Rumäniens Vertretungen am anderen Ende der Welt – die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Australien und Neuseeland
1965 nahm die Sozialistische Republik Rumänien offiziell diplomatische Beziehungen zu Australien und Neuseeland auf. Der internationale Kontext war günstig: Der Diktator Ceaușescu hatte die Beteiligung Rumäniens am Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei, um den sogenannten Prager Frühling um Alexander Dubček zu beenden, abgelehnt. Das hat ihm und dem vermeintlich aufmüpfigen Ostblockland Rumänien für einige Zeit internationales Ansehen gebracht. Der damalige Botschafter in den Ländern am Antipodenpunkt erinnerte sich in einem Zeitzeugeninterview von 1994 an die warmherzige Aufnahme, die er in Australien und Neuseeland erfuhr – auch durch die zumeist regimekritische rumänische Diaspora.

Steliu Lambru und Sorin Georgescu, 16.06.2025, 17:30
In der rumänischen Sprache sagt man „peste mări și țări“ – „jenseits von Meeren und Ländern“, wenn ein Ort oder ein Land wirklich sehr weit weg ist. Australien und Neuseeland sind genau das – denn geografisch betrachtet liegen sie auf der gegenüberliegenden Seite des Globus, am sprichwörtlichen Antipodenpunkt Rumäniens.
Und dennoch unterhält Rumänien diplomatische Beziehungen zu diesen Ländern – auch in Anbetracht einer nicht zu vernachlässigenden rumänischen Community, die dort lebt. Die Geschichte der Rumänen am „Ende der Welt“ beginnt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Öffnung der rumänischen Gesellschaft zur weiten Welt war möglich geworden durch die Gründung des modernen rumänischen Staates im Jahr 1859 – mit all seinen Bildungsinstitutionen und wirtschaftlichen Reformen. Die Menschen hatten neue Perspektiven, neue Mittel – und manche sogar den Traum, ihr Leben in einem ganz anderen Winkel der Erde zu führen.
Laut der Volkszählung von 2021 wurden in Australien über 15 000 Menschen registriert, die in Rumänien geboren wurden, und mehr als 28 000 Australier gaben an, rumänische Wurzeln zu haben. Der erste dokumentierte Fall eines rumänischen Einwanderers datiert auf das Jahr 1886: Vasile Teodorescu, ein Priester aus Galați. In den Jahren zwischen den Weltkriegen kam es zu vereinzelten Auswanderungen – eine nennenswerte rumänische Migration setzte aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein und setzte sich in der Zeit der kommunistischen Diktatur fort. Ein neuer Schub kam dann nach der Revolution von 1989.
Diese stetig wachsende rumänische Gemeinschaft in Australien und Neuseeland rückte schließlich auch in den Fokus der Außenpolitik. 1965 war Ion Datcu Botschafter Rumäniens in Japan – 1968, nur einen Monat nach dem Einmarsch der Sowjets in die Tschechoslowakei, wurde er nach Australien entsandt. 1994 erinnerte er sich in einem Gespräch mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des Rumänischen Rundfunks, wie er in Australien empfangen wurde.
„Die ersten Fragen bekam ich direkt am Flughafen – Journalisten waren da, es war ja gerade erst die Invasion der Tschechoslowakei durch Truppen des Warschauer Paktes passiert – ohne die Beteiligung Rumäniens. Sie fragten mich, ob meine Ernennung etwas mit diesen Ereignissen zu tun habe. Ich erklärte, dass die Entscheidung vorher gefallen sei, aber dass man mir nach der Invasion nahegelegt hatte, meinen Posten möglichst schnell anzutreten. Es herrschte eine unglaubliche Atmosphäre in Australien – man bewunderte Rumäniens Haltung. Ich wurde gefragt, ob wir aus dem Warschauer Pakt ausgetreten seien. Und: Kaum hatte ich mein Beglaubigungsschreiben überreicht, gab die australische Regierung ein Bankett – mit der Beteiligung aller Minister, des Ministerpräsidenten und des Vizepremiers. Es war ein starkes Signal, das werde ich nie vergessen.“
Botschafter Ion Datcu erinnert sich weiter, woraus seine diplomatische Arbeit bestand.
„Zuerst organisierte ich einen Besuch hochrangiger Vertreter Australiens in Rumänien – zunächst auf Vizepremier-Ebene, dann auf Premier-Ebene. Wir wollten, dass auch Australien eine Botschaft in Rumänien eröffnet – das hatten sie bis dahin nicht. Ich traf mich auch mit der rumänischen Community – etwa 5 000 Menschen, viele waren in Handel und Wirtschaft aktiv. Es gab Vorbehalte seitens der Australier – einige Diaspora-Rumänen galten als besonders regimekritisch. Aber ich sagte den Behörden: ‚Was kann mir schon passieren? Ich will nur mit ihnen reden – ich bin nicht das Regime, ich bin Diplomat.‘ Dennoch stellten die australischen Behörden einen diskreten Sicherheitsbeamten in Zivil zur Verfügung. Doch die Menschen kamen in Trachten, mit kleinen Fahnen, mit Kindern. Einer sagte mir: ‚Ich kann Ceaușescu nicht ausstehen – aber Sie sind ein netter Kerl.‘ Ich antwortete: ‚Ihre Meinung über Ceaușescu ist Ihre Sache. Aber was ist mit Rumänien?‘ – Er sagte: ‚Rumänien trage ich im Herzen.‘ – Und ich erwiderte: ‚Genau das zählt.’“
Auch in Neuseeland wiederholte sich die Geschichte, Botschafter Ion Datcu erinnerte sich an seine Ankunft in Wellington.
„Beim Landeanflug hieß es, auf dem Flughafen ginge eine Demonstration vonstatten – ich dachte sofort an Eier und Tomaten, die mir gleich um die Ohren fliegen würden. Aber es waren wiederum Rumänen mit Fahnen, freundlich und aufgeregt, weil sie einen Repräsentanten Rumäniens sehen wollten – nicht des Regimes. Sie alle waren zwar gegen Ceaușescu – aber sie waren stolz auf ihr Herkunftsland und dessen Ansehen in jener Zeit.“