„Bare Rroma“ – Wie Kinderbücher von Roma-Autoren Vorurteile abbauen und neue Vorbilder schaffen
In Rumänien setzt sich eine Organisation seit Jahren dafür ein, dass Kinderbücher die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln. Die Asociația Cu Alte Cuvinte – auf Deutsch etwa „Mit anderen Worten“ – wurde 2016 von Gabriela Nenciu und Cris Pîrvu gegründet und hat inzwischen zahlreiche Projekte realisiert, die Kindern und Erwachsenen die Kultur und Geschichte der Roma näherbringen. Ihr mehrfach ausgezeichnetes Projekt „Bare Rroma“ – was in der Sprache der Roma „große“ oder „bedeutende Menschen“ heißt – wurde in diesem Jahr mit dem Kulturpreis von Radio România in der Kategorie Bildung geehrt.
Corina Sabău und Alex Sterescu, 08.11.2025, 17:03
Die Vereinigung Cu Alte Cuvinte verfolgt seit ihrer Gründung ein klares Ziel: mehr Vielfalt in die Kinderbuchwelt zu bringen. In den letzten Jahren entstanden durch ihre Projekte Bücher, die Themen wie Behinderung, Familienvielfalt, Geschlechterrollen oder soziale Ungleichheit aufgreifen. Ein wichtiger Schritt war 2018 die Veröffentlichung des ersten Jugendbuchs mit Roma-Hauptfiguren – Povestea kendamei pierdute, „Die Geschichte des verlorenen Kendamas“, das den Preis des rumänischen Schriftstellerverbands gewann. Es folgten Inelul cu cap de cal („Der Ring mit Pferdekopf) – die erste illustrierte Geschichte der Roma für Kinder – und schließlich die Serie Bare Rroma, die das Leben herausragender Persönlichkeiten der Roma-Gemeinschaft vorstellt.
Projektkoordinatorin Dora Cerin erinnert sich an die Anfänge und beschreibt den Entwicklungsprozess:
„Es ist in erster Linie ein sehr schöner Prozess. Insgesamt sind 19 illustrierte Bücher entstanden, davon 13 mit Roma-Figuren. Die meisten richten sich an Kinder ab fünf Jahren, aber es gibt auch ein Buch für Jugendliche, sodass wir inzwischen auch Lehrkräfte aus der Sekundarstufe ansprechen.
Anfangs haben erfahrene Autorinnen und Autoren Geschichten entwickelt, die von Begegnungen mit Kindern inspiriert waren. Seit 2022 wollten wir aber jungen Roma-Autorinnen und -Autoren selbst eine Plattform bieten, um zu schreiben und zu debütieren. Genau darauf setzt auch das mehrfach ausgezeichnete Projekt Bare Rroma: die meisten Autorinnen und Autoren sind Debütanten. Bei der letzten Ausschreibung haben sich mehrere junge Roma beworben, und wir haben acht von ihnen ausgewählt.“
Inzwischen ist Bare Rroma in seiner zweiten Auflage erschienen. Vier neue Bücher erzählen die Lebensgeschichten einer Sopranistin, einer Schauspielerin, eines Malers und eines Soziologen – alles Roma, die mit ihrem Talent, ihrer Ausdauer und Großzügigkeit inspirieren. Schon die erste Ausgabe hatte vier Porträts gezeigt: zwei Aktivistinnen, einen Schauspieler und einen Musiker.
Das Projekt will nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Integration fördern. Eine von der Organisation initiierte Online-Studie ergab, dass sieben von zehn Lehrerinnen und Lehrern angeben, ihre Roma-Schüler würden ihre ethnische Zugehörigkeit aus Angst vor Diskriminierung oder aus Scham nicht offenlegen.
Über die Entstehung und Wirkung des Projekts erzählt noch einmal Dora Cerin:
„Das ist unser liebstes Projekt – und es unterscheidet sich von früheren, bei denen wir einfach die Entstehung von Geschichten begleitet haben. Bare Rroma geht auf eine Idee einer Lehrerin zurück, die darauf hinwies, dass es kaum geeignetes Material gibt, um Kindern positive Roma-Vorbilder näherzubringen.
Diese Initiative wurde von Lehrkräften und der breiten Öffentlichkeit sehr gut aufgenommen.
Besonders wichtig war, dass Roma-Autoren selbst beteiligt waren und dass die Bücher auf Interviews mit den porträtierten Persönlichkeiten basieren. Daraus sind sehr bewegende Begegnungen entstanden. Die Auswahl der dargestellten Menschen lag übrigens ganz bei den jungen Autorinnen und Autoren – wir als Verein haben da nicht eingegriffen. Und auch die Arbeit mit Schulklassen war besonders spannend, weil einige Kinder ihre Helden aus den Büchern bereits kannten und sie als Vorbilder sahen.“
Bisher gingen die Bücher der Organisation vor allem an Schulen und Bibliotheken. Doch inzwischen ist es gelungen, auch in Buchhandlungen präsent zu sein – mit der ersten illustrierten Kindergeschichte eines Roma-Autors, gedacht für Kinder ab vier Jahren: „Bariș. Im Gespräch mit dem Regen“.
Das Buch stammt vom Lehrer und Erzähler Alexandru Zamfir, illustriert von Daniela Olaru, und lädt Kinder dazu ein, über ihre eigene kulturelle Identität nachzudenken – spielerisch, poetisch und voller Farbe.