Im letzten Jahr hat Rumäniens Wettbewerbsrat, das Gegenstück zum deutschen Kartellamt, 21 Ermittlungsverfahren bei Stromherstellern, Kraftstoff-Unternehmen und Telekommunikationskonzernen abgeschlossen.
Rumäniens Wettbewerbsrat hat zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf schwere Wettbewerbsbeschränkungen eingeleitet. 62% der Verfahren betreffen mögliche Kartellverstöße oder die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Die möglichen Verstöße seien jedoch nicht branchenübergreifend festzustellen, erklärte der Vorsitzende des Wettbewerbsrates, Bogdan Chiriţoiu, im Interview mit Radio Rumänien.
„Sicherlich gibt es auch Branchen, die gut funktionieren, in denen Rumänien mitunter zu den leistungsstärksten Ländern der EU gehört. Wir bieten etwa hochwertige Dienstleistungen zu sehr attraktiven Preisen, hier denke ich vor allem an den Mobilfunkmarkt. Im Lebensmittelbereich hat Rumänien auch sehr niedrige Preise im Vergleich zum EU-Schnitt, auf dem Markt herrscht ein intensiver Wettbewerb. Man sieht das daran, dass ständig irgendwelche Geschäfte aufmachen. Es gibt Branchen, die sich verbessern, zum Beispiel der Bankensektor. Wir sehen dort immerhin einen zunehmenden Wettbewerb, der sich etwa in den gesenkten Zinsen widerspiegelt. Aber der rumänische Bankensektor erscheint in unseren Statistiken immer noch teurer als in anderen EU-Ländern. Und dann gibt es leider noch Bereiche, in denen es keinen starken Wettbewerb gibt, hier denke ich an die Zementindustrie mit nur drei Herstellern. Und dann haben wir noch einige wettbewerbsschwache Berufsbranchen, die vom Staat geregelt werden, hier möchte ich die freien Berufe nennen, zum Beispiel die Notare, die vielleicht ironischerweise als freie Berufe bezeichnet werden. Diese Berufsbranchen sind eigentlich sehr eingeschränkt, sehr stark reguliert. Die Anzahl der Notare ist begrenzt, sie dürfen keine niedrigen Honorare verlangen, es gibt gesetzlich bestimmte Mindestpreise und so weiter.“
Der rumänische Staat und der Investitionsfonds „Proprietatea“ bereiten derzeit eine Kapitalerhöhung von 50 Millionen Euro für die Rumänische Postgesellschaft – ein Minderheitspaket soll an der Börse notiert werden, kündigte der Präsident des Wettbewerbsrates, Bogdan Chirițoiu, an.
„Die Rumänische Post ist einer der Staatsbetriebe, denen es in letzter Zeit besser gegangen ist. Leider ist noch eine ganze Reihe von Gesellschaften in staatlicher Hand, die sich in einer schwierigen Lage befinden, die rote Zahlen schreiben und deren Existenz gefährdet ist. Die Post gehört zum Glück nicht dazu, in den letzten Jahren hatte sie eine positive Entwicklung. Die Regierung arbeitet mit der Europäischen Kommission an einer Umstrukturierung der Post zusammen, die Gesellschaft soll effizienter werden und dabei wollen wir uns auch vergewissern, dass die europäische Gesetzgebung respektiert wird und wir nicht plötzlich mit einem Strafgeld von der Kommission umgehauen werden. Im nächsten Schritt wollen wir einen privaten Partner anwerben, so dass die Post auch langfristig bestehen kann. Die Post ist ferner gerade dabei, einen externen Kredit zu nehmen und das wäre ein Zeichen der Glaubwürdigkeit. Es ist schon eine Sache, nicht vollständig vom Staat abhängig zu sein.“
Der Präsident des Kartellamtes erwähnte außerdem die Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Europäische Fördermittel.
„Bislang hat man alle Anstrengungen in Rumänien auf die Art und Weise gerichtet, in der die zugewiesenen Gelder ausgegeben wurden. Im letzten Jahr ist also die Frist für die Nutzung der Fördermittel aus dem Finanzrahmen 2007-2013 abgelaufen. Jetzt beginnen wir langsam die Gelder aus dem Finanzrahmen 2014-2020 auszugeben. Dafür müssen wir die Dokumentation neu definieren, die sich in bestimmten Situationen recht stark ändert. Das Ministerium für Europäische Fördermittel ist mit der Erarbeitung der Leitfäden für die Antragsteller beauftragt. Aber manchmal brauchen sie auch ein Gutachten unsererseits, im Sinne dass die Regeln betreffend Staatshilfen nicht verletzt werden, und da ist es klar auch eine Priorität für die Regierung, für das Land. Deshalb beraten wir das Ministerium für Fördermittel so schnell, wie es geht, damit die Nutzung der europäischen Gelder nicht gefährdet wird.“
Indes hat der Wettbewerbsrat eine weitere Kooperation mit dem Justizministerium angekündigt. Dabei geht es um einen Gesetzentwurf zur Entschädigung der Opfer von wettbewerbswidrigen Praktiken, erklärt Chirițoiu.
„Die Europäische Kommission hat eine Richtlinie verabschiedet, die von den Mitgliedsstaaten bis Ende des Jahres umgesetzt werden muss. Die Richtlinie soll die Entschädigung der Opfer wettbewerbswidrigen Handelns ermöglichen. Zurzeit wird nämlich in allen europäischen Ländern bei Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln eine hohe Geldstrafe verhängt, die dann an den Staatshaushalt abgeführt wird. Und jetzt will die Europäische Kommission, dass die Opfer zusätzlich entschädigt werden, weil bei wettbewerbswidrigem Verhalten immer auch ein Schaden bei anderen entsteht, bei den Kunden, die natürliche oder juristische Personen sein können. Jemand wird also einen höheren Preis für eine Ware oder eine Dienstleistung zahlen, als er sonst bezahlt hätte. Die Richtlinie erleichtert den Zugang zu den Gerichten, die dann die Entschädigungssummen festlegen können. Sie besagt, dass eine Entscheidung des Wettbewerbsrates, sobald sie von einem Gericht bestätigt wird, sie bei den Entschädigungsansprüchen nicht mehr begründet werden muss. Bei uns entscheiden die Verwaltungsgerichte in solchen Fällen. Bei unseren Ermittlungen werden Unmengen von Dokumenten als Beweismittel zusammengetragen. Diese Beweismittel werden den Klägern, die mit Entschädigungsansprüchen vor Gericht gehen, zur Verfügung gestellt. Und die Opfer werden davon profitieren – erstens weil wir die Verstöße bereits bewiesen haben und zweitens weil wir das Beweismaterial zusammengetragen haben.“
In diesem Herbst will der Wettbewerbsrat die Ergebnisse einer neuen Studie über den Arzneimittelmarkt in Rumänien veröffentlichen. Die Branche ist umstritten und steht derzeit im Mittelpunkt zahlreicher Debatten und weitreichender journalistischer Recherchen.
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