„Rumänien ohne Gewalt“: Neuer Parlamentsausschuss will häusliche Gewalt bekämpfen
Im Parlament in Bukarest ist vor Kurzem erstmals ein Sonderausschuss mit der Betitelung „Rumänien ohne Gewalt“ ins Leben gerufen worden – als Reaktion auf die hohe Zahl von Gewalttaten im Allgemeinen und von häuslicher Gewalt im Besonderen. Die Initiative wurde von allen Fraktionen unterstützt. Dem Ausschuss gehören 25 Abgeordnete sämtlicher im Parlament vertretenen Parteien an.
Roxana Vasile und Sorin Georgescu, 24.09.2025, 17:30
Ein Jahr lang – mit der Möglichkeit der Verlängerung – werden die Mitglieder des Ausschusses die Gesetzgebung in diesem Bereich überprüfen, über neue Vorlagen beraten und Änderungen an bestehenden Gesetzen vorschlagen, unter anderem auch härtere Strafen vorschlagen. Eingeladen sind Vertreter staatlicher Behörden, des Justizsystems, der Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen sowie internationale Experten – und auch Betroffene häuslicher Gewalt.
Die Initiatorin des Projekts, die sozialdemokratische Abgeordnete Silvia Mihalcea, beschreibt die Rolle des Ausschusses so:
„Dieser Sonderausschuss soll ein Labor sein, in dem das Parlament bestehende Gesetze überprüft und verbessert, in Zusammenarbeit mit NGOs, staatlichen Institutionen und Fachleuten. Wir wollen europäische Best-Practice-Beispiele in die öffentliche Debatte bringen und konkrete Lösungen zum Schutz der Opfer entwickeln. Hier soll auch das Gesetzesprojekt zur Aufnahme des Femizids in den Straftatbestand diskutiert werden – ein extrem wichtiger Schritt zur Anerkennung und Bestrafung dieser besonders schweren Form von Gewalt.“
Die Dringlichkeit dieser Kommission, so die Ausschussvorsitzende Alina Gorghiu (PNL), lasse sich an den Zahlen ablesen: Über 70.000 gemeldete Gewaltfälle allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres, mehr als 30 Femizide seit Jahresbeginn und eine Zunahme der Verstöße gegen Schutzanordnungen um über 110 Prozent in den letzten vier Jahren. Eurostat-Daten zeigen außerdem: Mehr als ein Viertel aller Frauen in Rumänien – doppelt so viele wie im EU-Durchschnitt – haben bereits körperliche Gewalt durch ihre Partner erlebt. Und fast die Hälfte aller Rumäninnen mit Beziehungserfahrung war mindestens einmal in ihrem Leben einer Form von Gewalt ausgesetzt: ob verbal, psychologisch, körperlich, sexuell, ökonomisch, sozial oder in digitalen Medien. Die liberale Abgeordnete und Ausschussvorsitzende Alina Gorghiu dazu:
„Ab heute verspreche ich Ihnen: Wir werden die Gewalt nicht länger unter den Teppich kehren. Das Parlament wird mit dieser Kommission die Stimme der Opfer sein – die Stimme der Zivilgesellschaft, die Stimme der Frauen und Kinder, die von Familienangehörigen, Partnern oder nahestehenden Menschen misshandelt werden.“
Auch außerhalb des Parlaments gibt es Engagement: Die Karawane „Rumänien ohne Gewalt“ startete am 11. September in Snagov bei Bukarest. Politiker, Vertreter der Zivilgesellschaft und Betroffene kamen dort zusammen. Der stellvertretende Premierminister und Innenminister Cătălin Predoiu betonte, dass die Bekämpfung häuslicher Gewalt nationale Priorität haben müsse. Zwar werde die Polizei für solche Fälle verstärkt geschult – doch:
„Das eigentliche Problem ist nicht technischer Natur. Hier sind Parlamente, Regierungen und Institutionen gefragt. Aber wir, als Gesellschaft, müssen geschlossen bleiben und den Dialog fortsetzen – staatliche Stellen, NGOs, Fachleute, Influencer, Psychologen, Mütter, Ehefrauen, junge Frauen, ältere Frauen… und so viele Männer wie möglich, die das Thema konsequent aufgreifen. Wir müssen unsere Kräfte bündeln und uns vornehmen, diese Plage in den kommenden Jahren zu beseitigen.“
Die Karawane wird in allen Regionen Rumäniens Station machen – auch in der Hauptstadt. Denn häusliche Gewalt ist nicht nur ein familiäres Problem, sondern eine Frage der öffentlichen Sicherheit und der Menschenwürde. Der Staat, so die Initiatorin Silvia Mihalcea, müsse den Opfern einen Schutz bieten, der europäischen Standards entspricht.
Zwar verzeichnete die Polizei in den ersten sieben Monaten 2025 einen Rückgang der registrierten Straftaten im Bereich häuslicher Gewalt um 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch die häufigste Straftat bleibt weiterhin „Körperverletzung oder andere Gewalthandlungen“, die über ein Viertel aller Fälle ausmacht. Und trotz des Rückgangs ist die Zahl der Delikte immer noch hoch – von den unzähligen Fällen verbaler oder psychischer Gewalt ganz zu schweigen.
Rumänien, so der Tenor, hat in Sachen Gewaltprävention noch einen langen Weg vor sich.