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Aufstand der faschistischen Legionäre vor 80 Jahren: Gewalt, Chaos, Mordkommandos

Ende Januar 1941 wüteten paramilitärische Kräfte der rumänischen Faschisten drei Tage lang in Bukarest und anderen Städten des Landes. Ihr Ziel war, durch Chaos und Gewalt die Regierung zu stürzen, um selbst die Macht zu übernehmen.

Aufstand der faschistischen Legionäre vor 80 Jahren: Gewalt, Chaos, Mordkommandos
Aufstand der faschistischen Legionäre vor 80 Jahren: Gewalt, Chaos, Mordkommandos

, 01.02.2021, 17:30

Vor 80 Jahren, vom 21. bis 23. Januar 1941, begannen paramilitärische Kräfte der Eisernen Garde, Rumäniens faschistischer Partei der Zwischenkriegszeit, den Aufstand gegen die von General Ion Antonescu geführte Regierung, die von der Wehrmacht unterstützt wurde. General Ion Antonescu, der auch von Hitler als Verbündeter angesehen wurde, entlie‎ß die faschistischen Legionäre aus der Regierung, nachdem er im September 1940, also viereinhalb Monate zuvor mit ihnen zusammen die Regierung gebildet hatte.



Die unter Beteiligung der Legionäre gebildete Regierung Antonescus behielt die Gesetzgebung von 1938 bei, nach der die Juden die rumänische Staatsbürgerschaft verloren und ihre Geschäfte enteignet und an rumänische Unternehmer vergeben wurden. Die Spannungen zwischen Antonescu und den Legionären begannen Anfang Dezember 1940. Ein Jahr später, 1941, als der Innenminister der Legionäre, Constantin Petrovicescu, aus der Regierung entlassen wurde, schlugen die Spannungen in Stra‎ßenkämpfe um. Die Rebellion bestand aus Angriffen der Legionäre gegen die wichtigsten Institutionen des Staates, wie die Armee und die Gendarmerie, Angriffen auf Synagogen und der Ermordung von 120 Juden. Chaos und Gewalt herrschten für einige Tage in Bukarest und vielen anderen Städten.



Die Historikerin Eliza Campus, die 1999 vom Zentrum für Mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks interviewt wurde, erinnert sich an die damaligen Ereignisse. Als Jüdin hatte Eliza Campus das Glück, von Menschen umgeben zu sein, die den Fanatismus der Legionäre nicht teilten:



Während des Aufstandes wohnte ich in der Stra‎ße, die heute Bela Breiner hei‎ßt, und mein Vermieter war ein Legionär namens Niculescu. Er hatte aber eine gewisses Faible für mich. Hinten gab es ein Reihenhaus und vorne eine Wohnung. Ich sprach mit ihm und fragte ihn, ob er dachte, dass es irgendwelche Razzien geben würde. Er sagte mir, wenn das passieren würde, würde er sagen, dass nur Christen auf seinem Grundstück leben. Und das war’s. Er war ein anständiger Mann. Aber die Legionäre taten meinen Schülern und ihren Eltern schreckliche Dinge an. Und als der Aufstand vorbei war, lebten die Menschen immer noch in Angst. Die Leute gingen normal auf der Stra‎ße herum, es war nichts Besonderes los, aber in den Häusern lebten sie in Angst und wussten nicht mehr, wie sie sich verteidigen könnten. Wir gingen wie immer die Stra‎ße entlang, das tat ich jeden Tag. Aber die Legionäre drangen in die Häuser ein, schnappten sich die Leute, nahmen sie als Geiseln oder töteten sie geradewegs. Mit Gewehren in der Hand übernahmen sie die Schule, in der ich unterrichtete, und führten uns mit vorgehaltener Waffe auf den Hof, alle 800 Schüler. Zum Glück war es ein geräumiger Innenhof. Sie besetzten nur die Schule und lie‎ßen uns auf dem Hof allein. Aber sie haben alle Unterlagen aus der Schule mitgenommen. Am Ende habe ich alles im Staatsarchiv gefunden und konnte sie zurückbekommen.“




Constantin Matei arbeitete als Techniker bei Radio Rumänien und war Leiter der Legionärszelle in dieser Einrichtung, der kleinsten Organisationsform der Faschisten an der Parteibasis. Er war im September 1940 der Eisernen Garde beigetreten. 1994 gab er folgendes Zeugnis ab:



Ich ging zur Arbeit ins Studio. In der Sendung sprach ein Armeesprecher, dann der Vertreter des Ministerrats, dann die Leute von der Legionärsbewegung. Ich wurde in das Büro des Vorsitzenden, des Generaldirektors Mînzatu, bestellt. Ich war dort im Auftrag der technischen Abteilungen. Es war Mitternacht, Ion Antonescu war im Pyjama da, sein Stellvertreter Mihai Antonescu war da, er lehnte an einem Bücherregal und fragte: »Wer hat Ihnen den Befehl gegeben, die Kommuniqués der Legionäre zu senden?« Das fragte er Minzatu, der antwortete: »Sie waren es, Sie haben angeordnet, dass alles, was vom Präsidialamt oder der Legionärsbewegung kommt, gesendet wird.« Und dann sagte Antonescu: »Will [Faschistenführer] Horia Sima mir weismachen, dass das Land auf seiner Seite ist, weil die Arbeiter der Malaxa-Werke hinter ihm stehen? Ich werde Ihnen morgen zeigen, dass die Intellektuellen und die Armee auf der Seite von General Antonescu sind, und damit basta! Keine weiteren Kommuniqués, keine Unruhen! Ihr werdet nur noch das senden, was ihr vom Präsidialamt bekommt!« Ich ging zum Sendeturm in Băneasa, Truppen der Wehrmacht waren da. Ein deutscher Hauptmann, der sehr gut Rumänisch sprach, sagte uns: »Horia Sima hat keine Ahnung von. Es tut mir leid für Sie, gehen Sie Ihrer Arbeit nach, Antonescu hat diese Runde gewonnen.«“




Mihail Baron, ein General der Gendarmerie, wurde 1995 fürs Archiv des Rumänischen Rundfunks aufgezeichnet, als er sich an die Unruhen während des Legionärsaufstandes vom Januar 1941 erinnerte und wie er seine Befehle ausführte:



Am Morgen des 21. Januar begannen sie, die Sitze der lokalen und zentralen Behörden im ganzen Land anzugreifen. Mit dem Vorteil des Überraschungseffekts übernahmen sie das Justizministerium, das Amtsblattbüro und alle anderen zentralen Stellen, wie die Nationalbank, die Nationale Sparkasse und das zentrale Postgebäude. Das Gebäude des Zentralen Rundfunks konnten sie nicht einnehmen. Es gelang ihnen aber, den Radiosender in Bod (nahe Kronstadt) zu besetzen, nicht jedoch in Bukarest, weil dort Gendarmerie-Wachen aufgestellt waren, die sofort reagierten. Und dann, um mit der Bevölkerung und ihren Anhängern kommunizieren zu können, kappten sie das unterirdische Kabel und richteten ein mobiles Studio ein, das in der Hauptstadt herumfuhr und Geschichten verbreitete, wie zum Beispiel dass die Regierung gestürzt worden sei und dass die Legionäre die Macht übernommen hätten. Sie hängten auch Plakate auf. Es waren rote oder gelbe Plakate, einige griffen die Freimaurer an, andere die Kommunisten, um eine angespannte Atmosphäre zu schaffen. Am 21. Januar waren die Stra‎ßen voll von Legionären, die Getöse veranstalteten und »Legionärssieg!« brüllten. Sie blockierten die Stra‎ßen mit Lastwagen, Stra‎ßenbahnen, Bussen, Benzinkanistern, bereit, sie anzuzünden, wenn es nötig gewesen wäre. Am 22. Januar befahl Marschall Antonescu gegen 14 Uhr, nachdem er all diese Grausamkeiten und all die Menschen, die verletzt worden waren, gesehen hatte, der Armee, den Aufruhr zu zerschlagen und die Aufständischen zu verhaften.“




Nach dem Aufstand wurden etwa 8.000 Legionäre verhaftet, angeklagt und verurteilt. Etwa 700 flüchteten nach Deutschland, darunter auch ihr Anführer Horia Sima. In der Folgezeit blieb Ion Antonescu als Alleinherrscher auf der politischen Bühne Rumäniens zurück.

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