Jeder Fünfte in Rumänien von Armut bedroht – EU plant neue Strategie bis 2050
Armut bleibt ein drängendes soziales Problem – in Rumänien ebenso wie in der gesamten Europäischen Union. Neue Zahlen des Nationalen Statistikamts zeigen, dass fast jeder Fünfte in Rumänien im vergangenen Jahr armutsgefährdet war. Auch auf europäischer Ebene ist die Lage besorgniserregend: Einer von fünf EU-Bürgern lebt mit dem Risiko von Armut oder sozialer Ausgrenzung. Die Europäische Kommission arbeitet deshalb an einer neuen Strategie, um diesen Trend umzukehren – und Armut bis 2050 ganz zu beseitigen.
Daniela Budu und Alex Sterescu, 10.11.2025, 14:54
Die relative Armutsquote lag in Rumänien im Jahr 2024 bei 19 Prozent. Nach Angaben des Nationalen Statistikamts (INS) entsprach dies einer Zahl von 3.595.000 armutsgefährdeten Personen.
Die relative Armutsquote bezeichnet den Anteil der Menschen, deren verfügbares Einkommen pro Erwachsenem unter der Schwelle von 60 Prozent des Medianwerts der verfügbaren Einkommen pro Erwachsenem in der Gesamtbevölkerung liegt. Armut beschreibt die Situation jener Personen, deren Einkommen so niedrig ist, dass sie keinen Lebensstandard erreichen können, der in der Gesellschaft, in der sie leben, als akzeptabel gilt. Diese Menschen sind häufig mehrfach benachteiligt – durch Arbeitslosigkeit, geringe Einkommen, schlechte Wohnbedingungen, unzureichende Gesundheitsversorgung sowie eingeschränkten Zugang zu Bildung, Kultur, Sport und Freizeitmöglichkeiten, so das Statistikamt.
Das Institut betont, dass das Armutsrisiko die Bevölkerung unterschiedlich stark betrifft – je nach Altersgruppe, Erwerbsfähigkeit und natürlich den erzielten Einkommen. Am stärksten ist Armut in Rumänien unter Kindern bis 18 Jahre sowie jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren verbreitet.
Armut ist auch regional ungleich verteilt: So war die Armutsquote in der Region Südwest-Oltenien (29,8 Prozent) achtmal höher als in der Hauptstadtregion Bukarest-Ilfov. Hohe Werte wurden außerdem im Südosten (26,8 Prozent) und Nordosten (26,4 Prozent) registriert, während Bukarest-Ilfov mit 3,7 Prozent den niedrigsten Anteil verzeichnete.
Auf europäischer Ebene waren laut den jüngsten Daten des Statistikamts Eurostat im vergangenen Jahr 8,2 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger ab 18 Jahren, die angaben, erwerbstätig zu sein, von Armut bedroht. Den höchsten Anteil erwerbstätiger Armutsgefährdeter verzeichnete Luxemburg mit 13,4 Prozent, den niedrigsten Finnland mit 2,8 Prozent. Zu den Ländern mit Anteilen zwischen 10 und 12 Prozent gehörten Rumänien, Bulgarien, Spanien, Griechenland, Estland, Italien und die Slowakei.
In diesem Zusammenhang kündigte die Europäische Kommission an, eine neue Strategie zur Bekämpfung der Armut in allen Mitgliedstaaten vorzubereiten, die ab dem kommenden Jahr umgesetzt werden soll. Derzeit stellt die EU für die Armutsbekämpfung 20 Milliarden Euro bereit. Dennoch ist laut offiziellen Angaben jeder fünfte Europäer von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.
Der neue Plan zielt darauf ab, die Armut in der Europäischen Union bis 2050 zu beseitigen. Das entsprechende Dokument wurde kürzlich im Plenum des Europäischen Parlaments von der Kommissarin für soziale Rechte, der Rumänin Roxana Mînzatu, Vizepräsidentin der Kommission, vorgestellt. Sie erklärte, derzeit werde die erste europäische Strategie zur Bekämpfung der Armut erarbeitet. Ihr Ziel sei es nicht nur, 15 Millionen Europäer – darunter mindestens 5 Millionen Kinder – aus Armut und sozialer Ausgrenzung zu befreien, sondern auch einen klaren Weg zur vollständigen Überwindung der Armut bis 2050 festzulegen.
„Unsere Strategie zur Armutsbekämpfung wird sich auf das konzentrieren, was am wichtigsten ist: Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und Schutz, Bekämpfung der tieferen Ursachen sozialer Ausgrenzung, Durchbrechen des Kreislaufs der Armut von Generation zu Generation und natürlich die Umsetzung einer stärkeren europäischen Kindergarantie“, erklärte Roxana Mînzatu im Europäischen Parlament.