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Drogenbekämpfung: Ist die Verschärfung der Gesetzgebung der richtige Ansatz?

In Rumänien hat in den letzten Jahren laut Behördenangaben und Medienberichten der Drogenkonsum – insbesondere unter Jugendlichen – gefährliche Ausmaße angenommen.

Drogenbekämpfung: Ist die Verschärfung der Gesetzgebung der richtige Ansatz?
Drogenbekämpfung: Ist die Verschärfung der Gesetzgebung der richtige Ansatz?

, 25.10.2023, 17:30



RadioRomaniaInternational · Drogenbekämpfung: Ist die Verschärfung der Gesetzgebung der richtige Ansatz?



Am 12. Oktober hat der rumänische Präsident Klaus Iohannis den Obersten Rat für Nationale Verteidigung einberufen. Auf der Tagesordnung stand die Frage des Drogenkonsums unter Jugendlichen und Schulkindern, die zum ersten Mal in der Geschichte dieser Behörde als gro‎ßes Risiko für die individuelle und nationale Sicherheit eingestuft wurde. Der Oberste Verteidigungsrat beschloss daraufhin die Gründung einer interinstitutionellen Arbeitsgruppe zur Prävention und Bekämpfung der Gefahren, die vom Drogenhandel und Konsum verbotener Substanzen ausgehen. Die Arbeitsgruppe setzt sich aus Staatssekretären, Vertretern des Nachrichtendienstes (SRI), Staatsanwälten und Fachleuten zusammen und soll einen Aktionsplan mit klaren Ma‎ßnahmen und Zielen ausarbeiten.



Anlässlich der feierlichen Eröffnung des neuen Schuljahres Mitte September hatte Staatspräsident Iohannis in seiner Ansprache bereits auf das besorgniserregende Problem des zunehmenden Drogenkonsums unter Jugendlichen verwiesen.



Es ist ein Problem, das unsere Gesellschaft zunehmend beunruhigt, und ich freue mich, dass das Interesse an der Suche nach Lösungen zur Bekämpfung dieser Gei‎ßel der Menschheit wächst. Gleichzeitig möchte ich betonen, wie wichtig ein präventives und verantwortungsvolles Verhalten ist. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die junge Generation von klein auf die Gefahren und dramatischen Folgen von Drogen-, Alkohol- und Tabakkonsum versteht.“




Eine erhöhte Aufmerksamkeit erhielt die Problematik des Drogenkonsums unter Jugendlichen nach einem tragischen Unfall, der sich im Sommer in der Nähe eines bekannten Ferienorts am Schwarzen Meer ereignete. Ein 19-Jähriger Autofahrer unter Drogeneinfluss hatte die Kontrolle über seinen Wagen verloren und daraufhin zwei jugendliche Fu‎ßgänger mit tödlichen Folgen überfahren sowie drei weitere verletzt. Die Aufsichtsbehörde des Innenministers hatte nachträglich eine Reihe von Unregelmä‎ßigkeiten bei der Verkehrspolizei festgestellt, die den Unfall begünstigt haben sollen. Bei einer Routinekontrolle kurz vor dem Unfall waren im Auto des mutma‎ßlichen Täters Drogen gefunden worden, doch die sich im Einsatz befindenden Verkehrspolizisten hatten keine Drogentests dabei und lie‎ßen den Jugendlichen nach Protokollierung des Fundes weiterfahren. Das Ereignis schlug wochenlang hohe Wellen in den Medien und löste emotionale Debatten aus.



Die Politik und die Behörden reagierten am Anfang entweder unbeholfen oder mit drastischen wie unrealistischen Forderungen. Zunächst wurde erwogen, Drogentests unter Schülern beim Betreten des Schulgeländes per Gesetz zu veranlassen, eine Idee, die inzwischen verworfen wurde. Es gibt auch Pläne, die Stra‎ßenverkehrsordnung zu verschärfen oder ein Register von Personen zu erstellen, die gegen die Drogengesetzgebung versto‎ßen haben. Nebst der Erhöhung der Haftstrafen für die Anstiftung zum Drogenkonsum schlägt das Innenministerium vor, Fahrzeuge zu beschlagnahmen, die für den Drogenhandel genutzt oder in denen Drogen gefunden werden. Beschlossen wurde bereits die Erhöhung der Stellenanzahl beim Dezernat für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus (DIICOT). Das Dezernat soll künftig auf insgesamt 50 Stellen ausgebaut werden, darunter 25 Staatsanwälte allein für die Drogenbekämpfung. Zu guter Letzt schlägt ein Gesetzesentwurf in der Abgeordnetenkammer vor, dass die Haftstrafen für Drogenhandel nicht mehr auf Bewährung ausgesetzt werden können. Warum man mehr auf repressive Ma‎ßnahmen und eine Verschärfung der einschlägigen Gesetzgebung statt auf Prävention setzen will, erklärt Justizministerin Alina Gorghiu:



Bislang sah das Gesetz eine Geldstrafe, eine Freiheitsstrafe oder eine Bewährungsstrafe vor. Man muss jedoch verstehen, dass diese Änderung angesichts des Anstiegs der Zahl der Fälle im Bereich des illegalen Drogenhandels im Jahr 2023 absolut notwendig ist. So wurden in diesem Jahr allein bis Ende September 22 000 Straftaten im Zusammenhang mit Drogen registriert, im Vergleich zu 18 000 im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Es ist schwierig festzuhalten, wie viele davon den Drogenhandel und wie viele den Konsum betreffen, denn es handelt sich um ein komplexes Thema. Aber ich denke, es ist sehr wichtig zu verstehen, dass Drogenhandel auch mit Konsum einhergeht. Je mehr Drogenhandel es gibt, desto mehr Konsum gibt es auch. Um den Konsum einzudämmen, muss man also Hebel finden, um den Drogenhandel einzuschränken, unabhängig davon, ob es sich um weniger gefährliche oder um sogenannte Hochrisiko-Drogen handelt. Die strengere Gesetzesvorlage besagt, dass die Drogendealer künftig härter zur Verantwortung gezogen werden müssen, in dem Sinne, dass es keine Bewährungsstrafen mehr für den illegalen Handel mit risikoreichen Drogen geben wird. Bei rechtskräftigen Verurteilungen werden die Dealer die Strafen absitzen müssen.“




Doch sind die Vorstö‎ße zur Verschärfung des Rechtsrahmens geeignet, das Problem an der Wurzel zu packen? Der Kriminologe Vlad Zaha vermutet puren Aktionismus dahinter und meint, dass man dadurch eher die Millionen von Drogenkonsumenten als die Dealer bestraft, was seiner Ansicht nach ein falscher Ansatz sei.



Ich glaube nicht, dass Rumänien unbedingt mehr Staatsanwälte oder härtere Gesetze braucht, denn wir haben mitunter einige der schärfsten einschlägigen Gesetze in der Europäischen Union. Vielmehr haben wir ein gro‎ßes Problem mit der Ressourcen-Effizienz. Bei ihren Ermittlungen konzentrieren sich Polizisten oder Staatsanwälte zu 80 % auf den Konsum, und nicht auf den Drogenhandel. Genau das ist das Problem! Sicherlich ist es zu begrü‎ßen, dass die Dinge sich bewegen, wenn es ein bisschen öffentlichen Druck gibt. Wir haben ja gerade in den letzten Wochen gesehen, wie viele illegale Cannabis-Gewächshäuser entdeckt und dass grö‎ßere Mengen an Drogen sichergestellt wurden. Doch diese jüngsten Erfolge im Kampf gegen Drogen sind meines Erachtens ausschlie‎ßlich auf den öffentlichen Druck zurückzuführen. In den letzten zwei Jahren gab es hingegen nicht so viel und so medienwirksam zu melden, um das genaue Ausma‎ß des Phänomens Drogenhandel und -konsum zu eruieren. Schätzungen zufolge beläuft sich das Volumen des Drogenmarktes in Rumänien auf mehr als 250 Millionen Euro pro Jahr.“




Das Drogenproblem wird nicht in zwei Monaten, fünf Monaten, einem Jahr oder zehn Jahren verschwinden — da sind sich alle Akteure einig. Wichtig ist, dass das Thema Konsum von verbotenen Substanzen ganz oben auf der öffentlichen Agenda bleibt. Dies gilt umso mehr, als laut offiziellen Statistiken 10 % der erwachsenen Rumänen mindestens einmal Drogen konsumiert haben. Unter Jugendlichen sollen es sogar 20 % sein. Und das Durchschnittsalter der Erstkonsumenten liegt mittlerweile bei 10 bis 14 Jahren.

(foto: Anqa / pixabay.com)
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