Am 10. Mai hat das rumänische Parlament das neue Gesetzespaket über öffentliche Auftragsvergaben verabschiedet. Doch die Umsetzung in allen Bereichen erweist sich als schwierig, und das Kartellamt hat auch ein Wörtchen mitzureden.
Am 10. Mai dieses Jahres hat die Abgeordnetenkammer des Bukarester Parlaments als Entscheidungsgremium das neue Gesetzespaket über öffentliche Auftragsvergaben in Rumänien angenommen. Die von der Europäischen Kommission für den 18. April festgelegte Frist für die Annahme des neuen Gesetzes wurde somit um fast einen Monat überzogen – die Kommission hatte Rumänien für die Verzögerung der Entscheidung schon kritisiert. Dazu die EU-Kommissarin für Regionalpolitik, Corina Creţu:
„Ich bin darüber sehr erfreut, dass das rumänische Parlament das Gesetzespaket über öffentliche Auftragsvergaben angenommen hat. Die Frist für die praktische Umsetzung der EU-Normen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergaben war bereits im April abgelaufen. Es war eine dringliche Situation und ich machte mir Sorgen, weil die öffentlichen Auftragsvergaben alle operationellen Programme blockierten.“
Über das neue Gesetzespaket betreffend die öffentlichen Auftragsvergaben sagte der Wirtschaftsanalyst Valentin Ionescu folgendes:
„Das Gesetzespaket, das vom Bukarester Parlament angenommen wurde, ist das Resultat zweier EU-Richtlinien, die Anfang 2015 in Kraft getreten waren. Diese Richtlinien behalten einigermaßen die Ideen der vorigen EU-Richtlinien, aber sie wurden auch mit einigen Flexibilisierungsmechanismen versehen. Einerseits werden große Verträge fragmentiert, das heißt, dass von jetzt an mehr Firmen zu den Aufträgen für öffentliche Beschaffungen und Arbeitsdurchführungen Zugang haben werden. Andererseits ist es aber schlecht, dass die untere Grenze der Tarife für öffentliche Ausschreibungen höher wird. Das wird nicht zur Bekämpfung der Korruption beitragen. Im Gegenteil – es könnte die Korruption sogar unterstützen, wenn öffentliche Auftragsvergaben unter diesem Limit betätigt werden, das heißt ohne öffentliche Ausschreibungen, denn unter dem vorgesehenen Limit sind öffentliche Ausschreibungen nicht notwendig und dann könnten auch Klientelnetze entstehen.“
Laut dem Vorsitzenden der Nationalen Agentur für öffentliche Auftragsvergaben, Bogdan Puşcaş, basiert das neue Gesetzespaket auf den Grundsatz einer besseren Nutzung von öffentlichen Geldern, ähnlich mit dem Verwenden des Privatgeldes in einem optimalen Verhältnis zwischen Preis und Qualität. Um das wirtschaftlich beste Angebot zu finden, sollte man gemäß des neuen Gesetzespakets eines der folgenden Kriterien für die Auftragsvergabe anwenden: den niedrigsten Preis, die niedrigsten Kosten, das beste Verhältnis zwischen Preis und Qualität, das beste Verhältnis zwischen Kosten und Qualität. Gemäß den neuen Gesetzen werden auch Regeln über das Splitten der Aufträge für öffentliche Beschaffungen eingeführt, um den Zugang der kleinen und mittleren Unternehmen zu diesen Aufträgen zu erleichtern, präzisierte noch Bogdan Puşcaş.
Über das neue Gesetzespaket sprach auch der Vorsitzende des rumänischen Kartellamtes, Bogdan Chiriţoiu:
„Es ist sehr wichtig, dass die rumänische Gesetzgebung an das neue EU-Richtlinienpaket angepasst wird. Wir haben mehrere EU-Richtlinien in unsere nationale Gesetzgebung übernommen. Was sollten diese Gesetze grundsätzlich ermöglichen? Vor allem eine bessere Flexibilität, denn es gab sehr viele Beschwerden darüber. Ich weiß, dass in Rumänien die öffentlichen Auftragsvergaben sehr starr waren, man klammerte sich an die Variante des niedrigsten Preises, und das bedeutete nicht unbedingt das beste Verhältnis zwischen Preis und Qualität. Besonders wichtig ist es nun, wie diese Gesetze praktisch umgesetzt werden. Für das rumänische Kartellamt sind aber die Sekundärnormen am wichtigsten, und insbesondere die Datenbank, in die die öffentlichen Auftragsvergaben eingetragen werden. Unsere Datenbank mit der Bezeichnung »Elektronisches System für öffentliche Auftragsvergaben« ist viel besser als die Datenbanken anderer EU-Länder, aber wir möchten sie noch verbessern, um alles Verdächtige sofort ans Licht zu bringen. Es geht darum, mit statistischen Instrumenten zu arbeiten und verdächtige Verhaltensweisen, die bei öffentlichen Auftragsvergaben auf Vereinbarungen oder Kartells führen könnten, sofort hervorzuheben, zu untersuchen und zu sanktionieren.“
Bogdan Chiriţoiu sprach auch über Fälle von öffentlichen Auftragsvergaben, die zurzeit vom Kartellamt unter die Lupe genommen werden:
„Aus den Diskussionen mit der Europäischen Kommission, die einige Fragezeichen in puncto öffentliche Auftragsvergaben in Rumänien hatte, ergaben sich mehrere Untersuchungen von öffentlichen Auftragsvergaben auf dem IT-Markt und auf dem Markt für medizinische Ausstattungen und Zubehör. In diesen Bereichen gibt es nur wenige Unternehmen, die die öffentlichen Ausschreibungen regelmäßig gewinnen, das sind Firmen, die langjährige Beziehungen zu den Auftrag gebenden Behörden haben. Es scheint Fehler im Wettbewerb zu geben, Erscheinungen, die nicht zum normalen Marktverhalten gehören. Ich bin davon überzeugt, dass wir gute Instrumente besitzen – was die gesetzlichen Instrumente betrifft, befinden uns auf demselben Niveau mit allen anderen EU-Staaten. Wir können die Korruptionserscheinungen enthüllen, die dann von der Staatsanwaltschaft untersucht werden. Wonach suchen wir? Unser Bereich, worauf wir spezialisiert sind, betrifft die Vereinbarungen zwischen den Firmen, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen. Wenn man die Leitung der vertragsabschließenden Behörde geschmiert hat, dann braucht man keine Vereinbarungen mehr mit den anderen Ausschreibungsteilnehmern zu machen. Der Auftraggeber wird sich schon darum kümmern, er wird die Konkurrenz eliminieren – die bevorzugte Firma braucht nichts mehr zu tun, sie hat schon gewonnen. Deshalb kommen die meisten Probleme bei den öffentlichen Ausschreibungen vielmehr von der Korruption, und weniger von den Kartellen.“
Man brauche aber Zeit, um die neue Gesetzgebung effizient umzusetzen, meint der Wirtschaftsanalyst Valentin Ionescu:
„Die Umsetzung eines so weitgreifenden Gesetzespakets bedeutet die Implementierung der neuen Gesetze in jeder öffentlichen Institution. Alle Beamte und Staatsangestellte im öffentlichen Sektor müssen eine spezielle Ausbildung machen, die relativ lange dauern wird – mindestens eineinhalb Jahre, meiner Meinung nach. Das bedeutet aber nicht, dass die Gesetze über öffentliche Auftragsvergaben nicht angewandt werden können. Um ein Gesetz effizient anzuwenden, braucht man Zeit für die Schulung. Durch das Programm zur Verstärkung der institutionellen Kapazitäten werden alle Behörden sowohl in der Zentralverwaltung als auch in der Kommunalverwaltung Intensivkurse machen müssen, damit die EU-Richtlinien, die nun zur nationalen Gesetzgebung gehören, korrekt umgesetzt werden.“
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