Kognitive Kriegsführung: die große Herausforderung der Welt von heute.
Sicherheit ist ein Thema, das im Alltag immer mehr an Bedeutung gewinnt, und zwar nicht nur im militärischen Sinne, sondern in einem viel breiteren Spektrum, denn die Realität der letzten Jahre zeigt uns, dass moderne Kriege nicht mehr nur mit Panzern und Flugzeugen geführt werden.
Corina Cristea, 03.10.2025, 15:17
Der Krieg in der benachbarten Ukraine hat Auswirkungen, die weit über die Front hinausgehen. Es handelt sich um einen hybriden Krieg, der traditionelle Methoden mit Taktiken kombiniert, die darauf abzielen, die Wahrnehmung, das Vertrauen und die Weltanschauung zu beeinflussen. Was derzeit geschieht sei sogar mehr als ein hybrider Krieg, sagt der Universitätsprofessor Iulian Chifu, Beobachter für Außen- und Sicherheitspolitik: „Was wir jetzt konkret beobachten ist eine Intensivierung und Diversifizierung der Bedrohungen. Sie führen, wie erwartet, zu einem grundlegenden Wandel, denn vor einem Jahrhundert sprachen wir noch von Zusammenstößen zwischen Armeen, nach denen sich Staaten mit ihren Institutionen und Ressourcen gegenüberstanden, später gab es hybride Kriege und Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaften oder Angriffe auf Gesellschaften. Heute haben wir mit einem breit angelegten Krieg zu tun, einem sogenannten Full-Spectrum Warfare.
Das heißt verschiedene Instrumente werden eingesetzt, sowohl militärische als auch zivile und sogar harmlose, die jedoch gut orchestriert sind, sodass dies negative Auswirkungen hat, militärische oder in jedem Fall sicherheitsrelevante Ziele erreicht und den Sicherheitszustand verändert. Wir müssen uns auf diese Variante vorbereiten, auf die Welt von morgen, wie wir sie schon nennen können. Wir werden mehrere Instrumente und Bedrohungen bewältigen müssen und das können nicht mehr nur die Staaten und ihre Institutionen machen. Sie müssen dies gemeinsam mit ihren Gesellschaften tun, egal ob Nichtregierungsorganisationen, private Unternehmen oder Bürger.” Als NATO und EU-Land, genießt Rumänien solide Garantien, doch die öffentliche Wahrnehmung ist manchmal von einem Gefühl der Unsicherheit geprägt. Das sei auch dadurch zu verstehen, dass wir mit einer kognitiven Kriegsführung zu tun haben, also mit der bewussten Beeinflussung von Wahrnehmung, Emotionen, Denken und Verhalten von Menschen. Durch bestimmte Botschaften werden Ängste geschürt, Misstrauen gegenüber Institutionen gepflegt und Spaltungen in der Gesellschaft ausgenutzt.
Das Gefühl der Unsicherheit wird so zu einem strategischen Instrument. Neben der militärischen Unsicherheit, die in einem bewaffneten Konflikt offensichtlich ist, gibt es noch weitere Arten von Unsicherheit. Wir sprechen von wirtschaftlicher Unsicherheit, wenn beispielsweise die Preise unter dem Druck eines Krieges an der Grenze steigen, von sozialer Unsicherheit, wenn das Misstrauen gegenüber Menschen zunimmt, aber auch von Informationsunsicherheit, wenn man nicht mehr weiß, was Wahrheit und was Manipulation ist. Daraus ergibt sich ein Gefühl der Verletzlichkeit, das eine Gesellschaft stark prägen, soziale Spannungen und sogar wirtschaftliche Blockaden hervorrufen kann. Kurz gesagt, es handelt sich um eine subtile Waffe, die sich jedoch als sehr wirksam erweisen kann. Angesichts dieser Herausforderungen bedeutet Verteidigungsstrategie nicht mehr nur Truppen und Waffen, sondern auch eine koordinierte Reaktion auf gesellschaftlicher Ebene. Dafür ist ein aktives und bewusstes Engagement auf individueller und kollektiver Ebene erforderlich. Und das wird durch Bildung aufgebaut. Was bedeutet das konkret? Norwegen beispielsweise hat es durch massive Investitionen in die zivile und militärische Ausbildung und die enge Zusammenarbeit zwischen der Zivilbevölkerung und den Behörden geschafft, sich an regionale Bedrohungen anzupassen, ein stabiles Gleichgewicht aufrechtzuerhalten und seine nationale Sicherheit zu stärken.
Iulian Chifu erläutert: „Der Bildungsaspekt ist sehr wichtig, konkret: es gibt einige Elemente, die in den Schulen eingeführt wurden und die sich mit dem Erlernen von Konzepten im Zusammenhang mit Informationskrieg, Desinformation, Fake News und Fälschungen befassen. Das reicht natürlich nicht aus, denn der Aggressor erfindet immer mehr Instrumente. Wenn es um Russland geht, gibt es dort keine moralischen oder demokratischen Grenzen. Nun, wir müssen uns mit den Instrumenten demokratischer Staaten darauf vorbereiten, dem entgegenzuwirken. Und das ist schwierig, es braucht Zeit, Bildung, strategische Kommunikation und den Aufbau von Vertrauen zwischen Entscheidungsträgern, Führungskräften, politischen Führern, Leitern verschiedener institutioneller Strukturen und Bevölkerungsgruppen.” Das ist nicht einfach, vor allem in Krisenzeiten, sagt Iulian Chifu, aber wir alle müssen sorgfältig darüber nachdenken, was wir mit unserer Sicherheit tun.