RRI Live!

Hören Sie Radio Rumänien International Live

Zur Geschichte der Donaukommission: zweitälteste internationale Organisation der Welt

Das Bild des neuen Europa führte Mitte des 19. Jh. zu der Idee, die Donau von der türkischen und russischen Kontrolle zu befreien und einen neuen Staat auf der Landkarte entstehen zu lassen: die Vereinigten Rumänischen Donaufürstentümer oder Rumänien.

Zur Geschichte der Donaukommission: zweitälteste internationale Organisation der Welt
Zur Geschichte der Donaukommission: zweitälteste internationale Organisation der Welt

, 13.07.2020, 17:30

Der Krimkrieg (auch Orientkrieg oder 9. Türkisch-Russischer Krieg) war ein von 1853 bis 1856 dauernder militärischer Konflikt zwischen Russland einerseits und dem Osmanischen Reich sowie dessen Verbündeten Frankreich, Gro‎ßbritannien und seit 1855 auch Sardinien-Piemont andererseits. Er begann als neunter Russisch-Türkischer Krieg, in den die westeuropäischen Mächte eingriffen, um eine Gebietserweiterung Russlands auf Kosten des geschwächten Osmanischen Reichs zu verhindern. Am 30. März 1856 schloss Russland mit seinen Kriegsgegnern — dem Osmanischen Reich, Gro‎ßbritannien, Frankreich und Sardinien sowie den nicht kriegführenden Staaten Preu‎ßen und Österreich — den Dritten Frieden von Paris. Darin wurde die Integrität und Unabhängigkeit des Osmanischen Reiches erklärt. Die Donaumündungen und ein Teil Bessarabiens gingen an das Fürstentum Moldau. Die Schifffahrt auf der Donau wurde freigegeben, die Kommission der Donau-Uferstaaten gegründet und das Schwarze Meer zu einem neutralen Gebiet erklärt.



Das Ende des Krimkrieges markierte die Anfänge des modernen rumänischen Staates, als die Entscheidungen der Siegermächte 1859 zur Vereinigung der Fürstentümer Moldau und Walachei und 1878 zur Unabhängigkeit Rumäniens führten. Die Donau wurde schlie‎ßlich zu einem freien europäischen Schifffahrtsweg, und man konnte auf dem Rhein und auf der Donau von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer fahren. Der Historiker Constantin Ardeleanu von der Universität Dunărea de Jos“ (Niederdonau“) in Galaţi unterstreicht die gro‎ße Bedeutung der Donau für die Entstehung, die Modernisierung und die Verwestlichung Rumäniens:



Die Donau spielte eine zentrale Rolle nicht nur bei der wirtschaftlichen, sondern auch bei der politischen Modernisierung der Donaufürstentümer, wie sie Mitte des 19 Jh. genannt wurden. Die Donau ist einer der Pfeiler, auf denen das moderne Rumänien gegründet wurde. Die Donau ist ein äu‎ßerst interessanter Fluss, weil sie, wie der Rhein, Gegenstand einer internationalen Kommission war.“




Das Erscheinen Rumäniens auf der europäischen Landkarte bedeutete aber auch das Entstehen eines internationalen Gremiums, das die Freiheit der Donau garantierte. Es war die Europäische Donaukommission, bestehend aus Österreich, Frankreich, Gro‎ßbritannien, Preu‎ßen, Sardinien, Russland und dem Osmanischen Reich, eine gesamteuropäische Institution, die kurz nach dem Ende des Krimkrieges entstand, um die freie Flussschifffahrt zu sichern. Über die Geschichte der Europäischen Donaukommission sagte der Historiker Constantin Ardeleanu:



Es handelte sich um eine internationale Einrichtung, die nach dem Krimkrieg geschaffen wurde und die Aufgabe hatte, die Donaumündungen von den technischen und politischen Problemen zu befreien, die die Schifffahrt in der Region behinderten. Sie war die zweite internationale Organisation der Welt; die erste war eine ähnliche Kommission, die 1815 zur Regulierung des Rheins gegründet worden war. Die Europäische Donaukommission unterschied sich aber von der Rheinkommission — sie wurde von den 7 europäischen Mächten gegründet, die die Existenz der Vereinigten Rumänischen Fürstentümer garantierten. Aus einer kurzfristig angelegten Aktion wurde eine solide Institution, die von 1856 bis 1948 dauerte. Die Europäische Donaukommission war die erste Institution, die als ‚europäisch‘ bezeichnet wurde.“




Es wird oft gesagt, Rumänien sei die Kornkammer Europas“ gewesen. Der Ursprung dieses Ausdrucks liegt genau in der internationalen Politik des 19. Jahrhunderts, als die Westmächte eine einfache Möglichkeit suchten, sich mit Lebensmitteln zu versorgen, und die rumänischen Fürstentümer die nächste und sicherste Quelle für Agrarprodukte waren. Dazu der Historiker Constantin Ardeleanu:



Die Donaufürstentümer waren ein äu‎ßerst wichtiger Markt für die Versorgung mit Getreide. Europa befand sich mitten in einer industriellen Revolution und die Donaufürstentümer waren einer der grö‎ßten Versorgungsmärkte. In der Tat hing das Entstehen des modernen Rumänien vom dem Wohlstand ab, den der Getreidehandel brachte. Gleichzeitig war Russland das grö‎ßte Hindernis, die russische Macht, die die Donaufürstentümer kontrollierte, setzte dem internationalen Handel alle möglichen Hindernisse in den Weg. So hatte der Krimkrieg auch eine wichtige wirtschaftliche Komponente. Am Ende des Krimkrieges wurde der internationale Grundsatz aufgestellt, dass die Flüsse frei schiffbar sein müssen. Dieses Prinzip galt für die Donau nach 1856, als Russland die Donau nicht mehr kontrollierte.“




Der neue rumänische Staat hatte den Auftrag, der ihm zuteil gewordenen Ehre würdig zu sein. In dieser Hinsicht haben die europäischen Mächte über seinen internationalen Status entschieden. Constantin Ardeleanu:



Aus der Sicht der Gro‎ßmächte bestand die Rolle Rumäniens darin, die Freiheit der Donaumündungen zu garantieren. Dies wurde später, mit dem Berliner Vertrag von 1878 sehr deutlich, als die Unabhängigkeit Rumäniens anerkannt und Rumänien Mitglied der Europäischen Donaukommission wurde. Rumänien sollte als Pufferzone zwischen Russland und dem Osmanischen Reich fungieren und die Unabhängigkeit der Flussschifffahrt auf der Donau garantieren.“




Die Europäische Donaukommission war keine rein bürokratische Institution. Sie hat aufgrund ihrer Effizienz, ihrer erfolgreichen Projekte und ihrer Neutralität an Ansehen gewonnen. Mehr dazu von Constantin Ardeleanu:



Die Europäische Donaukommission begann eine immer aktivere Rolle in der internationalen Politik zu spielen, und zwar bereits in den ersten Jahren nach ihrer Gründung, als die sieben europäischen Kommissare als ausgleichender Faktor in einem geopolitisch komplizierten Gebiet angesehen wurden. Während des Krieges für die Unabhängigkeit Rumäniens von 1877–1878 wurde die Donauhafenstadt Sulina gerade durch die Existenz dieser Kommission verteidigt. Die Russen versuchten, die Stadt zu bombardieren, aber sie achteten sehr genau darauf, wo sie ihre Schüsse abgaben, um die Neutralität der Donaukommission zu respektieren. Diese Kommission war eine äu‎ßerst effiziente bürokratische Einrichtung, die sich auf genaue Regeln konzentrierte. Am Ende des Ersten Weltkriegs galt die Europäische Donaukommission als Vorbild für die internationale Zusammenarbeit.“




Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Europäische Donaukommission (EDK) auf der Basis der Versailler Verträge neu belebt. Daneben gründete sich im Jahr 1921 die Internationale Donaukommission (IDK), die ihren Sitz zuerst in Pre‎ßburg (Bratislava) nahm. Im Jahr 1927 wurde dieser nach Wien verlegt. Die Präsidentschaft der EDK wurde im Wechsel von Vertretern der Anrainerstaaten übernommen. Schlie‎ßlich lösten sich die beiden Kommissionen (EDK und IDK) im Jahr 1940 auf, dafür entstand der Flussrat mit Sitz in Pre‎ßburg/Bratislava. Die Kriegseinwirkungen führten in den 1940er Jahren zum völligen Erliegen der Schifffahrt auf der Donau, weswegen alle entsprechenden Organe ihre Arbeit einstellten.



Am 18. August 1948, nachdem in Belgrad auf sowjetischen Vorschlag ein entsprechendes Übereinkommen über die Regelung der Schifffahrt von ursprünglich sieben Staaten unterzeichnet worden war, gründete sich die Donaukommission neu und siedelte sich in Galaţi (Galatz) in Rumänien an. Im Jahr 1954 zog die Kommissionsverwaltung nach Budapest. Deutschland und Österreich wurden bei der Gründungskonferenz nicht zugelassen, da sie für den Krieg verantwortlich gemacht wurden. Österreich ist seit 1960 Mitglied. Deutschland konnte auf Grund russischer Vorbehalte erst nach 1999 beitreten. Gro‎ße Bedeutung hatte die Donaukommission neben den laufenden Aufgaben im Zuge der Kriegswirren des Balkankonflikts, als die Donau nicht mehr passierbar war. Der Kommission wurde das Projekt Räumung der Donau bei Novi Sad übertragen.



Ein Teil des Vermächtnisses der Europäischen Donaukommission, das wir täglich auf Radio Rumänien hören, sind die auf Rumänisch, Russisch und Französisch verlesenen Pegel der Donaugewässer. Der Rumänische Rundfunk bietet seit Jahrzehnten diesen Dienst an. Grund für das tägliche Verlesen der Eckdaten über den Donaupegel ist eine Empfehlung der Donaukommission aus dem Jahr 1979, in der es hie‎ß, dass diese für den Schiffsverkehr wichtigen Informationen im rumänischen Sektor des Donauverlaufs durch den Rumänischen Rundfunk zu erfolgen habe, und zwar in den Sprachen Rumänisch, Französisch und Russisch. Warum gerade diese drei Sprachen? Das ist einfach zu beantworten: Rumänisch ist die Landessprache, Russisch und Französisch sind zwei von den insgesamt drei Amtssprachen der Donaukommission. Deutsch ist zwar auch Amtssprache der besagten Organisation, in der Aussendung des Rumänischen Rundfunks wird sie aber nicht berücksichtigt.



Seit 2008 werden die Wasserstände der Donau allerdings nicht mehr im ersten Programm ausgestrahlt, das sich Radio Rumänien Aktuell nennt, sondern im Programm für Landwirte, das sich Antena Satelor (Dorfantenne) nennt und auf Langwelle sendet. Die Donaupegel an den verschiedenen Messstationen werden täglich von 12:10–12:20 Uhr Ortszeit auf 153 kHz verlesen — das ist nach MEZ 11:10–11:20 Uhr, also eine Stunde früher.

Teatrul Național Radiofonic

Rundfunkgeschichte: Hörspiele für Kinder waren ein konstanter Erfolg

  RadioRomaniaInternational · Rundfunkgeschichte: Hörspiele für Kinder waren ein konstanter Erfolg   Hörspiele für Kinder aus dem...

Rundfunkgeschichte: Hörspiele für Kinder waren ein konstanter Erfolg
Cămilă (foto: pixabay.com)

Kamele im rumänischen Raum: bereits in der Antike als Nutztiere verbreitet

  RadioRomaniaInternational · Kamele im rumänischen Raum: bereits in der Antike als Nutztiere verbreitet   Die Geschichte der Menschheit...

Kamele im rumänischen Raum: bereits in der Antike als Nutztiere verbreitet
Sklaverei in der Antike: Griechische Stadt-Staaten am Pontus Euxinus

Sklaverei in der Antike: Griechische Stadt-Staaten am Pontus Euxinus

Im heutigen Geschichtsmagazin ist Steliu Lambru der Frage nachgegangen, wie die Sklaverei an der westlichen Küste des Schwarzen Meers in der Antike...

Sklaverei in der Antike: Griechische Stadt-Staaten am Pontus Euxinus
Entwicklungshilfe für Schwellenländer: Sozialistisches Rumänien verfolgte auch politische Ziele

Entwicklungshilfe für Schwellenländer: Sozialistisches Rumänien verfolgte auch politische Ziele

Das sozialistische Rumänien verfolgte – wie viele Staaten des Ostblocks – eine Politik der differenzierten Hilfe für die...

Entwicklungshilfe für Schwellenländer: Sozialistisches Rumänien verfolgte auch politische Ziele

Die Rassenhygiene und ihre symbolische Verurteilung in Rumänien

Die Haltung der Menschen gegenüber ihren Mitmenschen im Laufe der Zeit ist ein hochsensibles Diskussionsthema in der heutigen...

Die Rassenhygiene und ihre symbolische Verurteilung in Rumänien

Zum 100. Geburtstag des Journalisten Mircea Carp

Carp war Radiojournalist und arbeitete für die wichtigste freie Presse Rumäniens nach 1945, für Voice of America und Radio Freies...

Zum 100. Geburtstag des Journalisten Mircea Carp

Dimitrie Cantemir Dreihundertjahrfeier

Dimitrie Cantemir, Fürst aus der Moldau, war ein bedeutender Gelehrter, dessen umfangreiche Schriften sich sowohl auf historische Themen als auch...

Dimitrie Cantemir Dreihundertjahrfeier

Sex und Spionage im kommunistischen Rumänien

Sex und Romantik sind ein Mittel, mit dem die Dienste versuchen, an Geheimnisse heranzukommen. Auch der rumänische Geheimdienst war keine Ausnahme...

Sex und Spionage im kommunistischen Rumänien

Partner

Muzeul Național al Țăranului Român Muzeul Național al Țăranului Român
Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS
Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online
Institului European din România Institului European din România
Institutul Francez din România – Bucureşti Institutul Francez din România – Bucureşti
Muzeul Național de Artă al României Muzeul Național de Artă al României
Le petit Journal Le petit Journal
Radio Prague International Radio Prague International
Muzeul Național de Istorie a României Muzeul Național de Istorie a României
ARCUB ARCUB
Radio Canada International Radio Canada International
Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti” Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti”
SWI swissinfo.ch SWI swissinfo.ch
UBB Radio ONLINE UBB Radio ONLINE
Strona główna - English Section - polskieradio.pl Strona główna - English Section - polskieradio.pl
creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti
italradio italradio
Institutul Confucius Institutul Confucius
BUCPRESS - știri din Cernăuți BUCPRESS - știri din Cernăuți

Mitgliedschaften

Euranet Plus Euranet Plus
AIB | the trade association for international broadcasters AIB | the trade association for international broadcasters
Digital Radio Mondiale Digital Radio Mondiale
News and current affairs from Germany and around the world News and current affairs from Germany and around the world
Comunità radiotelevisiva italofona Comunità radiotelevisiva italofona

Provider

RADIOCOM RADIOCOM
Zeno Media - The Everything Audio Company Zeno Media - The Everything Audio Company