Das nationale Statistikamt bestätigt die Wachstumstendenz der rumänischen Wirtschaft. Die Fortschritte haben die Schätzungen der Analytiker übertroffen. Doch Experten warnen, dass allein die Förderung des Verbrauchs keine Nachhaltigkeit mit sich bringe.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Rumäniens ist in den ersten sechs Monaten dieses Jahres, verglichen mit derselben Zeitspanne des vorigen Jahres, um 5,8% gestiegen. Außerdem hat Rumänien laut den Daten, die von Eurostat veröffentlicht wurden, im zweiten Quartal dieses Jahres das EU-weit drittgrößte Wirtschaftswachstum von 1,6%, hinter Tschechien (2,3%) und Schweden (1,7%), verzeichnet. Vier Bereiche leisteten einen entscheidenden Beitrag zu dem besagten Wirtschaftswachstum. Somit ist der IT- und Kommunikationsbereich um 15,3% im Vergleich zum ersten Quartal des Jahres 2016 gewachsen. Außerdem stiegen berufliche, wissenschaftliche und technische, sowie verwaltungstechnische und unterstützende Dienstleistungen um 9,4%. Dieser Bereich umfasst etliche Dienstleistungen. Darüber hinaus erweiterte sich auch der Handel um 7,4% verglichen mit derselben Zeitspanne des Vorjahres. Die Industrie, ein Bereich, der einen Beitrag von fast einem Viertel zum BIP leistet, verzeichnete einen Vorsprung von 6,8%.
Offizielle Zahlen besagen, dass im ersten Quartal nur ein einziger Wirtschaftszweig im roten Bereich gelegen ist und zwar die Finanzvermittlungsdienste (darunter sind insbesondere Banken, Versicherungen und Privatrenten zu verstehen). Hier gab es einen Rückschritt von 0,7%. Außerdem gab es kleine Wachstumsraten, verglichen mit dem ersten Quartal 2016, in der Landwirtschaft (+0,9%), im Baugewerbe (+1,2%) und in der Immobilienvermittlung (+2,8%). Was die Verwendung des BIP angeht, wurde die Wirtschaft im ersten Quartal vorwiegend durch den Verbrauch angetrieben. Somit stiegen die Ausgaben der Haushälter um 7,4% und trugen somit mit 4,8% zur Steigerung des BIP bei. Die Variation der Lagerbestände leistete einen Beitrag von +0,2%, heißt es aus den Daten des nationalen Statistikamtes. Aber das Wirtschaftswachstum beginnt sich in den Taschen der Rumänen spürbar zu machen. Das durchschnittliche Bruttoeinkommen ist um 15,5% gestiegen und der durchschnittliche Nettolohn um 14,9%. Rumäniens Premierminister Mihai Tudose dazu:
„Das ist der beste Indikator für die gute Entwicklung der Wirtschaft, der Realwirtschaft, aber auch der Machbarkeit der geförderten Wirtschaftsmaßnahmen. Selbstverständlich stehen die Vorschriften unseres Regierungsprogramms im Einklang mit den Bedürfnissen der rumänischen Wirtschaft. Die rumänische Wirtschaft verbessert ihre Effizienz und ihre Wettbewerbsfähigkeit, was zu einem tragfähigen Wirtschaftswachstum führt. Das im diesjährigen Haushaltsentwurf vorgenommene und angekündigte Wirtschaftswachstum beträgt 5,2%. Aber wir werden diesen Wert überschreiten. Es wird ein höheres Wirtschaftswachstum geben. Allein im Juli standen die Investitionen bei 2,4 Milliarden Lei, was einer Verdoppelung des Monatsdurchschnitts entspricht und um 33% mehr als im Juli letzten Jahres darstellt.“
Die rumänische Wirtschaft erfreute sich in den letzten zwei Jahren mehrerer Fördermaßnahmen der Regierung. Dazu zählt in erster Linie die beträchtliche Steigerung der Gehälter der öffentlichen Bediensteten und des Mindestlohnes auf Ebene der Wirtschaft. Aus steuerrechtlichem Gesichtspunkt senkte die Regierung die MwSt. bei Lebensmitteln von 24% auf 9% seit dem 1. Juni 2015. Diese Maßnahme hat beträchtlich zur Ankurbelung der Lebensmittelverkäufe beigetragen. Die allgemeine MwSt.-Quote wurde am 1. Januar 2016 von 24% auf 20% und dann am 1. Januar 2017 weiter auf 19% reduziert. Die Dividendensteuer und mehrere Abgaben wurden 2016 gemindert und Anfang dieses Jahres wurden die Überbesteuerung der Kraftstoffe und die sogenannte „Mast-Steuer“ ausgesetzt. Die Überbesteuerung der Kraftstoffe wird allerdings am dem 15. September wiedereingeführt.
Analytiker warnen aber vor diesem Wirtschaftswachstum. Sie behaupten, dass es eine riskante Maßnahme ist, Löhne anzuheben und dann abzuwarten, dass die Produktion steigt. Cristian Pârvan, Generalsekretär des Arbeitgeberverbandes, sagt, dass die Förderung des Konsums eine Steigerung der Importe veranlasst hat. Somit wurde die Handelsbilanz aus dem Gleichgewicht gebracht, denn die Rumänen verbrauchen, was andere herstellen. Er meint, dass man Fördermaßnahmen für innovative Produkte treffen müsse, die Exporte unterstützen sollen.
Seinerseits ist Wirtschaftsanalytiker Aurelian Dochia überzeugt, dass die rumänische Wirtschaft auf eine weniger stabile Lage zugeht: Das öffentliche Haushaltsdefizit steht 2017 unter einem besonders hohen Druck, der 2018 voraussichtlich erhalten bleiben wird. Die Zinsen für Kredite in Lei werden bereits in diesem Herbst langsam zu steigen beginnen. Das geschieht unter den Bedingungen, dass in Rumänien und in Europa der Zinsstand einen außerordentlichen Charakter hat. Die Zentralbanken ziehen bereits seit einiger Zeit einen Normalisierungsprozess in Erwägung. Die Analytiker warnen außerdem, dass neben den Defiziten ein Wirtschaftswachstum, das allein auf Verbrauch basiert, zur Inflation und somit zur Steigerung der Konsumpreise führen werde. Dieses werde die Kaufkraft der Bevölkerung reduzieren.
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