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Rumänien im Ersten Weltkrieg: Der Frieden von Buftea-Bukarest

Rumänien sah sich nach dem Kriegsaustritt Russlands genötigt, einen Friedensvertrag anzustreben. Die Sieger zwangen Rumänien dabei schwere Bedingungen auf – und schadeten sich letztendlich selbst.

Rumänien im Ersten Weltkrieg: Der Frieden von Buftea-Bukarest
Rumänien im Ersten Weltkrieg: Der Frieden von Buftea-Bukarest

, 06.03.2017, 17:20

Russlands Kriegsaustritt war ein schwerer Schlag für Rumänien und wurde damals als Verrat empfunden. Die rumänische Armee konnte mit der deutschen Offensive nicht alleine fertig werden, da eine Typhusepidemie viele Soldaten dahingerafft hatte. Zudem stifteten die russischen Soldaten Anarchie — etwa eine Million von ihnen waren der Ideologie des Bolschewismus verfallen. Ein Friedensvertrag schien die einzige Lösung, um zu retten, was überhaupt noch zu retten war. Der Historiker Sorin Cristescu von der Universität Spiru Haret“ in Bukarest spricht über die damalige Lage in Europa.



Der Kriegsaustritt Russlands nach dem gelungenen Staatsstreich der Bolschewiken am 7. November 1917 hat — wie geplant — zu Friedensverhandlungen geführt. Lenin wurde ja von den Deutschen aus der Schweiz gebracht und gelangte über Schweden und Finnland nach Russland, um in einem Staatsstreich die Macht zu übernehmen und einen separaten Frieden anzustreben. Das sollte Deutschland ermöglichen, sich auf die Front in Frankreich zu konzentrieren und den Krieg zu gewinnen. Am 3. März 1918 wurde alsdann der Frieden von Brest-Litowsk geschlossen und dann ist am 7. Mai 1918 der Frieden von Buftea-Bukarest mit Rumänien unterschrieben worden. Es war ein unterjochender Frieden — die Karpatengrenze wurde an Österreich-Ungarn abgetreten, die Dobrudscha wurde zu einem deutsch-bulgarischen Kondominium, Rumänien bekam nur einen Korridor. Das Erdöl wurde für 90 Jahre verpachtet. Wie gesagt: ein Frieden wie eine Knechtschaft.“




Wie der Historiker Sorin Cristescu weiter ausführt, bekam Bulgarien sogar ein Teil der Nord-Dobrudscha zugesprochen, der nie zu dem Land gehört hatte. Die Kontrolle über die Gebirgspässe in den Karpaten übernahm Österreich-Ungarn. Ein schwacher Trost war, dass die Zentralmächte die Vereinigung Bessarabiens mit Rumänien akzeptierten — obwohl diese Zusage nicht vertraglich verankert war. Dahinter stand Kalkül: Die Zentralmächte wollten nicht, dass die Bevölkerung Rumäniens ihnen wegen des Landes- und Ressourcenverlustes allzu feindlich gesinnt war.



Der Vertrag wurde vom rumänischen Parlament im Sommer von 1918 ratifiziert, doch von König Ferdinand niemals in Kraft gesetzt. Glücklicherweise galten die Vertragsbestimmungen nur sechs Monate — Ende Oktober 1918 erklärte die Regierung unter der Führung von Alexandru Marghiloman sie für null und nichtig und Rumänien griff wieder in den Krieg ein. Trotz allen Anscheins war laut Sorin Cristescu der Vertrag von Bukarest nicht ganz so schlecht:



So schlimm die Vertragsbedingungen auch waren, so war der Vertrag von Buftea-Bukarest dennoch ein gro‎ßer diplomatischer Sieg für die Entente. Selbst das deutsche Parlament stellte fest, dass ‚ab dato niemand mit den Deutschen verhandeln kann‘. Die Zentralmächte, ihre Spitzenpolitiker wurden als marodierende Bande blo‎ßgestellt, die Besiegte ausrauben, und die damaligen Diplomaten konnten als Verhandlungspartner nicht mehr ernst genommen werden. Die USA waren in den Krieg eingetreten und die amerikanische Politik besagte, dass der Gegner nie Verhandlungspartner sein wird — der Gegner ist ein gemeiner Straftäter, der vor Gericht gehört. Die Idee, dass die Anführer der Zentralmächte noch mit jemandem verhandeln, war endgültig vom Tisch. In Frankreich gab es damals Plakate, auf denen stand ‚So sieht ein Frieden mit den Zentralmächten aus‘ und ‚Wollen sie Frieden? Gut, aber zunächst müssen wir sie besiegen!‘ Für uns waren die Friedensbedingungen zwar katastrophal, aber für die Deutschen kamen sie aufgrund des Glaubwürdigkeitsverlustes einer gro‎ßen diplomatischen Niederlage gleich.“




Der Historiker behauptet, dass dieser Glaubwürdigkeitsverlust jedoch früher als 1918 eingesetzt hatte.



Das alles kam ja erst 1918. Aber schon 1914 stand auf der ersten Seite der Zeitungen zu lesen, dass der deutsche Kanzler Bethmann-Hollweg auf die englische Kriegserklärung verwundert geantwortet hatte: ‚Wie, wegen eines Fetzens Papier?‘. Alle sagten damals, dass Verträge für die Deutschen nur wertlose Papierfetzen sind. 1831 war nämlich von England, Frankreich und Preu‎ßen der Vertrag unterschrieben worden, der die Neutralität Belgiens garantierte. Nachdem Bukarest am 6. Dezember erobert wurde, schickten die Zentralmächte am 12. Dezember ein nicht sehr klares Friedensangebot an die Entente. Die Antwort kam einige Tage später. Die Entente sagte, dass Frieden au‎ßer Frage stehe, da das Angebot von Leuten kam, die mit einem Sieg innerhalb von drei Monaten prahlten und nach zwei Jahren Krieg einsahen, dass sie ihre Ziele nie erreichen würden. Am Ende standen zwei Friedensverträge von Brest-Litowsk und Buftea-Bukarest, die die deutsche Diplomatie aus dem Kreis möglicher Verhandlungspartner warf. Die französische Parole ‚Vaincre d’abord!‘ (‚Allem voran siegen!‘) setzte sich durch.“




Letztendlich stand Rumänien auf der Seite der Sieger und der Vertrag von Buftea-Bukarest blieb eine unschöne, allerdings lebendige Erinnerung, sagt Sorin Cristescu, Historiker an der Universität Spiru Haret.

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