In Șirnea am Hang des Königsteingebiets entstand in den 1970er Jahren ein Dorf, das Traditionen wahren und vorzeigen sollte.
Heute machen wir Halt in der Landesmitte von Rumänien, am Südosthang des Königstein-Gebirges, auf einer Höhe von 1.244 m - hier liegt nämlich der Ort Șirnea, das erste touristische Dorf des Landes. Eine märchenhafte Landschaft und ein abgelegenes und geräumiges Dorf winken, wo man die Seele baumeln lassen oder die markierten Wanderwege in der Umgebung erkunden kann. Eugen Totîlcă, zugelassener Reiseführer und Programmleiter einer Tourismusorganisation spricht von einem besonderen Erlebnis, denn zusammen mit den anderen sechs Dörfern zwischen dem Bucegi-Massiv und dem Känigstein liegt Șirnea im Bran-Land:
"Im Jahr 1972 wurde auf Initiative von Professor Nicolae Fruntes in Zusammenarbeit mit der Rumänischen Akademie ein Projekt zur Förderung der Dörfer und Traditionen in Rumänien ins Leben gerufen, für das auch Șirnea ausgewählt wurde. Seit Beginn dieser Initiative ist Șirnea das einzige touristisch erschlossene Dorf Rumäniens und ist es bis heute geblieben, worauf wir sehr stolz sind. Die größte Ressource und der größte Reichtum des Dorfes sind seine Einwohner, außergewöhnliche Menschen, die an ein hartes Leben gewöhnt sind und die Touristen, die unsere Gegend bereisen, zu schätzen wissen und willkommen heißen. Auch die Sehenswürdigkeiten sind hier nicht zu knapp. Das Dorf Șirnea lag vor dem Ersten Weltkrieg an der Grenze zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Walachei. Hier kann man die Grenzwächterstraße besichtigen, auf der noch die Grenzsteine zwischen den beiden ehemaligen Ländern zu sehen sind. Hier begann der Erste Weltkrieg für Rumänien. Hier hörten wir die ersten Kanonenschüsse und die ersten Opfer, die Rumänien bei der Befreiung Siebenbürgens zu beklagen hatte, erzählt Eugen, der in den letzten Jahren zusammen mit den Dorfbewohnern ein Tourismuszentrum aufgebaut hat, das als Schnittstelle zwischen den Reisenden und dem Dorf und seinen Menschen dient. Von hier aus werden Ausflüge und Führungen organisiert:
"Wir können einfache Erkundungstouren anbieten, Wanderungen durch die Wälder, Hügel und Haine unterhalb des Königssteins. Im Sommer bieten wir botanische Führungen an, bei denen wir Pflanzen sammeln, ihre Geschichte erzählen und über ihre Heilwirkung sprechen. Wir bieten auch Touren mit unserer Flotte von 30 bis 40 Elektrofahrrädern an. Unser Reisezentrum organisert auch Reitstunden und Ausritte in die umliegenden Hügel. Und hier empfangen wir die Touristen und geben ihnen Informationen und erzählen etwas über den Ort, damit sie sich wie zu Hause fühlen”.
Nur 17 km von Șirnea entfernt liegt das berühmte Schloss Bran, im deutschen Sprachraum als Törzburg bekannt. Die Festung aus dem 14. Jahrhundert ist für Besucher offen und efreut sich bei Touristen großer Beliebtheit. Es ist ein außergewöhnlich gut erhaltenes Bauwerk, das auf einem Felsen in etwa 40 m Höhe errichtet wurde. Das Gebäude hat vier Stockwerke, vier Türme und zeichnet sich durch die völlige Asymmetrie aus. Die Burg ist sehr detailliert und verwinkelt mit vielen kleinen Räumen, Türmen und Gängen und wird von vielen mit dem Dracula-Mythos in Verbindung gebracht. Șirnea hat jedoch noch viel mehr zu bieten, so dass ein längerer Ausflug notwendig ist, um alle Sehenswürdigkeiten zu besuchen.
"Jedes Wochenende bieten wir Outdoor-Aktivitäten, Wandern, E-Biketouren oder Reiten an. Außerdem können Touristen einen traditionellen Haushalt besuchen und bei den für die Jahreszeit jeweils typischen Arbeiten mithelfen. Am Abend gibt es ein traditionelles Abendessen, um das Erlebnis abzurunden und die Menschen und das traditionellen Essen im Dorf kennenzulernen”.
Die Traditionen werden von Generation zu Generation von den Handwerkern überliefert. Mit ihrem Handwerk halten sie die Legenden, Symbole und traditionellen Motive am Leben. Gibt es sie in Șirnea aber noch? Fremdenführer Eugen Totîlcă sagt ja:
"Zum Glück gibt es sie noch, aber es werden immer weniger, weil viele alt geworden sind und es schwer ist, die Traditionen hu überliefern. Aber bestimmte Berufe werden noch ausgeübt, wenn auch meist von älteren Menschen. Wir haben noch einen Schreiner, der Mistgabeln und Rechen aus Holz herstellt und Dachschindeln. Und wir haben eine Dame, der man bei Weben von Teppichen am Webstuhl zuschauen kann", sagt der Reiseleiter.
Als erstes touristisches Dorf in Rumänien hat Șirnea eine lange Tradition der Gastfreundschaft. Hier gibt es noch Unterkünfte, die schon zu Zeiten des Kommunismus in Rumänien existierten:
"Es sind Unterkünfte mit Tradition, mit Gastgebern, die Zehntausende von Touristen beherbergt haben und das immer noch tun. Es sind Bauernhöfe und Pensionen, aber auch Hotels, mit Preisen für jeden. Ohne falsche Bescheidenheit: Es gibt keinen einzigen Touristen, mit dem ich in all den Jahren als Tourismus-Mensch in Șirnea zu tun hatte, der nicht als Freund abgereist wäre. Wir haben sogar eine App entwickelt, einen virtuellen Reiseführer, den wir für unsere Routen verwenden und der unseren Touristen Übersetzungen in einigen Fremdsprachen bietet."
Zu den zukünftigen Projekten für den Tourismus in Șirnea gehören die Markierung weiterer Rundwege und die Entwicklung neuer Touren. Eugen Totîlcă plant, Besuche in einem Schäfebetrieb einzubauen, damit die Touristen dort einkehren und traditionelle Hirtengerichte probieren können. Und ganz im Trend lieg auch sein neues Projekt:
"Im Zentrum ist ein neues Projekt letztes Jahr angelaufen: Neben dem Reiten selbst auch Reittherapie. Wir haben einen befreundeten Therapeuten, der das machen kann. Unsere Gemeinschaft möchte die Traditionen von Șirnea bewahren, sie fördern und Șirnea als ökotouristisches Reiseziel bekannt machen, wo Abenteuer und Tradition im Vordergrund stehen, um den Touristen, die unser Dorf besuchen, ein ganzheitliches Erlebnis zu bieten."
Die bequemste Art, Șirnea zu besuchen, ist, sich an ein Reisebüro zu wenden, das ein komplettes Paket anbieten kann. Der kürzlich fertiggestellte Flughafen Brasov-Ghimbav, der im Juni dieses Jahres in Betrieb genommen werden soll, ist nur 45 km von Șirnea, dem ersten touristischen Dorf Rumäniens, entfernt.