Berufsausbildung über den Lebensstandard bis hin zum Wohlergehen der einzelnen Berufsgruppen reichen, und weiteres mehr. Es gibt auch Indikatoren, die, sagen wir mal, sensibler oder interessant für bestimmte von der Europäischen Union finanzierte öffentliche Maßnahmen sind, zum Beispiel in Bezug auf die ethnische Zugehörigkeit der Menschen oder Indikatoren, die ausschließlich auf nationaler Ebene sehr relevant sind wie die Religionszugehörigkeit. Und hier muss ich Ihnen sagen, dass eine unserer Strategien gerade auf eine starke Partnerschaft mit Vertretern ethnischer Minderheiten und religiöser Glaubensgemeinschaften abzielt, da es sich dabei der Definition nach um Gemeinschaften handelt, die unmittelbar an einer Maximierung ihrer Mitgliederzahl bei der Volkszählung interessiert sind.“
Die alle zehn Jahre stattfindenden Volkszählungen stellen das einzige Mittel dar, mit dem der Staat wichtige Informationen über die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit der Bevölkerung erhalten kann. Darum werden die Vertreter der nationalen Minderheiten und der 18 religiösen Gemeinschaften in Rumänien bis zum Ende der Volkszählung vom nationalen Institut für Statistik bei der statistischen Erhebung mit eingebunden. Ein erstes Treffen in Form eines Webinars hat bereits stattgefunden.
Die ersten Teilergebnisse der Volkszählung werden gegen Ende 2022 erwartet. Die endgültigen Ergebnisse, sowohl aus Rumänien als auch aus allen EU-Mitgliedstaaten, werden Ende 2023 bekannt gegeben.