Wie schmeckt unsere Nostalgie?: Installation“Mamas Kuchenrezepte“ in der Gallerie Celula de Artă
Die Installation der Künstler Ana-Cristina Irian und Cristian Bassa, "Mamas Kuchenrezepte" kann bis Mitte Juni in der Gallerie "Celula de Arta" ("Die Kunstzelle") besichtigt werden.
Ana Nedelea und Ion Puican, 13.06.2025, 15:30
Cristina Irian ist eine bildende Künstlerin, Forscherin und Kuratorin. Sie studierte Soziologie und visuelle Anthropologie und hat einen Doktortitel in visueller Kunst. Cristian Bassa ist Fotograf, Designer und Sammler. Die beiden schlagen eine intime Installation rund um den Küchentisch vor, einen Ort, an dem die handgeschriebenen Kochrezepte der Mütter der Künstler, Familienfotos und die stille Präsenz der Erinnerung zusammenkommen. Die Künstlerin Cristina Irian sagte über ihr Projekt: „Die einfache Freude, in der Küche zu sein und selbstgebackene Kuchen und Kekse zu genießen hat unser Leben als Kinder und Jugendliche stark geprägt. Ich dachte an eine Installation um einen Küchentisch herum. Zu dieser Installation gehören Gegenstände, die bei der Zubereitung von Kuchen um den Küchentisch wirbeln. Ich habe die Küche-Utensilien aus dem Haus geholt, von denen ich wusste, dass sie dabei von Nutzen sind: Becher, Messbecher, ein Sieb, Ausstechformen, ein Mixer. Und im Hintergrund habe ich das unvermeidliche Radio hinzugefügt.
Das ist der Kern der Installation, der in eine Küche eines Wohnblocks aus den 1980er bis 1990er Jahren eingepackt wurde. Die 1980 sind allerdings die Zeit, die wir wieder ins Gespräch bringen wollen. Der Raum wird schnell überfüllt und die Küche umarmt wie eine gute Mutter oder Großmutter die Besucher, die oft zu zweit kommen. Der Tisch bringt uns alle zusammen, mit Liebe und Fürsorge.“ Die Idee, die Kuchenrezepte aus der Kindheit der Künstler in die Kunstinstallation “In der Küche“ zu verwandeln entstand aus einem erlebten Trauma, sagt Cristina Irian: „Die Idee entstand aus der langen und zweischneidigen persönlichen Erfahrung von Verlust und Wiederfinden. Ich beziehe mich auf den Verlust meiner Mutter, der Person, die die Rezepte geschrieben und sie in Kuchen und Geburtstagskuchen für jeden von uns verwandelt hat. Und dass ich später Spuren dieser Momente im Haus wiedergefunden habe. Spuren, die sich in Fotos, Gegenständen oder Briefen materialisieren. Die Rezepthefte enthielten auch geheimnisvolle Zeichnungen, Familienfotos oder andere kleine Notizen. Was uns auffiel, war, dass wir in diesen Rezeptheften einen roten Faden aus unserem eigenen Leben fanden, aber auch aus dem Leben der Menschen, die uns in den sozialen Medien über ihre eigenen Erfahrungen geschrieben haben. Mamas Kochrezepte werden also zu Erinnerungen.“
Cristina Irian spricht als Soziologin und Anthropologin über die Komplexität hinter den einfachen Kochrezepten: „Handgeschriebene Rezepte und Gesten können verschiedene Rollen und Bedeutungen annehmen, je nach dem Platz, den sie im Leben mehrerer Generationen eingenommen haben, und je nach dem Kontext, in dem sie entstanden sind und auf welche Weise sie weitergegeben wurden. Psychologische Studien über Nostalgie durch Geschmack legen nahe, dass bestimmte Geschmäcker und Gerüche emotionale Reaktionen auslösen. In der anthropologischen Forschung über postmemorale und intergenerationale Traumata wird Essen als wichtiger Vektor des kulturellen Gedächtnisses angesehen. Kochrezepte überleben oft die Sprache. Vererbte Gesten, das Mischen von Zutaten, das Probieren und Zubereiten von Speisen werden zu stillen Ritualen der Fürsorge, der Kontinuität. Sie können dazu beitragen, das Gedächtnis zwischen den Generationen zu bewahren, manchmal sogar flüchtig, von den Großeltern zu den Enkeln, je nach den unterschiedlichen Lebensgewohnheiten und Lebenspraktiken. Sie werden zu einem starken Bindeglied, vor allem dann, wenn es eine Kluft oder physische Distanz zwischen Mitgliedern derselben Gemeinschaft oder Familie gibt. FKuchenrezepte können als eine Form der emotionalen Sprache betrachtet werden. Sie hinterlassen Spuren der Liebe, der Fürsorge, der Freundschaft, weil sie auch Beziehungsnetze zwischen Verwandten, Freunden oder Nachbarn aufzeichnen. Ein Rezeptbuch nimmt Sie mit auf eine Reise durch das Leben der Menschen, durch andere Zeiten, aber auch in einen anderen Raum. Man sitzt praktisch mit denen am Tisch, die eine gute Zeit miteinander verbracht haben“.
Die Künstler wollen vor allem mit den Besuchern in Kontakt kommen und nicht nur ihre Erfahrungen präsentieren, sagen Ana-Cristina Irian und Cristian Bassa. „Wir laden gerne die Besucher dazu ein, zu einem kollektiven Archiv von Kuchenerinnerungen, Bildern und Rezepten beizutragen… Wir wollen diese interdisziplinäre Forschung in eine visuelle und sensorische Erfahrung für die Besucher umsetzen und das Essen als Träger von Erinnerung und Identität erforschen.“