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Reformer der Phanariotenzeit: Die Verfassung des Konstantinos Mavrokordatos

Die erste Phanarioten-Familie, die in den rumänischen Gebieten regierte, war die der Mavrokordatos. Constantin Mavrocordat war ein Reformator und ihm verdankt die erste Verfassung im rumänischen Raum.

Reformer der Phanariotenzeit: Die Verfassung des Konstantinos Mavrokordatos
Reformer der Phanariotenzeit: Die Verfassung des Konstantinos Mavrokordatos

, 14.01.2019, 17:30

1735 begann Constantin Mavrocordat als Herrscher der Walachei Reformen durchzusetzen, die von den österreichischen Reformen in der besetzten Nachbarregion Oltenien beeinflusst waren. Österreich hatte 1718 die sog. Kleine Walachei (rum. Oltenia) annektiert. Auf Mavrocordats Initiative hin werden einige indirekte Steuern abgeschafft und eine allgemeine Abgabe eingeführt, die in vier Raten gezahlt werden konnte. Er entlastet ferner die Bauern, indem er ihnen das Recht einräumt, durch Zahlung einer Rücknahmegebühr von einem Gut auf ein anderes zu ziehen. 1735 beteiligt er sich an der Gründung der ersten Freimaurerloge in Iaşi (Jassy), in der Moldau. Während der anschlie‎ßenden Regierungszeiten schafft er 1746 die Leibeigenschaft in der Walachei ab und dann 1749 auch in der Moldau.



Im Interview mit Radio Rumänien sprach Historikerin Georgeta Filiti von der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Phanarioten, der Zeit von Constantin Mavrocordat. Sie sagt, es sei eine Zeit der versuchten Reformen nach Vorbild der französischen Aufklärung gewesen.



Der französische Einfluss wird durch die Menschen ausgeübt, durch Abonnements von Zeitungen, durch Bücher aus dem Westen, durch Waren aller Art. Und auf einmal landet auch der »Mercure de France« hier. Diese Zeitschrift veröffentlicht 1746 eine Art Verfassung von Constantin Mavrocordat. Interessanterweise wirft er die Frage der sozialen Befreiung lange vor der französischen Revolution auf. Mit anderen Worten wird die Abhängigkeit der leibeigenen Bauern in der Walachei aufgehoben. Es gelten allerdings nach wie vor viele andere Abgaben, die Steuerlast für die Bauern besteht aus 43 Gebühren, aber man setzte sich wenigstens mit dem Thema auseinander. Das ist sehr wichtig. Diese befreienden Vorstellungen von sozialer Gleichheit sind jedenfalls kein Neuland.“




Constantin Mavrocorat war zweifellos ein raffinierter Intellektueller. Aber auch ein guter Politiker, der die Richtung ahnte, in die sich die Welt zu seiner Zeit bewegte, erklärt Georgeta Filiti.



Der Mann liest sehr viel, der Mann studiert, er fühlt Europa auf den Puls und erkennt sehr gut, worauf die Gesellschaft zusteuert. Das ist die Pflicht eines Politikers, der in eine Führungsposition gelangt, eine Person, die für das Schicksal einer grö‎ßeren oder kleineren sozialen Gruppe verantwortlich ist. Hier, im rumänischen Raum, verfolgen die phanariotischen Fürsten, die im Grunde griechische Beamte im Dienste des Osmanischen Reiches sind, einige Ziele: die Befreiung der Christen unter türkischer Herrschaft und die sog. »megali idea«, die Hauptidee von der Wiederherstellung des Byzanz, die Wiederherstellung eines griechischen Reiches christlicher Prägung. Und das geschieht nicht nur, indem man gemütlich zu Hause bleibt, sondern durch ständiges Dazulernen und Handeln. Die Phanarioten spielten auch für sie und das Osmanische Reich eine au‎ßergewöhnliche Rolle, nämlich die Verwendung von Informationsquellen. Im Klartext: Sie hatten Spione an allen europäischen Höfen. Sie waren also sehr gut informierte Leute und wussten genau, in welche Richtung sich die Welt bewegte. Hier in unserer Region ist für weitere hundert Jahre die sogenannte orientalische Frage aktuell, das ist der Machtkampf an der unteren Donau. Die Türken waren sehr stark, die Russen bekämpften sie, etwas weiter in Europa befand sich das österreichische Reich.“




Constantin Mavrocordat hatte eine beeindruckende Bibliothek, die vom Kloster Văcăreşti, der Stiftung seines Vaters, Nicolae Mavrocordat, beherbergt wurde. Dort kam er in Kontakt mit den Schriften von Montesquieu, Diderot, Voltaire und den anderen französischen Aufklärern, berichtet die Historikerin Georgeta Filiti.



Es gibt indirekte Zeugnisse von dem, was er schreibt, von dem, was er tut, wie Mavrocordat sich verhält, weil er kein Tagebuch geführt hat, in dem er seine Lektüren hätte vermerken können. Diese Bibliothek in Văcăreşti ist angesichts der Manuskripte, die sie beherbergte, bemerkenswert. Aus den wenigen Zeugnissen von Zeitgenossen erfahren wir, wie lange er sich in der Bibliothek aufhielt. Es gibt einige zusätzliche Zeugnisse, aus denen wir ganz klare Schlussfolgerungen ziehen können: Er organisiert die ländliche Bildung, ist für die Verwaltungseinheiten des Landes zuständig, die er nach Kreisen unterteilt, wobei jeder Landkreis seine eigenen Herrscher bekommt, die sog. »ispravnici«. Das hei‎ßt, diese legen Steuern fest. Das Gesetz, so streng es auch war, war Gesetz, kein Gesetz hätte Gesetzlosigkeit bedeutet. Die Dinge beginnen sich einigerma‎ßen zu legen. Mavrocordat ist Grieche, fängt aber an, Rumänisch zu lernen, und diejenigen, die sich beim ihm einschmeicheln wollen, indem sie ihn auf Griechisch ansprechen, haben keinen Einfluss mehr. Er fordert die Klientel auf, mit der er aus Konstantinopel gekommen war, die Landessprache zu lernen.“




Während des russisch-österreichischen-türkischen Krieges von 1736–1739 erhält Constantin Mavrocordat die Provinz Oltenien von Österreich zurück. 30 Jahre später, 1769, wird Constantin Mavrocordat während eines weiteren russisch-türkischen Krieges in Galaţi gefangen genommen und stirbt im Alter von 58 Jahren, von einem russischen Soldaten getötet. Der wichtigste rumänische Reformator des 18. Jahrhunderts ist in Iaşi begraben.

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