Medizinische Versorgung auf Rädern: die Ärztekarawane
In Rumänien ist die medizinische Versorgung in benachteiligten Regionen – insbesondere in ländlichen Gebieten – mangelhaft bis inexistent. So etwa gibt es in 53 % der rumänischen Ortschaften nicht genügend Hausärzte. Die neuesten Statistiken zeigen, dass es auch bei der Zahl der Hausarztpraxen ein ausgeprägtes Ungleichgewicht zwischen ländlichen und städtischen Gebieten gibt. So etwa sind in städtischen Gebieten rund 6 300 Praxen angemeldet, während es auf dem Land nur 4 100 Arztpraxen gibt.
Christine Leșcu und Sorin Georgescu, 15.05.2024, 17:54
Die NGO „Save the Children“ hat bei ihren Bemühungen, Müttern und ihren Kindern zu helfen, festgestellt, dass 34 % der schwangeren Frauen in ländlichen Gebieten während der Schwangerschaft keinen Gynäkologen aufgesucht haben, und 50 % von ihnen gaben an, dass Tests, Ultraschalluntersuchungen und Konsultationen nicht kostenlos waren. Wie kommt es zu dieser Situation? Silvia Burcea, Programmkoordinatorin bei „Save the Children“, hat einige Antworten.
„Es gibt eine Kombination von Faktoren. Wir sprechen hier von bedürftigen Menschen, die mit Armut konfrontiert sind und die einerseits nicht zum Arzt gehen können, weil sie in Orten leben, die Dutzende von Kilometern vom ersten Bezirkskrankenhaus entfernt sind. Es sind Ortschaften, in denen es keinen regelmäßigen Bus- oder Zugverkehr gibt, der es ihnen ermöglichen würde, zum Bezirkskrankenhaus zu gelangen. Und diese Menschen haben auch keine Mittel, um einen privaten Transport zu bezahlen. Wir sprechen auch von Menschen, die keine sanitäre Erziehung haben oder noch nie einen Arzt aufgesucht haben. Wir haben Fälle von schwangeren Frauen, die in ihrer sechsten Schwangerschaft noch nie zu einem Check-up, einer Untersuchung während der Schwangerschaft gegangen sind.“
Zu dieser Kombination von Faktoren kommen noch andere Ursachen hinzu, die mit der Art und Weise zusammenhängen, wie der Arztberuf in Rumänien ausgeübt wird. Der Arzt Mihai Ranete gibt uns eine Insiderperspektive.
„In den ländlichen Gebieten liegt der Schwerpunkt, und das ist bis zu einem gewissen Grad auch richtig, auf der Hausarztmedizin, aber wir müssen verstehen, dass in den dort auch Menschen leben, die fachärztlichen Rat brauchen. Es gibt auch einen Mangel an Hausärzten, denn in den meisten Gemeinden und Dörfern in Rumänien haben wir nur auf dem Papier einen Hausarzt. In Wirklichkeit muss ein Arzt oft eine ziemlich große Zahl von Patienten behandeln oder viele Kilometer auch in andere Ortschaften fahren. Abgesehen davon gibt es auch einen ziemlich großen Mangel an Fachärzten, und hier meine ich nicht nur ländliche Gebiete, sondern auch Städte. Es gibt Landkreise, in denen es keinen Facharzt für Kinderheilkunde gibt, und es gibt weitere Landkreise, in denen es nur einen oder zwei Fachärzte für Gynäkologie gibt. Daher neigen Ärzte dazu, in Städten zu bleiben, weil sie hier mehr Ressourcen zur Verfügung haben. Dies ist ein Nachteil für die Patienten, die in ein großes Krankenhaus fahren müssen, um medizinische Versorgung in Anspruch nehmen zu können. Und das ist in armen Gemeinschaften problematisch, weil viele Menschen dort sich nicht einmal eine Fahrkarte für das nächste Krankenhaus leisten können, um eine gynäkologische oder pädiatrische Beratung in Anspruch zu nehmen.“
Aus diesem Grund hat Mihai Ranete zusammen mit fünf anderen Kollegen den Verein „Die Ärztekarawane“ ins Leben gerufen. Ihre Hilfe besteht in der Einrichtung mobiler Arztpraxen, die mit Ausrüstung und spezialisierten Ärzteteams durch die Dörfer Rumäniens ziehen. Mihai Ranete mit Einzelheiten:
„Die Karawanen haben derzeit drei Hauptrichtungen. Die erste ist der Herz-Kreislauf-Pathologie für erwachsene Patienten gewidmet, und wir zielen auf die häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen ab. Die Ärzte vor Ort sind mit Hilfe von Geräten in der Lage, einen echten Krankenhaustag im Dorf durchzuführen. Die zweite Karawane ist der Gesundheit von Frauen gewidmet. Hier gibt es auch eine wichtige pädagogische Komponente, da wir uns auf die Brustgesundheit konzentrieren. Es wird ein Brust-Ultraschall durchgeführt. Die Patientinnen erhalten Gutscheine für eine Mammographie im nächstgelegenen Zentrum in ihrer Umgebung. Wir führen gynäkologische Beratungen durch und geben am Ende einige konkrete Antworten auf die Fragen der Patientinnen. Die Unterstützung von »Save the Children« ermöglicht es uns derzeit, die gynäkologische Beratung zu vertiefen. Die drei mobilen Einheiten sind dafür geeignet und bieten uns einen sicheren und legalen Rahmen, um diese Dienste auch in der Nähe einer Schule oder in einem Bergdorf anzubieten. Nicht zuletzt gibt es die pädiatrische Karawane, die sich um die jüngsten Patienten kümmert – die Kinder. Auch hier gibt es eine wichtige pädagogische Komponente, die sich auf zahnmedizinische Aspekte konzentriert. Den Kindern wird beigebracht, was Karies ist und was richtige Zahnhygiene bedeutet. Dazu gibt es eine Beratung, und zum anderen gibt es pädiatrische Sprechstunden mit einer umfassenden Untersuchung.“
Und vor kurzem hat die Ärztekarawane eine wichtige Hilfe durch die Partnerschaft mit der Organisation „Save the Children“ erhalten, die drei weitere mobile Einheiten zur Verfügung stellte, wie wir von der Programmkoordinatorin Silvia Burcea erfahren.
„Die drei mobilen Einheiten sind eigentlich medizinische Büros auf Rädern. Sie sind mit medizinischem Mobiliar ausgestattet, verfügen über Ultraschallgeräte mit drei Sonden und bieten einen sicheren und legalen Raum. Mit diesen Wohnwagen können wir abgelegene Gebiete erreichen, in denen es keine Arztpraxen gibt, um diese Beratungen durchzuführen. Es ist sehr wichtig zu erwähnen, dass wir echte Netzwerke um diese medizinischen Einheiten herum aufbauen. Wir sprechen hier von Partnerschaften mit lokalen Behörden, Teams von Sozialarbeitern, Krankenschwestern, die die Gemeinden zunächst aufsuchen und einordnen, um problematische Fälle zu identifizieren, die wirklich dringend Hilfe benötigen. Und natürlich helfen auch multidisziplinäre Teams von Fachärzten.“